Heiko Schmidt aus Runkel-Schadeck bei Limburg hat es beim diesjährigen CeresAward ins Finale der letzten drei Bewerber in der Rubrik Ackerbauer geschafft. Sieger wurde Jochen Buß aus der Westpfalz (s. LW 46, S. 24). Schmidt überzeugte die Jury mit Hightech und einem breit aufgestellten Betrieb: Acker-bau, Bullen- und Schweinemast, Milchviehhaltung, Lohnunternehmen, Direktvermarktung und Photovoltaik tragen zum Betriebseinkommen bei. Das LW stattete dem Betrieb einen Besuch ab.
„Ich vergleiche unseren Betrieb gerne mit einer Spinne; wenn man ein Bein ausreißt, laufen wir einfach weiter“, sagt Heiko Schmidt zur Unternehmens-Philosophie. Deutlich wird dies auch dadurch, dass Familie Schmidt nicht nur über die oben genannten Betriebszweige verfügt, sondern den Hof vor fünf Jahren in zwei Betriebe aufgeteilt hat: Die konventionell wirtschaftende Lahntal Agrar GbR, die Heiko Schmidt zusammen mit seinem Vater Roland leitet, und den Biobetrieb, mit dem Heiko Schmidt als Betriebsleiter Biomilch und das dazugehörende Grundfutter nach EG-Öko-Verordnung erzeugt.
Ein Grund für den Einstieg in die Bio-Milch sei die geplante Betriebserweiterung gewesen. „Für die Aufstockung unseres Viehbestandes hätten wir noch weitere Flächen gebraucht. Wegen der hohen Pachten haben wir uns dann dazu entschieden, nicht zu vergrößern, sondern durch die Vermarktung von Bio-Milch pro Hektar mehr zu erlösen“, sagt der 37-jährige Betriebsleiter. Auch die Lage von großen Teilen des Grünlandes in FFH-Gebieten und ans Ackerland angrenzende Naturschutzgebiete hätten den Ausschlag zu dieser Entscheidung gegeben.
2016 Aufspaltung in Bio- und konventionellen Betrieb
Die Aufteilung in Bio und konventionell erfolgt räumlich getrennt; im Außenbereich trennt ein Wirtschaftsweg die Betriebe: Auf der einen Seite stehen konventionelle Lagerhallen und die Aufbereitung. „Hier können wir 2000 Tonnen Getreide einlagern, was wir auch für andere Betriebe tun, und 80 Tonnen pro Stunde annehmen und reinigen“, führt Heiko Schmidt aus. Oberhalb des Weges steht der Bio-Milchviehstall.
Im Biobetrieb werden 61 Milchkühe (v.a. Fleckvieh, aber auch Rot- und Schwarzbunte sowie Kreuzungen) und 75 Stück weibliche Nachzucht gehalten. Die durchschnittliche Milchleistung der Bio-Herde beträgt 10 625 kg/Jahr.
Am Standort im Ortskern von Schadeck wird die Trennung der Produktionssysteme über die Nutzung des väterlichen Betriebes für den konventionellen und des mütterlichen für den Bio-Betrieb umgesetzt. Beide liegen praktischerweise direkt nebeneinander.
Schmidt betont: „Wir haben ganz bewusst den Schweinestall und die Mastbullen im Ort belassen, um die Landwirtschaft sichtbar zu machen und mit den Leuten in Kontakt zu treten. Die Schulkinder, die hier vorbeikommen, wissen, woher die Landluft im Ort kommt.“ Konventionell sind 50 Mastbullen und 130 Mastschweine aufgestallt.
Eine weitere Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit ist die Teilnahme an der Initiative „Bauernhof als Klassenzimmer“. Dafür hätte auch das Preisgeld im Falle eines Sieges beim CeresAward verwendet werden sollen. „Wir hätten damit einen Raum für den Schulunterricht an unserer Betriebsstelle im Ort eingerichtet.“
Bei der Tierhaltung setzt man wie auch im Ackerbau auf einen hohen Technisierungsgrad: „Wir waren einer der ersten Betriebe in Hessen, der einen Melkroboter eingesetzt hat; mittlerweile steht die dritte Robotergeneration im Stall.“
Ackerbau mit vielfältiger Fruchtfolge
Insgesamt werden 340 ha bewirtschaftet, 120 ha davon in Bewirtschaftungsverträgen. Für den eigenen Betrieb werden 173 ha Ackerfläche und 46 ha Grünland bearbeitet; davon sind 41 ha Grünland und 26 ha Ackerland dem Bio-Anbau vorbehalten. Angebaut werden Winter-Weizen, Wi-Dinkel, -Gerste, Silo- und Körnermais, Zuckerrüben, Kartoffeln, Erbsen, Raps und Sojabohnen. Außerdem werden 7 ha Blühflächen und Hamsterstreifen angelegt.
„Wir verfügen über eine sehr heterogene Flächenausstattung von 25 bis 80 Bodenpunkten und passen unsere Fruchtfolge flexibel an die Böden und Jahreswitterungsverhältnisse an. Wobei natürlich beispielsweise der Weizen oder die Rüben auf den besseren und der Dinkel auf den weniger guten Standorten angebaut werden“, so der Betriebsleiter.
