Analogkäse und Schinkenimitate sind derzeit in aller Munde – bildlich in den Schlagzeilen sowie bei manchem Restaurantbesuch auf der Pizza, im Salat oder beim Ladenverkauf beispielsweise eines Käsebrötchens. Zu kritisieren daran ist: Auf vielen Speisekarten oder im Laden werden die billigen Ersatzprodukte nicht als solche gekennzeichnet. Diese Täuschung ärgert Verbraucher sowie Hersteller, die ihre Produkte gesetzlich korrekt herstellen und kennzeichnen. Folge ist die Verunsicherung der Verbraucher und Zweifel an der Qualität des Lebensmittelangebots. Schnell werden gute Produkte mit verunglimpft. Und leider wird nicht nur bei Schinken und Käse gemogelt. Es gibt weitere Produkte, mit denen Verbraucher getäuscht werden.
Bei der Herstellung von Analogkäse wird teures Milchfett gegen billiges Pflanzenfett ausgetauscht. Die Zutaten (Wasser, Bakterien-, Soja- oder Milcheiweiß, Stärke, Pflanzenöl, Aroma- und Farbstoffe, Salz und Geschmacksverstärker) werden gerührt, erhitzt und sind in rund 20 Minuten als billige Käseersatzmasse fertig (Siehe hierzu Analogkäse).
Schinkenimitat besteht aus Wasser, Bindemittel (zum Beispiel Stärke), Gelier- und Verdickungsmitteln, fleischfremdem Eiweiß (wie Soja- oder Milcheiweiß) und kleinen Fleischstückchen. Diese Masse ist geleeartig, schnittfest und weist kleinste bis deutlich sichtbare Fleischstücke auf. Von den Bauernverbänden sowie Verbraucherschützern wird beklagt, dass in Gaststätten immer häufiger Imitatschinken statt höherwertigem Kochschinken verwendet wird. Bei Stichproben habe es in jedem dritten Fall Auffälligkeiten gegeben, so beispielsweise das hessische Verbraucherministerium. Und aus dem Labor des Landesuntersuchungsamtes Rheinland-Pfalz (LUA) kommt die Information, dass von 80 Proben sogenannter Kochpökelware, die zwischen 2006 und 2009 in Gaststätten genommen wurden, jede zweite wegen irrreführender Bezeichnung beanstandet wurde.
Beide Produkte, Analogkäse sowie Schinkenimitat, sind weder illegal noch gesundheitsschädlich. Werden sie jedoch nicht als Imitat auf der Verpackung, im Ladenregal beziehungsweise auf der Speisekarte als solche gekennzeichnet, wird eine Ordnungswidrigkeit bis hin zu einer Straftat bei nachgewiesenem Vorsatz begangen.
Die vorhandenen rechtlichen Vorgaben für die Kennzeichnung/Kenntlichmachung von Lebensmitteln und das bestehende Irreführungsverbot schützen die Verbraucher vor Täuschung. So heißt es im Paragraph 11 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs, den Vorschriften zum Schutz vor Täuschung: „Es ist verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben (...).“ Doch anscheinend halten sich, vermutlich aus Kostengründen, immer mehr Hersteller nicht daran.
So gibt es auch beim Speiseeis begründete Kritik. Auffällig wurde in Tests insbesondere Milchspeiseeis, dass einen Milchanteil von 70 Prozent oder einen Milchfettanteil von 2,5 Prozent aufweisen muss. Viele Eishersteller setzen aus Kostengründen jedoch vermehrt pflanzliche Fette für ihre Produkte ein. Aufgrund dieser Umstellung von tierischen auf pflanzliche Fette, kann die Milchindustrie 30 000 t Milchfett pro Jahr weniger absetzen, informiert der Milchindustrieverband. Aus Untersuchungen der LUA geht hervor, dass unter 164 Milchspeiseeisproben 15 Proben bemängelt wurden, da der Milchanteil unter der 70-Prozent-Grenze lag, und 38 Proben, da sie Fremdfett enthielten.
Wenig echte Vanille in Vanilleeis
Beim Eis steht auch Vanilleeis in der Kritik, denn Vanille ist oftmals rar im Vanilleeis vertreten. Stiftung Warentest untersuchte 22 Vanilleeis-Produkte in Haushaltspackungen. Davon enthielten acht verfälschte und zehn nur geringe Mengen Vanille. Zwei Produkte waren mit synthetischem Vanillin aromatisiert. Zwei Anbieter im Test erreichten den Geschmack nach Vanille durch billiges synthetisches Aroma und verschweigen das nicht: Rewe und Botterbloom. Sie bezeichnen ihr Produkt korrekt als Eis „mit Vanillegeschmack“. Es „Vanilleeis“ zu nennen, wäre irreführend. Denn das darf eben nur Aroma aus der Vanilleschote enthalten. Im Geschmack falle der Unterschied zu Vanille auf, er erinnere an Vanillinzucker, informieren die Warentester. Bei anderen Vanilleeis-Anbietern wie Aldi (Nord), Edeka, Landliebe, Lidl, Plus und Tip konnten sie nachweisen, dass mit zugesetztem synthetischem Vanillin nachgeholfen wird. Andere setzen billigere Tahiti-Vanille ein oder täuschen „Vanille-Extrakt“ vor, mischen aber biosynthetisches Vanillin unter. Zehn Eismarken, darunter Mövenpick und Langnese, aromatisieren zwar ausschließlich mit Vanille, geben aber nur geringe Mengen in ihre Eismischungen. Nicht gegeizt wurde mit der teuren Vanille lediglich beim Testsieger Häagen Dazs – gleichzeitig das teuerste Produkt im Test. Qualität hat eben ihren Preis!
