Im Zuge des Klimawandels und der zunehmenden Regenarmut im Sommer stößt der Anbau der trockenheitstoleranten Kichererbse auf wachsendes Interesse. Im Rahmen der bundesdeutschen Förderinitiative LeguNet informierte Gundula Jahn von der LTZ Karlsruhe in einer Online-Veranstaltung über bis- herige Anbauerfahrungen.
Die Kichererbse wird als trockenheitstolerante Leguminosenart seit Jahrhunderten an warmen Standorten in Südeuropa, Nordafrika, der Türkei und hauptsächlich in Indien angebaut. Bei uns wird die ballaststoffreiche Frucht als eine willkommene Ergänzung des Speiseplans angesehen. Vegetarier schätzen den hohen Eisengehalt. Kichererbsen enthalten mehr Eiweiß als Bohnen oder Erbsen. Dazu sind sie mit ihrem Kohlenhydratanteil auch energiereicher und enthalten viele Vitamine und weitere Mineralstoffe.
Trotz dieser Vorzüge und trotz der zurückliegenden, markanten Trockenjahre hat die Kulturart in Deutschland bisher erst knapp 600 ha Anbaufläche erreicht. Die Gründe dafür liegen nicht allein an der erforderlichen Feldhygiene. Wie auch bei anderen Legumi-
nosen erfordert die Fruchtfolge eine Anbaupause von fünf Jahren. Die ernährungsphysiologisch wertvolle Frucht gilt auf inländischen Flächen noch als Neuankömmling und erfordert beim Absatz entsprechende Eigeninitiativen.
Das Klima in Bolanden kann auch feucht sein
In der Veranstaltung wurde deutlich, dass auch der Anbau selbst seine Tücken hat, zumal das mitteleuropäische Klima auch weiterhin seine Feuchtphasen hat. Der Pfälzer Bio-Landwirt Markus Seeber aus Bolanden berichtete von seinen Erfahrungen und davon, dass die Kulturart besonders nach der Blüte wärmebedürftig ist. Temperaturen unter 15 Grad erhöhen die Gefahr von Pilzinfektionen. Zusammen mit Regenphasen kommt es leicht zu Ascochyta (Brennfleckenkrankheit), der wirtschaftlich bedeutendsten Krankheit.
Bleiben die Pflanzen gesund, bilden sie eine lange Pfahlwurzel aus. Sie können daher Wasser aus tieferen Schichten besser erreichen als andere Körnerleguminosen. Künstliche Bewässerung hingegen bewirkt keine Ertragssteigerung.
Bessere Beerntbarkeit als Sojabohnen
Anders als Sojabohnen sind Kichererbsen mit dem Mähdrescher leicht zu ernten. Ihr Hülsenansatz ist höher und erfordert kein Flexschneidwerk. Die Hülsen selbst haben keine Neigung zum Platzen. Sie enthalten meist ein bis zwei Körner. Die Ertragserwartung liegt bei 15 bis 20 dt/ha.
Die Kichererbse kann fortlaufend Blüten bilden, insbesondere wenn es vor dem Erntetermin im August regnet. Aber selbst in Normaljahren können sich Blüten und Hülsen gleichzeitig an der Pflanze befinden. Der optimale Druschzeitpunkt ist daher nicht einfach zu bestimmen. In der Regel ist das ab Mitte August.
Das Erntegut ist mit einem gewissen Anteil an unreifen, grünen Körnern durchsetzt, die zeitnah aussortiert werden müssen. Meist kommt dabei auch ein Farbsortierer zum Einsatz. „Unsortierte Chargen können schon nach drei Tagen schimmelig sein“, warnte Seeber.
Grüne Körner müssen aussortiert werden
Andererseits könnten gerade Bioerzeuger mit gut sortierter Ware und einer aktiven Direktvermarktung im Absatz erfolgreich sein. Dabei weist der Praktiker darauf hin, dass viele Konsumenten die hellen und großkörnigen Kabuli- Sortentypen bevorzugen, mit einer Tausendkornmasse von 400 bis 450 g (Sultano, Orion, Flamenco, Cicerone).
Im Aussehen anders sind die dunklen, kleineren und meist kantigen Desi-Typen (Irenka, Olga, Nero) mit einer Tausendkornmasse von rund 250 g. „ Sie schmecken besser und sind im Anbau verlässlicher“, so die Erfahrung von Seeber, weshalb er diese Kategorie bevorzugt.
Direktvermarktung in Heilbronn
Landwirt Stefan Kerner, Leiter eines Ackerbau-Betriebes bei Heilbronn, hat sich wegen der Marktaussichten ganz auf die Kabuli-Sorten verlegt. Er vermarktet 70 bis 80 Prozent seines Aufkommens selbst. Mit Hilfe der Reinigungs- und Sortieranlage seiner angegliederten Ölmühle (mit Steinausleser) vermarktet er auch abgepackte 500-g-Tüten. Für die schnelle Küche bietet er einen Falafel-Mix mit Guarkernmehl an.