Ebenfalls flexibel wird der Pflugeinsatz gefahren, der etwa nach Mais und im Schnitt alle drei Jahre auf einem Schlag erfolgt. Ansonsten wird tief gegrubbert oder Mulchsaat betrieben. „Aus dem Bio-Bereich haben wir den Einsatz der GPS- und Kamera-gesteuerten Hacke in den konventionellen Betrieb übernommen und bauen Rüben, Mais, Soja und Raps in 50-cm-Reihen an. Dadurch sparen wir Saatmenge und Pflanzenschutz ein.“ Bis auf die Zuckerrübenernte können fast alle Arbeiten in Eigenmechanisierung ausgeführt werden.
Weniger Dünger und Pflanzenschutzmittel
Zur Düngung kommt ein N-Sensor auf dem Schlepperdach zum Einsatz, der über die Farbe des Bestandes (Chlorophyllgehalt) auf die Stickstoffversorgung schließt und entsprechend den Düngerstreuer mit Wiegetechnik steuert. Zuvor wird mit einem N-Tester an den Pflanzen die N-Versorgung ermittelt und der Sensor damit kalibriert. Außerdem werden über Xarvio (BASF Digital Farming) Satelliten-Daten genutzt, um Ertragspotenzial- und Aussaatkarten zu erstellen sowie Schaderreger-Prognosen zu erhalten. „Das hat sich beispielsweise bei Dinkel in Bezug auf Mehltaubefall als sehr hilfreich erwiesen“, führt Schmidt aus.
„Insgesamt können wir durch all diese Maßnahmen deutlich weniger Herbizide, Fungizide und Dünger einsetzen. Im Mais haben wir beim Einsatz von Mikrogranulat als Unterfußdüngung gute Erfahrungen gemacht, vor allem in den gelben Gebieten, wo wir den Phosphor-Einsatz reduzieren müssen und zuvor DAP eingesetzt haben.“
Zur Winterbegrünung wird ein Gemisch aus Alexandrinerklee, Phacelia und Ramtillkraut beziehungsweise Senf ausgesät; vor Kartoffeln kommt Ölrettich zum Einsatz. Im Biobetrieb werden zur Stickstoffanreicherung Leguminosen-Gemenge angebaut und nach Bio-Mais Landsberger Gemenge.
Erledigt wird all die Arbeit durch die beiden Betriebsleiter, Ehefrau Doris Schmidt, Lebensgefährtin und Herdenmanagerin Salome Neuber, zwei Minijobber und zwei Auszubildende; so kommt man auf insgesamt 5,8 Arbeitskräfte. „Es wird leider zusehends schwieriger, gute Mitarbeiter zu finden“, muss Schmidt feststellen.
Auch die Vermarktung steht auf vielen Säulen
Auch in Sachen Vermarktung ist Familie Schmidt breit aufgestellt. Die Biomilch geht an die Milchwerke Oberfranken West in Coburg. Acht Schweine pro Woche und ein Bulle alle 14 Tage gehen an die Metzgerei Pitton in Rennerod. Der Weizen wird über den Landhandel vertrieben, die Zuckerrüben über die Südzucker. Dinkel und Raps vermarkten die Schmidts über die Erzeugergemeinschaft Wetterau. Die Kartoffeln werden direkt über den Hof, an die Gastronomie und eine Justizvollzugsanstalt verkauft. Die übrigen Erzeugnisse (Mais, Erbsen Sojabohnen, Gerste und Grünland) bilden die Futtergrundlage für Schweine, Bullen und Kühe; ein Teil des Silomaises fließt in eine Biogasanlage in der Region.
Weitere Einkommensquellen sind Lohnarbeiten, die 250-kW-Photovoltaikanlage und eine Beratungstätigkeit für die Firma Agromais. Außerdem werden für diverse Pflanzenschutzmittelhersteller etliche Parzellen für Fungizidversuche angelegt. „Hier geht es weniger ums Geld, sondern vielmehr um die Erfahrungen und Erkenntnisse, die man für sich gewinnen kann“, so Heiko Schmidt. Überhaupt sei er immer an Lösungen anderer Landwirte interessiert, die im eigenen Betrieb passen könnten.
Was die Zukunft bringt
Auf die künftige Weiterentwicklung des Betriebes angesprochen, hat Schmidt einige Pläne: Erweiterung des Kuhstalls vor allem zugunsten des Tierwohls, ein zusätzlicher Güllebehälter von 1 500 m3, womit die bisherige Lagerkapazität mehr als verdoppelt würde. „Das verschafft uns Spielraum bei der Lagerzeit und auch für eine eventuelle Aufstockung des Viehbestandes.“ Im Ackerbau soll der Körnermaisanbau ausgeweitet werden, um mehr Organische Substanz auf der Fläche zu lassen, und die Lagerkapazität für Stroh und Heu soll weiter steigen.
Problemkreise seien neben dem fehlenden fachlich geeigneten Personal die Flächenkonkurrenz durch Erneuerbare Energien (Freiflächen-Photovoltaik, Windkraft) und Tourismus. „Das ständig wachsende Radwegenetz frisst nicht nur Flächen, sondern führt auch dazu, dass die Äcker und Wiesen daneben zunehmend vermüllen. Außerdem können Wirtschaftswege, die als Radwege ausgebaut werden, nur noch eingeschränkt von uns Landwirten befahren werden.“
Um solchen Fehlentwicklungen entgegensteuern zu können, engagiert sich der Landwirt mittlerweile auch politisch im Gemeindeparlament.
Karsten Becker – LW 49/2021