Surimi: zusammengepresstes und zerkleinertes Fischeiweiß
Ein anderes Imitat-Beispiel wird Liebhabern von Meeresfrüchten schon seit Jahren angeboten: „Surimi“. Dieses Produkt besteht aus zerkleinertem Fisch oder Fischresten, Fischeiweiß, Öl, Zucker, Salz, Geschmacksverstärkern und Sorbit. Surimi wird mit Krebsaroma angereichert und außen mit Paprikaextrakt oder Farbstoff rotorange oder pink eingefärbt. Die fingerdicke, gerade Surimi-Form wird häufig für Sushi verwendet. Jeweils anders geformt wird Surimi auch als Imitat für Garnelen, Krabben oder Tintenfischringe eingesetzt. Surimi hat in Japan schon eine lange Tradition. Das Imitat wird hierzulande von vielen Verbrauchern akzeptiert. Aber auch hierbei gilt: Surimi muss als solches gekennzeichnet sein.
Imitat-Fallen aufgedeckt
Lebensmitteltester der Verbraucherzentrale (VZ) Hamburg decken derzeit fortwährend Imitat-Fallen auf. Darunter fallen Produkte, bei denen die Hersteller die Produktzusammenstellung in den Zutatenlisten zwar korrekt gekennzeichnet haben (oft jedoch nur sehr kleingedruckt), den Verbraucher aber durch Namen, Bilder und Begriffe auf der Verpackung täuschen. Ein Beispiel dazu: Abgebildete Früchte suggerieren echten Fruchtgehalt, das Produkt enthält aber nur Aromen und Geschmacksverstärker. Erste Anbieter reagieren bereits auf diese Veröffentlichungen im Internet und geben an, Rezeptur und/oder Verpackung zu verändern. Manche Produkte werden sogar vom Handel aus dem Sortiment genommen. Hier zufällig ausgewählte Beispiele der Imitat-Fallen sowie veröffentlichte Anbieterreaktionen:
Verbrauchertäuschung gehört an den Internet-Pranger
Die Beispiele belegen, dass der Internet-Pranger vereinzelt seine Wirkung zeigt. Einen Anlass zur Entwarnung gibt dies jedoch noch nicht. „Der Etikettenschwindel muss unterbunden und bestraft werden“, sind sich Bauern-, und Landfrauenverbände sowie der Verbraucherzentrale Bundesverband einig. Um die Verbraucher vor billigen Ersatzprodukten zu schützen, muss die lebensmittelrechtliche Beurteilung der Imitate und deren Kennzeichnung auf der Originalpackung, im Ladenregal und auf Speisekarten weiterhin ein Untersuchungsschwerpunkt sein. Es geht schließlich um Werthaltigkeit und Echtheit von Lebensmitteln! Laut dem Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde stehen den Überwachungsbehörden zur Verfolgung der Rechtsverstöße genügend Instrumente sowie ein ausreichender Sanktionskatalog zur Verfügung. Sowohl in Hessen als auch in Rheinland-Pfalz wurden verstärkte Kontrollen angekündigt. Der hessische Agrarstaatssekretär Mark Weinmeister machte beispielsweise deutlich: Wer von hessischen Lebensmittelkontrolleuren zum zweiten Mal dabei erwischt werde, dass er ein Imitat ohne korrekte Kennzeichnung verwendet, dem drohe die Veröffentlichung seines Namens im Internet.
Weitere Appelle des Berufsstandes der Bauern an die Landwirtschaftsminister der Bundesländer nach einer lückenlosen Kontrolle des Kennzeichnungsrechts zeigen ebenfalls ihre Wirkung. Mitte Juli appellierte schließlich auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner an die Länder „noch stärker auf Verstöße gegen das bestehende Recht zum Schutz der Verbraucher vor Täuschung zu kontrollieren und auch die Namen der Hersteller und Gastronomen zu nennen.“ Seit Anfang des Monats gebe es hierzu im Bundesrecht eine verbesserte Rechtsgrundlage. Die Behörden vor Ort seien nun gefordert, die Verbraucher zu informieren.
Jeder kritische Verbraucher kann jedoch schon jetzt etwas tun:
Imitat-Fallen ohne Anbieterreaktionen
Bis zum LW-Redaktionsschluss gab es zu folgenden zufällig ausgewählten Beispielen der Imitat-Fallen keine Anbieterreaktionen: