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Lager verboten

Wachstumsreglereinsatz im Wintergetreide

Der Einsatz von Wachstumsreglern ist nicht nur vom Kulturzustand, sondern auch von der Wasserversorgung und der Witterung abhängig. Die Kunst besteht darin, Wirksamkeit und Verträglichkeit in Einklang zu bringen, um mit der Maßnahme einen Nutzen zu erzielen. Welche Parameter hierbei zu berücksichtigen sind, erklärt Jürgen Mohr vom DLR Westerwald- Osteifel.

Wachstumsregler sollen die Standfestigkeit verbessern. Foto: agrarfoto

Mit dem Einsatz von Wachstumsreglern soll die Standfestigkeit des Getreides verbessert werden. Der Zeitpunkt des Lagers lässt sich verzögern und die Lagerintensität reduzieren, so dass die Ernte erleichtert wird und Qualitäten gesichert werden. Wachstumsregler sind jedoch kein Allheilmittel. Bei groben Anbaufehlern sowie Naturereignissen können diese lediglich abglätten.

Die anhaltende Trockenheit im letzten Frühjahr hat dazu geführt, dass viele Landwirte auf einen Wachstumsregler verzichtet haben beziehungsweise die Aufwandmenge senkten. Mit Einsetzen der Niederschläge hatte sich das Getreide vielerorts wieder gut erholt. Die Starkregenereignisse im Sommer führten dazu, dass viele Bestände ins Lager gingen. Verstärkt wurde die Situation mit den anhaltenden Niederschlägen, was wiederum die Erntebedingungen erschwerte.

Was passiert in der Pflanze

Wachstumsregler greifen in das Hormonsystem der Pflanzen ein. Beim Einsatz werden die Internodien (Abschnitte zwischen den Knoten) gestaucht, die sich zum Zeitpunkt der Anwendung in der Streckung befinden. Neben der Wuchshemmung können noch weitere Effekte auftreten. Hierzu zählen ertragsphysiologische Effekte. Mit diesen kann auch ohne Lager ein Mehrertrag erzielt werden. Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist die Reduzierung von Halm- und Ährenknicken bei Gerste.

In der Praxis können sich die Vorteile aber schnell auch ins Gegenteil wenden. Versuche zeigen auch Ertragsdepressionen bei zu hoher Dosierung der Mittel und ungünstigen Witterungsbedingungen wie beispielsweise Stress durch Trockenheit. Der Einsatz von Wachstumsreglern sollte daher als Sicherheitsmaßnahme betrachtet werden, über die im Vorfeld entschieden werden sollte. Die Wachstumsregler sind daher, insbesondere in Regionen mit hoher Ertragserwartung und normaler Frühjahrswitterung ratsam und mit in die Planungen einzubeziehen.

Was ist zu beachten?

Die Anzahl und Höhe der Wachstumsreglergaben ist unter anderem abhängig von der Lagerempfindlichkeit, der Sorte, der Bestandesdichte, N-Düngung, N-Nachlieferung, Bodenart und Wasserversorgung. Wobei die Wasserversorgung nicht nur von den Niederschlägen im Frühjahr abhängig ist, sondern vielmehr von der Wassernachlieferung aus dem Boden. Bleibt die Bodenwassernachlieferung aus, darf dieser Trockenstress nicht zusätzlich durch die Anwendung von Wachstumsreglern verstärkt werden. Erfolgt dennoch eine Anwendung, so ist die Aufwandmenge zu reduzieren, da ansonsten Schäden am Getreide nicht auszuschließen sind. Als weitere Kriterien zählen die Witterung zum Anwendungstermin sowie das Zugeben von Fungiziden in der Tankmischung. Die Notwendigkeit einer Wachstumsreglermaßnahme ergibt sich nach folgender Reihenfolge: Winterroggen > Wintergerste > Triticale > Winterweizen.

Die besten Anwendungsbedingungen sind demnach bei wüchsigem Wetter und guter Wasserversorgung gegeben. Daher kann bei wüchsigen Bedingungen die Chlormequatchlorid- Menge (CCC-Mittel) gesenkt werden. Etwas weniger ausgeprägt gilt dies auch für Prohexadion- Calcium Mepiquatchlorid (Medax Top), und weiter abgeschwächt auch für Trinexapac-ethyl (Moddus, Calma und Countdown). Minimalanforderungen sind immer frostfreie Nächte und folgende minimalen Tagestemperaturen: Prohexadion-Calcium, Mepiquatchlorid (beispielsweise Medax Top) größer 5 °C, Chlormequatchlorid (CCC-Mittel) größer 8 °C, Trinexapac-ethyl (beispielsweise Moddus) größer 12 °C, Ethephon (Camposan Extra, Cerone 660) größer 15 °C.

Sind diese Bedingungen nicht gegeben, ist es ratsam, den Anwendungstermin zu verschieben. Bei höheren Temperaturen ist die Aufwandmengenregulierung bei Medax Top, Moddus, Calma, Countdown und vor allem aber bei Camposan Extra beziehungsweise Cerone 660 wichtig. CCC-Mittel haben hingegen die geringsten Temperaturansprüche. Eine Anwendung bei Temperaturen über 25 °C sollte vermieden werden. Hier ist nach Möglichkeit die Applikation in die Abendstunden zu verschieben (Aufwandmengen ggf. reduzieren).

Die Wirkstoffe haben unterschiedliche Ansprüche

Derzeit stehen fünf zugelassene Wirkstoffe zur Verfügung. Vier dieser Wirkstoffe (Chlormequatchlorid, Mepiquatchlorid, Prohexadion-Calcium, Trinexapac-ethyl) greifen in die Biosynthese der Gibberelline (Hormone) ein. Gibberelline sind verantwortlich für das Längenwachstum der Pflanzen. Der fünfte Wirkstoff (Ethephon) setzt das Abreifungshormon Ethylen frei. Dadurch wird das Längenwachstum reduziert und insbesondere die oberen Internodien werden eingekürzt.

Zur Saison 2015 bringt Syngenta das Produkt Moddus Start auf den Markt. Der Wirkstoff ist identisch mit Moddus, jedoch mit anderer Formulierung. Aufgrund der frühen Zulassung (bei Weizen ab EC 25) sollte es wie CCC eher etwas früher positioniert werden.

Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Empfehlung der Wachstumsregler in den verschiedenen Getreidearten und deren Einsatzzeitpunkte (Entwicklungsstadien EC). Die kurzen Zeilen hinter den Getreidearten beschreiben jeweils weitere Möglichkeiten. Die Aufwandmengen sind Richtwerte und abhängig von der jeweiligen Sorte. Bei lageranfälligen Sorten sollte daher die Aufwandmenge erhöht oder eine zweite Applikationen durchgeführt werden. Medax Top wird immer mit dem Zusatz „Turbo“ im Verhältnis 1:1 eingesetzt.

Den ganzen Beitrag können Sie sich hier im PDF-Format herunterladen. – LW 12/2015
Standhaft bis zur Ernte Neues und Bewährtes beim Wachstumsreglereinsatz in Getreide
Bei wüchsigem Wetter und guter Wasserversorgung Wachstumsregler in Getreide optimal einsetzen
Bei Kälte oder Trockenheit die Anwendung verschieben Wachstumsregler-Einsatz in Wintergetreide