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Humus aufbauen mittels Düngung?

Es gibt keine Belege für einen generellen Humusabbau

Die Landwirtschaft wird wegen ihrer Einflüsse auf die Umwelt oft zu kritisch betrachtet. Die möglichen Auswirkungen werden kontrovers und teilweise unsachlich diskutiert. Im Bereich Düngung wird immer häufiger über die Bodenfruchtbarkeit gesprochen. Im Diskussionspapier der Bundesregierung „Ackerbaustrategie 2035“ steht der Humusaufbau im Schwerpunkt zur Förderung der Bodenfruchtbarkeit. Doch damit allein ist es nicht getan. Welche Faktoren und Maßnahmen die Bodenfruchtbarkeit noch beeinflussen, soll der folgende Artikel aufzeigen.

Aus einer Tonne Wurzelmasse entstehen nach fünf Jahren zirka 250 kg Humus, während aus einer Tonne Stroh im gleichen Zeitraum nur rund 100 kg Humus gebildet werden. Foto: Voit

Humus besteht aus abgestorbener organischer Substanz und ist somit ein Gemisch aus pflanzlichen und tierischen Überresten, das permanenten Ab- und Umbauprozessen unterliegt. Der Humus wird üblicherweise in Dauer- und Nährhumus unterteilt; dabei wird Dauerhumus nur sehr langsam, abhängig von den natürlichen Standortbedingungen, umgesetzt. Der umsetzbare Teil wird als Nährhumus bezeichnet. Er enthält leicht abbaubare organischen Substanzen und wird stärker von der Bewirtschaftung beeinflusst.

Obwohl dem Humusgehalt der Böden in der Ackerbaustrategie höchste Priorität eingeräumt wird, gibt es in Deutschland bislang keine experimentellen Belege aus Dauerfeldversuchen, die auf eine Verringerung der Humusgehalte in den Ackerböden als Folge der Klimaveränderung oder des Bewirtschaftungsregimes hinweisen. Umfangreiche Humusbilanzierungen zeigen im Gegenteil für Süddeutschland positive Humussalden, die den Erhalt der organischen Bodensubstanz belegen.

Die Humusgehalte differieren je nach Standort und Nutzung und unterliegen, in Abhängigkeit von der Bewirtschaftung, nur sehr geringen Veränderungen. Selbst extreme Wechsel der Bewirtschaftung verändern die Corg-Gehalte nur um jährlich zirka 0,01 Prozent. Die Aufklärung der Beziehungen zwischen Boden, Klima, Biomasseproduktion setzt demzufolge weitere Dauerfeldversuche voraus. Die Erhöhung des organischen Anteils im Boden ist also eine langwierige aber lohnende Aufgabe.

Bodenstruktur und Durchwurzelbarkeit

Eine gute Bodenstruktur gehört zu den wichtigsten Bodeneigenschaften und kennzeichnet eine gute Bodenfruchtbarkeit. „Die physikalische Beschaffenheit des Bodens muss auch den feinsten Wurzeln gestattet, an die Orte zu gelangen, wo sich die Nahrung befindet“, sagte schon Justus Liebig.

Bei der Strukturbildung kommt dem zweiwertigen Kation Kalzium (Ca2+) als Kittsubstanz für stabile Bodenkrümel besondere Bedeutung zu. Durch die Anlagerung von Ca2+ an die Tonteilchen bildet sich eine Kartenhausstruk­tur mit steigender Kalzium-Konzentration in der Bodenlösung und ausreichender Kalzium-Sättigung der Bodenaustauscher von 70 bis 80 Prozent. Diesem als Flockung bezeichneten Prozess folgt die Porenwinkel-Vermörtelung, in dem sich beim Abtrocken des Boden das Carbonat-haltige Wasser in die Porenwinkel der „Kartenhäuser“ zurückzieht und dadurch die Aggregate stabilisiert.

Fehlt freies, ungebundenes Carbonat (nachweisbar mit dem Salzsäuretest) im tonhaltigen Boden bleibt die beschriebene nachhaltige Strukturstabilisierung aus und die labile Kartenhausstruktur bricht wieder zusammen. Die Bodenkrume verschlämmt in der Folge wieder und verkrustet.

Zusammen mit Tonmineralen und Humusteilchen bilden Kalzium und Magnesium zusätzlich die Brücke zu sogenannten Ton-Humuskomplexen und verbinden die organischen und mineralischen Stoffe zu wertvollen Bodenkrümeln. Durch eine Kalkdüngung wird die Bodenstruktur positiv verändert und damit die Durchwurzelung des Bodens gefördert.

Wurzelmasse fördert den Humuserhalt

Einen großen Beitrag zum Erhalt der organischen Substanz im Boden und damit des Humus leistet die auf dem Feld verbleibende Biomasse. Maßnahmen wie Zwischenfruchtanbau oder das Zurücklassen der Erntereste auf dem Feld sind hinlänglich bekannt. Durch die Zusammensetzung von Humus kommt es dabei auf die absolute organische Masse an, die dem Boden wieder zugeführt wird. Demnach sind hohe Erträge mit viel organischer Masse nicht negativ für die Humusbilanz.

Eine bedeutende Rolle spielt dabei die im Boden verbleibende Wurzelmasse. Es besteht dabei ein enger Zusammenhang zwischen Spross und Wurzel. Der Gehalt an organischer Substanz ist bei den Wurzeln aber deutlich höher. So entstehen aus einer Tonne Wurzelmasse nach fünf Jahren zirka 250 kg Humus, während aus einer Tonne Stroh im gleichen Zeitraum nur rund 100 kg Humus gebildet werden.

Um die Wurzelmasse zu steigern ist eine ausgewogene Düngung zu empfehlen. Die Einstellung des pH-Wertes durch eine Kalkung bewirkt nicht nur eine verbesserte Pflanzenverfügbarkeit der Nährstoffe, sie hat auch einen indirekten Einfluss auf das Wachstum der Wurzeln.

Da die Bodeneigenschaften großen Einfluss auf die Durchwurzelung des Bodens haben, führt eine Veränderung der Bodeneigenschaften durch Versauerung zu einer Veränderung des Wurzelwachstums. Dies hat zur Folge, dass die Nährstoffaufnahme maßgeblich beeinflusst wird. So lässt sich zum Beispiel bei sauren Böden eine verringerte Tiefendurchwurzelung beobachten.

Biologische Aktivität des Bodens

Die wichtigste ökologische Funktion der Bodenorganismen ist die Zersetzung des abgestorbenen organischen Materials über die verschiedenen Humusformen bis hin zu anorganischen Molekülen, die von den Pflanzen zur Erzeugung von Biomasse wieder aufgenommen werden können. Der Anteil der Bodenlebewesen an den organischen Bestandteilen im Boden liegt bei lediglich 5 Prozent. Zur Bodenfauna mit einem Gewichtsanteil von zirka 5 000 kg/ha sind neben den Kleinstlebewesen (Einzeller und Wimpertierchen) auch im Boden lebende Insekten, Nematoden, Milben, Springschwänze und vor allem Regenwürmer zu zählen.

Mengen- und zahlenmäßig wesentlich bedeutender sind jedoch die Bakterien und Pilze mit zirka 20 000 kg/ha, so dass sich insgesamt die Bodenlebewesen in einem fruchtbaren Boden auf eine Gesamtmenge von etwa 50 Großvieheinheiten je Hektar aufsummieren.

Eine Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen zeigt einen deutlich positiven Zusammenhang zwischen dem pH-Wert des Bodens und der Bakterienmenge. Gegenüber einem Boden mit pH-Wert 5 steigt die mikrobielle Biomasse bei pH-Wert 7 um zirka 200 Prozent an. Dadurch versechsfacht sich die Nitrifikationsleistung und deutlich mehr Nährstoffe aus dem Boden stehen der Pflanze zur Verfügung. Die Einstellung beziehungsweise Erhaltung eines an den Standort angepassten pH-Wertes im Boden schafft somit optimale Bedingungen für eine bessere Nährstoffmineralisation, einen rascheren Abbau von Ernterückständen und verbesserten Humusaufbau.

