Seit diesem Jahr läuft es problemlos

Säen und hacken mittels Roboter im Biobetrieb

Ditmar Kranz setzt auf seinem Betrieb, dem Scholzenhof bei Wiesbaden, schon im dritten Jahr den Sä- und Hackroboter „Farmdroid“ ein. Mit dem LW sprach er über seine Erfahrungen und die Weiterentwicklung der Technik.

Ditmar Kranz mit dem FD20 Feldroboter der dänischen Firma Farmdroid. Das Gerät sät und hackt die Biorüben des Scholzenhofes in Wiesbaden-Nordenstadt.

Foto: Becker

Es klackert unaufhörlich und es quietscht auch ein bisschen, wenn der „Farmdroid“ seine Bahnen in Wiesbaden-Nordenstadt über die Bio-Rübenfelder zieht. Verglichen mit der üblichen Maschinenausstattung der Landwirtschaft arbeitet der Photovoltaik-betriebene Roboter aber fast lautlos. Landwirt Ditmar Kranz geht hinterher und begutachtet die Arbeitsqualität seines mechanischen Mitarbeiters.

„Endlich läuft die Technik, wie ich mir das schon bei der Anschaffung vor drei Jahren vorgestellt hatte. Es gab nämlich so einige Kinderkrankheiten des neuen Systems, die sich erst im Praxiseinsatz zeigen“, erläutert der Betriebsleiter, während die Mai-Sonne mit voller Kraft auf die Solar-Module an der Oberseite des Gerätes brennt.

Die Maschine wird kontinuierlich verbessert

Schwierigkeiten vor allem beim Hackeinsatz – der Farmdroid übernimmt nämlich auch die Aussaat der Rüben – hatten zuvor oft zu Störungen und einem Stopp der Arbeiten geführt, beispielsweise, wenn sich ausgerissene Unkräuter oder Erntereste vor den Arbeitsorganen anhäuften. „Vom dänischen Hersteller wurde die Maschine kontinuierlich verbessert, einige Vorschläge der Praktiker wurden angenommen. Ich habe unter anderem eigene Schare entwickelt und schweißen lassen, aus Dänemark erfolgten stetig Updates der Software, um das System immer besser an die Bedingungen im Feld anzupassen“, so Kranz.

Ursprünglich hatte der Leiter des Biolandbetriebes „Scholzenhof“ in Wiesbaden-Nordenstadt ein Gerät für den Einsatz in Erdbeeren gesucht, aber schließlich den Roboter für den Zuckerrübenanbau gefunden. „Ich hatte mir auf der Agritechnica 2019 den Roboter angesehen und gedacht, das ist genau das Richtige für unseren Betrieb, der doch sehr arbeitsintensiv auch mit Fremdarbeitskräften bewirtschaftet wird. Leider hat sich die Technik im Erdbeeranbau für ungeeignet erwiesen, aber in den Rüben ist sie bei der Aussaat und beim Hacken eine große Erleichterung.“

Die Technik: autonom und CO2-neutral

Der FD20 der dänischen Firma Farmdroid ApS ist laut Hersteller ein sich selbst überwachender, autonomer Agrar-Roboter. Das System ist derzeit konfiguriert für den Anbau von Zuckerrüben, Raps und Gemüse auf Sand- und Lehmböden und übernimmt dabei vollautomatisiert alle Tätigkeiten von der Aussaat bis zur Bestandspflege mit Unkrautregulierung.

Ditmar Kranz sieht in der Verwendung des solarbetriebenen Roboters auch einen weiteren Schritt in Richtung Autarkie seines Biobetriebes.

Foto: Becker

Der GPS-gesteuerte Farmdroid FD20 mit 3 m Arbeitsbreite wird elektrisch betrieben und erzeugt den Strom für die gesamten Bearbeitungszyklen selbst. Photovoltaikmodule an der Oberseite mit 1,6 kW laden den Akku, der 4,8 kWh Batteriekapazität bietet. Damit ist das System nicht zuletzt auch unabhängig von externen Ladestationen. Durch die intelligente Lastverteilung beugt der Roboter bei seinem Gesamtgewicht von knapp 900 kg zusätzlicher Bodenverdichtung vor.

Bei der vollautomatischen Aussaat speichert der FD20 die Position jedes einzelnen Samens für Kapazitäten bis 20 ha. Das stellt dann die hohe Präzision bei der Bestandspflege sicher. Eine Überwachung des Roboters bei der Arbeit ist nicht notwendig.

Wie Farmdroid betont, erfolgt die Unkrautregulierung ausschließlich mechanisch. Dabei arbeiten die Werkzeuge zwischen den Reihen als auch in der Reihe zwischen den Pflanzen; der Reihenabstand ist in 25-cm-Intervallen konfigurierbar. Auf diese Weise biete der Roboter eine effektive und wirtschaftliche Alternative bei der Unkrautbekämpfung.

