Für Nachsaat kein insektizidgebeiztes Saatgut mehr verfügbar Die extrem kalten Temperaturen in der vorletzten Woche haben regional großen Schaden in jungen Zuckerrübenbeständen angerichtet. Mindestens 10 Prozent der Zuckerrübenflächen sind bereits jetzt vollständig vernichtet; weitere 20 bis 30 Prozent der Flächen zeigen teilweise Verluste. Die größten Schäden sind im Wonnegau, Zellertal, dem südlichen Rheinhessen und Südhessen beobachtet worden.
Leichten Frost können Zuckerrüben durchaus vertragen. Der „Arctic Outbreak“ Anfang April war jedoch einfach zu viel. Durch den Klimawandel können schon früh im Jahr hohe Temperaturen erreicht werden. Später sind aber auch noch einmal Frosteinbrüche möglich, was Weinreben, Obstblüte aber auch Rüben hart treffen kann. Dabei sind die sogenannten „Eisheiligen“ noch nicht einmal da. Mit diesen ist Mitte Mai nochmals eine kritische Kältephase möglich.
Größte Gefahr bei Frost unmittelbar nach Keimung
Die Schäden sind nach Auffassung des Verbandes der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer weitaus größer als viele Landwirte derzeit glauben, da man oberirdisch noch die grünen Blätter sieht und die Pflanzen unauffällig scheinen. Unterirdisch ist aber vielfach der Keimling durch Frost eingeschnürt, und damit ist die Versorgung der Blätter nicht mehr möglich. In wenigen Tagen, wenn es wieder trocken wird, sterben diese Rüben ab, befürchtet Verbandsgeschäftsführer Dr. Christian Lang. „Man sieht den Schaden an Wurzel und kleinem Trieb erst, wenn man diesen freilegt und genau betrachtet“, so Lang. „Dieses Phänomen haben wir bei uns tatsächlich so noch nie beobachtet.“
Nachsaat sollte zeitnah erfolgen, leider ohne Beize gegen Läuse
Zuckerrüben in grob strukturierten Böden sind stärker gefährdet, vor allem im „Hakenstadium“, unmittelbar nach der Keimung. In dieser Phase, wenn die junge Pflanze gerade die Bodenoberfläche durchstößt, können bereits Nachtfröste von -2 bis -3 °C ausreichen, um sie irreversibel zu schädigen. „Der Saattermin hatte offenbar nur geringen Einfluss“, stellt Lang fest. „Viel wichtiger ist die Ablage. Tief abgelegte Rüben, die bereits einen langen Weg nach oben zum Licht hatten, haben ihre Energie teilweise schon verbraucht und sind dann weniger widerstandsfähig.“
Die Frostschäden treffen die Rübenanbauer umso härter, da sie gerade mit hohem Aufwand versucht hatten, die diesjährige Rübensaat besser gegen Blattläuse zu schützen. Ein Umbrechen der erfrorenen Rüben bedeutet für die Anbauer jetzt nicht nur eine neue Saat, die jeden Hektar nochmals mit zirka 300 Euro belastet; die neu gesäten Rüben werden zudem weniger gut gegen Blattläuse gewappnet sein, da jetzt nur noch Saatgut ohne die schützende Beize eingesetzt werden kann.
Schaden mindestens bei 2 Millionen Euro
Dr. Lang beziffert die bisherigen finanziellen Schäden auf mindestens 2 Mio. Euro für die Anbauer. Die betroffenen Landwirte können neues Saatgut bei regionalen Ansprechpartnern der Südzucker AG, den sogenannten „SRS-Leuten“, direkt abholen. Der Verband weist darauf hin, dass die Nachsaat möglichst bald erfolgen sollte, damit die geringe Feuchtigkeit der Böden noch genutzt werden kann, und um den neuen Rübenpflanzen eine möglichst lange Vegetationsdauer zu sichern: „Jeder Tag frühere Nachsaat ist jetzt wertvoll!“ Nähere Informationen und Hilfestellung erhalten die Landwirte über die Homepage des Verbandes (www.ruebe.info) sowie in der persönlichen Beratung durch die Experten der ARGE Zuckerrübe Südwest.
Rüben-Frostschäden vor OrtLandwirt Adolf Dahlem aus Gundersheim gehört zu den Betrieben, die von Frostschäden in Zuckerrüben betroffen sind. Bereits am 9. April hat er 30 Prozent seiner Flächen umgebrochen und nachgesät, wobei sich die Nachsaat nur sehr schleppend entwickelt, da der Boden nach wie vor zu kalt ist und zunehmend auch die Feuchtigkeit fehlt. „Auch bei den übrigen Flächen bleibt ungewiss, ob noch weitere Umbruch- und Nachsaatmaßnahmen nötig sind“, so Dahlem. Die Vegetation schreite durch die kalten Bedingungen nur langsam voran, wie gut sich die Bestände erholen und wie groß der Schaden tatsächlich ist, sei daher schwierig einzuschätzen.
Der Landwirt hat zur besseren Einschätzung Zählstrecken angelegt und für den eigenen Betrieb die Grenze bei 40 Tsd. Pflanzen/ha festgelegt. Dennoch sei die Entscheidung schwierig, da ungewiss bleibt, wie gut sich die nachgesäten Zuckerrüben entwickeln, und weil Schäden sehr ungleichmäßig sind. Am Ende sei eventuell ein Bestand unter 40 Tsd. Pflanzen/ha noch ertragreicher als die Nachsaat, die zwar optisch einen besseren Eindruck mache, jedoch keinen guten Ertrag entwickele – die nun fehlende Beize tue ihr Übriges. Zusätzlich sei normalerweise schon die erste Herbizidmaßnahme fällig, würde die derzeit bereits angeschlagenen Bestände jedoch noch mehr schwächen.
liwVerband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer e.V. – LW 16/2021