Die physikalische Leistung der Bodenorganismen beruht auf der Wirkung zur Strukturbildung im Boden. Dass bedeutet das Zusammenführen von Primäraggregaten zu Krümeln, das heißt zu großen, mit Hohlräumen versehenen Sekundäraggregaten. Dieser durch die Bodenorganismen betriebene Vorgang (auch als „Lebendverbauung“ bezeichnet), bei dem Schleimausscheidungen der Organismen zur Verklebung der Bodenkolloide beitragen.

Ein wichtiger Vertreter der Bodenlebewesen ist die Familie der Regenwürmer (Lumbricidae), bei der die meisten Arten einen neutralen bis leicht alkalischen Boden-pH-Wert, der mittels Kalkdüngung eingestellt werden kann, bevorzugen. Der Regenwurm trägt in besonderer Weise zur Krümelbildung bei, indem er das aufgenommene organische und mineralische Material in seinem Darmtrakt zu Ton-Humus-Komplexen verbindet und ausscheidet, die wiederum zur Verbesserung der Bodenstruktur führen.

Durch seine grabende Tätigkeit beeinflusst er die physikalischen Eigenschaften des Bodens, indem er die obersten Bodenschichten mit Kanälen und Gängen durchzieht. Das dadurch entstandene Porensystem führt zur verbesserten Belüftung sowie Be- und Entwässerung der Bodenschichten. Auch das Tiefenwachstum von Wurzeln und die Vermischung des organischen Materials im Boden werden begünstigt. Allgemein wird durch Kalkgaben die mikrobielle Anzahl und Aktivität im Boden gesteigert, was sich auch positiv auf die Qualität des Humus auswirkt. So werden verstärkt leicht zersetzbare Stoffe im Boden abgebaut.

Bodenerosion wird gebremst

Bodenabtrag erfolgt insbesondere durch Wasser und Wind bei meist vegetationsloser Bodenoberfläche. Die Erodierbarkeit beschreibt die Anfälligkeit oder den Widerstand eines Bodens gegen Ablösung und Transport durch Wasser und Wind. Sie ist von verschiedenen Bodeneigenschaften abhängig: Bodenart, Aggregatstabilität, Scherwiderstand, Konsistenz, Infiltrationskapazität, Humus- und Carbonatgehalt.

Kalkarme Böden mit niedrigen Humusgehalten befinden sich in einem labilen Strukturzustand (kein freier Kalk) und sind deshalb bei hohen Regenmengen besonders stark durch Erosion und Verschlämmung gefährdet. Basenreiche, ausreichend humose Standorte mit freiem Kalk in der Krume vertragen extreme Belastungen durch äußere Einflüsse dagegen wesentlich besser und können sich auch aus eigener Kraft schneller regenerieren.

Neben der verminderten Erosionsneigung kann durch die erhöhte Wasseraufnahme des Bodens der im Winterhalbjahr auftretende Niederschlag besser genutzt werden. Somit können die negativen Auswirkungen von gegebenenfalls auftretender Frühjahrstrockenheit deutlich abgemildert werden

Fazit: Ergebnisse aus Dauerversuchen haben gezeigt, dass die organische Substanz des Bodens maßgebend an der Ausgestaltung biologischer, physikalischer und chemischer Eigenschaften der Bodenfruchtbarkeit beteiligt ist. Dabei sind Humus und Kalk „ein Herz und eine Seele“. Der Humusgehalt ist wie die Kalkversorgung für die Bodenstruktur und Wasserhaltekapazität und für die Nährstoffdynamik des Bodens von großer Bedeutung.

Der Humusumsatz und damit auch die Nährstoffdynamik eines Standortes sind von Einflussfaktoren des Klimas beziehungsweise der Witterung, des Bodens und der Bewirtschaftung abhängig. Eine standortgerechte ausgewogene Düngung zur Pflanzenernährung und eine Kalkung zur Optimierung des Ackerbodens kann als Maßnahme zum Erhalt des wertvollen Humusgehaltes nur von Vorteil sein.

Alexander Voit, DüKa Düngekalk­gesellschaft mbH, Landesarbeitskreis Düngung – LW 31/2025
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