Mitte August hat sich die Bundesfachgruppe Obstbau im Deutschen Bauernverband als Ziel ihrer Sommertour und ihrer Vorstandssitzung den Steinobstgürtel um Mainz ausgesucht. Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd lud die Gruppe auf zahlreiche Betriebe ein.
Dabei wurde deutlich, dass die Betriebe nicht nur mit dem Klimawandel und in Folge mit invasiven Arten zu kämpfen haben, sondern vor allem mit den stetig wegfallenden Pflanzenschutzmitteln.
Unzufriedenheit auf den Obstbaubetrieben
„Wir haben uns heute sehr innovative Betriebe angesehen. Ich stoße immer wieder an Grenzen in meinem Betrieb. Meine Großeltern waren heilfroh, gesunde Früchte zu erzeugen, meine Eltern mussten diese schon zertifizieren lassen, da nicht jeder glaubt, dass sie gesund sind. Und was ich hier mache: Vieles wollte ich so nicht. Wir werden mit den Auswirkungen des Klimawandels alleine gelassen. Es fehlen Insektizide, nichts als Notfallzulassung, eine nach der anderen. Wir haben dauernd Notfall. Das ist doch keine verlässliche Basis, um einen Betrieb zu führen“, bemerkte Theresa Pfeiffer gegenüber der Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt, die auf dem Betrieb Björn Hochhaus im Rahmen ihrer Sommertour zur Fachgruppe Obstbau stieß. Pfeiffer gestand ein, dass viele Betriebsleiter an der Grenze ihrer Kräfte angekommen sind.
LEH hat große Macht – gegen Markterwartungen
Jörg Hilbers, der Geschäftsführer der Fachgruppe Obstbau, sagte: „Wir haben 78 Wirkstoffe in Deutschland in den vergangenen Jahren verloren und es sind keine Neuen hinzugekommen.“
Schmitt betonte, dass man doch eine gute Lösung gefunden habe vor Jahren, was den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in den Naturschutzgebieten rund um Mainz betrifft. „Wir sind auf einem guten Weg“, gab sie zu bedenken. Dies sieht Pfeiffer anders: „Dauernd sind wir auf einem guten Weg. Wann sind wir endlich am Ziel? Wann können sich unsere Betriebe endlich den Themen widmen, weshalb wir den Beruf ergriffen haben? Es ist kein Wunder, dass kaum noch Nachfolger gefunden werden“, sagte Pfeiffer.
Jens Stechmann, der Vorsitzende der Fachgruppe Obstbau, bemerkte, dass in diesem Jahr auf dem Steinobstmarkt einiges schief lief: „Wir haben alle erwartet, dass es eine gute Ernte mit guten Preisen gibt, da die Südosteuropäer und die Türken kaum Ware hatten. Doch es zeigte sich, dass manche Marktteilnehmer andere über den Tisch zogen. Der Lebensmitteleinzelhandel ist zu mächtig. Dazu der steigende Mindestlohn, der stets über den Betrieben schwebt, da reicht eine schlechte Ernte, um mit dem Rücken an der Wand zu stehen.“ Beim Thema Pflanzenschutz arbeite die Fachgruppe für eine Vereinfachung der Zulassungen in Deutschland. Denn mittlerweile stellen die Pflanzenschutzhersteller ihre Produkte überwiegend im Ausland an. Dass es auch gut gehen kann, das zeige das Beispiel Captan. „Mit erfolgreicher, sachlicher und wissenschaftlicher Diskussion konnte das Fungizid gegen Echten Mehltau und Schorf erhalten bleiben“, sagte Stechmann.
Steigt der Mindestlohn, muss Geld auf die Betriebe
Zusammenfassend bemerkte er, dass Geld auf die Betriebe gebracht werden muss, um die Folgen des Mindestlohns abzumildern. „Denn Obstbau ist geil, wir produzieren gesunde, saubere Lebensmittel und erhalten dabei noch unsere schönen Kulturlandschaften, die dank der vielfältigen Bäume so schön aussehen.“
Schmitt gab zu, dass sie eine andere Lösung zum Thema Mindestlohn erwartet habe und dass sie darum wisse, dass man in Zeiten des Klimawandels eher einen größeren Instrumentenkasten an Pflanzenschutzmitteln benötige als bislang.
Rechtssicherheit für die Obstbaubetriebe
Hilbers gab der Ministerin mit zur Agrarministerkonferenz in den nächsten Wochen: „Sorgen Sie für Rechtssicherheit beim Thema sozialversicherungsfreie Beschäftigung. Wie kann ein deutscher Arbeitgeber zu 100 Prozent nachweisen, dass sein Angestellter im Ausland nicht berufsmäßig Erntehelfer ist? Wir brauchen daher eine Drittstaatenregelung für die Betriebe und die 90-Tage-Regelung.“ Letztere wurde von Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer kürzlich eingeführt. Für die Rechtssicherheit der sozialversicherungsfreien Beschäftigung seien die Botschaften in den Ländern das Nadelöhr, bemerkte Schmitt und versprach, das Thema gemeinsam mit den Rentenversicherungsbeiträgen mitzunehmen.
Eberhard Hartelt, der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, zeigte sich stolz, in einem Bundesland zu wohnen, das eine so breite Palette der Kulturen biete. Die kleinen Strukturen begünstigen die Vielfalt und die Schönheit der Kulturlandschaft.
Man habe schon viele Pläne der Politik durch gemeinsames Aufstehen verhindern können, er erinnerte an SUR, das Insektenschutzprogramm von Klöckner, Agrardiesel und mehr. Das werde wieder notwendig sein und es werde notwendig sein, sich über den eigenen Berufsstand hinaus bei gewissen Themen zu verbünden, zum Erhalt der Kulturlandschaft, zum Beispiel mit den Naturschutzverbänden. „Ich wünsche mir, dass Naturschutz und Landwirtschaft mehr zusammenarbeiten“, sagte Hartelt. Man erprobe in Rheinland-Pfalz den kooperativen Naturschutz, das brauche Unterstützung, auch von der Landesregierung. Die Alternative laute Ordnungsrecht, das wolle keiner.
zep – LW 37/2025