Der konventionell wirtschaftende Erzeuger bringt vor der Saat gegen Beikräuter das Präparat Bandur (Wirkstoff Aclonifen) aus. Hierfür muss er eine Einzelgenehmigung nach § 22 Pflanzenschutzgesetzes beantragen.
Bakterienimpfung zur Aussaat
Die Einsaat selbst erfolgt bei beiden Landwirten mit dem Einzelkornsägerät im Mai. Der lockere, durchlässige Boden hat dann Temperaturen ab acht Grad. Gleichzeitig erhält er eine Bakterienimpfung. Kerner benutzt dabei das Bakterienkonzentrat Legumin fix. Im Aufwuchs wird die Knöllchenbildung sorgfältig kontrolliert. Bei einem Reihenabstand von 30 cm wählen beide Landwirte eine Saatstärke von 50 Pflanzen je qm.
Kerner sieht gegen die Spätverunkrautung noch einen Hackvorgang vor. Er will damit vor allem den Durchwuchs des Schwarzen Nachtschattens verhindern, was sonst sein Erntegut verfärben würde. „Eine Pflanze dieser Beikrautart auf 30 qm ist die Obergrenze“, so seine Erfahrung.
Alle vier Jahre mit Totalschaden rechnen
Biobauer Seeber striegelt im Vorauflauf (Blindstriegeln) und ab dem Dreiblattstadium, später erfolgen die Hackeinsätze. Entsprechend ihrer Erfahrung mit dieser Frucht sind sich beide Erzeuger darin einig, dass etwa alle vier Jahre ein Totalschaden mit der wärmeliebenden Leguminose hingenommen werden muss.
„2022 war ein gutes Jahr, 2021 sehr schlecht und auch 2023 und 2024 waren eher schwieriger“, erinnert sich Andreas Rohr. Der Geschäftsführer der Raiffeisen eG Schrozberg berichtete vom Aufbau regionaler Vermarktungskonzepte, gemeinsam mit Verarbeitern und dem LEH. Seine Genossenschaftsmitglieder haben rund 100 ha Kichererbsen im Anbau.
Absatzketten erfordern effiziente Produktion
Nach Ansicht des Geschäftsführers funktionieren die regionalen Absatzketten überall dort, „wo es eine effiziente Produktion gibt.“ Indirekt beschreibt das die gegenwärtige Situation: Solange die heimische Kichererbsenproduktion mit hohen Ernterisiken kämpfen muss, werden auch nicht viele Landwirte in die Erzeugung einsteigen. Solange aber der Anbau auf eine geringe Fläche beschränkt bleibt, werden Verarbeiter und Vermarkter mit heimischen Herkünften noch erhebliche Ausfallrisiken haben.
Rohr will diesen Teufelskreis durchbrechen: Gemeinsam mit Edeka-Händlern will er eine Lagerhaltung aufbauen, die mit ihrer Kapazität dazu beiträgt, dass Krisenjahre überbrückt werden können.
Verarbeitung zu vielen Produkten
Im Verarbeitungsbereich ermöglicht die Kichererbse eine Vielfalt an unterschiedlichen Erzeugnissen. Direktvermarkter bieten neben Körnern in Tüten auch eingeweichte und damit direkt essbare Körner im Glas an. Andere bieten Falafel-Bällchen aus eingeweichten und durch den Fleischwolf gedrehten Kichererbsen an. Verarbeitende Betriebe bereiten Hummus-Creme, beispielsweise als Dip oder Brotaufstrich. Einzelne Bäcker bieten Brot mit Kichererbsen-Anteilen im Mehl.
Die Raiffeisen Schrozberg hat mit Edeka und weiteren Verarbeitern mehrere Produktlinien mit Kichererbsen aufgebaut. Geschäftsführer Rohr will bei den Erzeugern die Zahl der Lieferverträge deutlich steigern. Von 2022 bis Ende 2024 wurde mit dem Landesprojekt CICERO
ein anbaubezogenes Forschungsprogramm unter der Federführung der Universität Hohenheim im Volumen von 435 000 Euro durchgeführt. „Damit wurde viel in Bewegung gebracht“, erläuterte Andreas Rohr.
Die Erzeugerpreise pro Kilo konventioneller Ware liegen für Kichererbsen nach seinen Angaben – je nach Qualität – zwischen 0,80 und 1,20 Euro. Allgemein gültige Bio-Preise hingegen sind schwer ermittelbar; üblich ist ein Aufschlag von 40 Prozent und mehr.
Heinrich von Kobylinski – LW 31/2025