System trifft die Reihen blind

Ditmar Kranz berichtet über seine Praxis-Erfahrungen: Das System ist quasi blind, es gibt keine Kameras an Bord, trotzdem findet der Roboter zuverlässig und exakt beim Hacken die Rüben-Reihen wieder, die er zuvor ausgesät hat. Weil die Bestellung in Gleichstandsaat erfolgt, kann man auch quer zur Bearbeitungsrichtung fahren. Man muss das Gerät zum Einmessen der Schläge zu Anfang physisch an die Ecken bringen, dafür gibt es sowohl einen Trailer als auch ein Tragegestellt, um den Roboter mit dem Dreipunkt des Traktors aufzunehmen.“

Ein Nachteil sei, dass der Farmdroid nur gerade Reihen anlegen kann. Kurvenfahrten seien nicht vorgesehen (Hin­dernisse müssen eingemessen und können dann umfahren werden). „Große, gerade Schläge sind für den Einsatz optimal. Auch lange Bearbeitungsstrecken sind von Vorteil, da das Wenden im Vorgewende einige Zeit in Anspruch nimmt.“ Hangneigungen bis 8 Prozent und Seitenneigungen bis 6 Prozent habe der FD20 im Betrieb ohne Probleme gemeistert.

Die Maschine arbeitet mit 720 m/h Fahrgeschwindigkeit beim Säen und Hacken; beim Blindhacken mit 950, weil hier keine hohe Präzision notwendig ist. „Theoretisch sind mit einer Maschine 20 Hektar Zuckerrüben zu bewältigen, sodass wir mit unseren etwa 11 Hektar in diesem Jahr gut zurechtkommen.“

Was Stromversorgung betrifft, gebe es grundsätzlich keine Probleme mit der Selbstversorgung. Der Roboter müsse nicht über das Stromnetz geladen werden. „Er kann mit durch das Tageslicht während der Arbeit geladenen Akkus die Nacht über durcharbeiten. Allerdings kann es im Frühjahr passieren, dass bei der Aussaat die kurzen Tageslängen nicht komplett ausreichen. Dann ist irgendwann abends Schluss, und es geht erst am nächsten Morgen weiter.“

Der Farmdroid FD20 arbeitet mit verschiedenen Scharen, die Unkrautpflanzen unterschneiden, herausreißen und verschütten. Das Aggregat im letzten Bild zieht Beikräuter durch Seitwärtsverschiebungenn und ein Häkchen am äußeren Ende zwischen den Pflanzen heraus.

Der Scholzenhof ist breit aufgestellt

Der Biobetrieb mitten im Rhein-Main-Gebiet hat zwar mit den üblichen Problemen eines Ballungsraums zu kämpfen (Flächenkonkurrenz, Flächenverluste, Freizeitdruck usw.), weiß durch den eigenen Hofladen und die Verpachtung von Gemüse-Anabauflächen an Selbstversorger aber auch die Vorteile dieser Lage mit vielen Endverbrauchern vor der Hoftür zu nutzen. Der Hofladen macht nach Einschätzung von Ditmar Kranz etwa 10 Prozent des Betriebseinkommens aus.

Da der Scholzenhof ein Ackerbaubetrieb ohne Tierhaltung ist, wird zwar Ackerfutter angebaut – das durch Leguminosen gleichzeitig der Stickstoff-Anreicherung dient – dieses wird an einen nahegelegenen Rinderhalter abgegeben und im Gegenzug Mist für eigene Ackerflächen bezogen.

Als Arbeitskräfte stehen dem Betriebsleiterehepaar Ditmar und Christine Kranz ein Azubi, zwei bis vier Saison-AK, eine Teilzeitkraft und eine Praktikantin zur Verfügung. Der potenzielle Hofnachfolger, Sohn Lennard, befindet sich zurzeit in der Ausbildung auf dem Gladbacherhof. Die Direktvermarktung erfolgt über Selbstbedienung, in der Erdbeersaison wird ein Hofcafé betrieben; zwei Hühnermobilställe liefern frische Eier.

Insgesamt werden rund 85 ha LNF bewirtschaftet, die sich wie folgt aufteilen: 20 bis 30 ha Luzernegras in Futter/Mistkooperation, 20 bis 25 ha Winterweizen, 5 bis 10 ha Kartoffen, 10 bis 15 ha Zuckerrüben, 2 bis 5 ha Körnermais, 2 bis 3 ha Erdbeeren, ggf. Sommergerste oder -weizen, Mietgartenprojekt und dynamischer Agroforst.

Weniger Abhängigkeiten durch Bio und Solar-Roboter

Für die Anschaffungskosten von rund 65 000 Euro für den Roboter selbst plus Zubehör wie den Trailer habe er keine Förderung erhalten. „Das passte damals nicht in die Förderkulisse; heute ist das besser geworden.“ Dennoch habe er die Investition nicht bereut, und er schätze die Unabhängigkeit des Systems.

„Überhaupt kommt mir eine gewisse Autarkie des Betriebes entgegen. Daher ist für mich auch der Bio-Anbau das Richtige, weil man weniger abhängig von verschiedenen Industrien ist. Wir brauchen keinen Mineraldünger, keinen chemischen Pflanzenschutz und jetzt zumindest für den Farmdroid auch keinen Diesel mehr.“

KB – LW 21/2022