Beim Kreisverband Kaiserslautern im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd hat sich ein Wechsel im Amt des Vorsitzenden vollzogen. Günter Albrecht, der langjährige Vorsitzende, stand bei der turnusgemäßen Wahl nicht mehr zur Verfügung. Jürgen Vogelsang (46) aus Martinshöhe wurde zu seinem Nachfolger gewählt.
26 lange Jahre war Günter Albrecht Vorsitzender im Bauern- und Winzerverband Kreis Kaiserslautern. Fast drei Jahrzehnte war er die Stimme der Bauern einer ganzen Region.
Albrecht war 16 Jahre als Kreisvorsitzender aktiv
Junglandwirte kennen als Vorsitzenden nur den Mann mit dem grauen Bart, der kräftigen Stimme und der Art klare Kante zu zeigen, der immer eindeutig Position bezog und dafür auch bereit war zu streiten.
Von 1992 bis jetzt zog der 60-jährige Landwirt aus Reichenbach-Steegen den Karren des Berufsstandes im Kreis. Nie hat er ein Blatt vor den Mund genommen, wenn es um das Wohl der Landwirtschaft, um die Betriebe, ihre Menschen und um die Zukunft der Westpfalz ging.
Bei der diesjährigen Vertreterversammlung, durchgeführt in Kaiserslautern-Hohenecken, wurde mit nur einer Gegenstimme Jürgen Vogelsang zum Nachfolger für Albrecht gewählt. Der neue Kreisvorsitzende bewirtschaftet mit seiner Familie in Martinshöhe einen Gemischtbetrieb mit dem Schwerpunkt Milchvieh. „Wir müssen unsere Höfe noch mehr für die Bevölkerung öffnen und ihnen vor Ort erklären was wir machen“, nannte Vogelsang ein Vorhaben, für das er sich stark machen will. Dazu gehört für ihn auch, die Schulen mehr in die Pflicht zu nehmen, mit den Schülern auf die Bauernhöfe zu gehen. „Das will ich vorantreiben!“, so der neue Bauernvorsitzende.
Bauernpräsident Eberhard Hartelt bedankte sich bei Albrecht für seine „legendären Auftritte, in denen er immer wieder das Ende der bürokratischen „Hektar- und Erbsenzählerei“ anmahnte. „Günter Albrecht war mit streitbarer Leidenschaft und ganz viel Herzblut für seine Bauern und seine Region im Einsatz!“, so der Präsident.
Politik treibt die Jugend vom Land
In seiner Rede zur aktuellen Agrarpolitik und zum Hin und Her eines möglichen Koalitionspapiers hielt Hartelt mit seinen Sorgen nicht hinterm Berg. „Die Politiker aus Berlin und Brüssel treiben uns die Jugend aus den Höfen und vom Lande“, schimpfte er und forderte eine verlässliche Agrarpolitik mit stabilen Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsbereich Landwirtschaft. Es dürfe nicht passieren, dass die Landwirtschaftspolitik zu einem Anhang der Umweltgesetzgebung degradiert werde. Richtung Mainzer Landesregierung und der aktuellen Diskussion um die notwendige Sanierung der Schweineställe auf der Lehr- und Versuchsanstalt Neumühle wetterte der Bauernpräsident: „Das Land verschwendet Unsummen auf dem Hahn und dem Nürburgring. Für die Westpfalz nimmt es nicht mal einen Kleckerbetrag von 300 000 Euro, verteilt auf drei Jahre, in die Hand, obwohl es um die Grundausbildung der Landwirte geht!“ Auch das vernichtende Anprangern der Landwirte in der Diskussion um Glyphosat, die Afrikanische Schweinepest und der Mangel an Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Schweinebauern waren Themen des Abends. Zur Diskussion und der Anschuldigung, die Landwirte tragen große Schuld am Insektensterben sprach Karl Gortner aus seiner Erfahrung:
„Das Insektensterben hat viele Ursachen. Dazu zählen auch die eingeschleppten asiatischen Marienkäfer. Seit es die gibt, sind kaum noch Kartoffelkäfer da, weil die Marienkäfer die Eier fressen. Die fressen auch andere Insekten. Und die vielen Dachse und Waschbären sind beteiligt. Sie räubern Wildbienennester.“
Mit Karl Gortner, Kartoffelbauer aus Lambsborn, scheidet ein weiteres Urgestein aus dem Bauernvorstand aus. Gortner blickt auf fulminante 47 Vorstandsjahre zurück. Zunächst in der Landjugend aktiv, war er schnell auch im Bauernverband ehrenamtlich engagiert. Von 1985 bis 1992 war er Kreisvorsitzender. Gortner hat einst Bundeslandwirtschaftsminister Ignaz Kiechle schon das Fürchten gelernt und er war da, wenn zur Demonstration gerufen wurde. Immer in erster Reihe. „Früher haben die jungen Landwirte mehr gescharrt, um die alten Köpfe im Vorstand los zu werden. Das ist heute nicht mehr so“, blickte Gortner zurück.
Bei der jüngsten Vertreterversammlung gab er nun sein Amt als Beisitzer auf. Als neuer Beisitzer wurde sein Sohn William in den Kreisvorstand gewählt. Karlheinz Raab, Gerald Schiefner und Helmut Frey wurden in ihrem Amt bestätigt. Andreas Diehl und Thomas Cornelius wurden erneut als stellvertretende Kreisvorsitzende gewählt.
Es war schon sehr emotional, als der scheidende Kreisvorsitzende zu einem letzten Rückblick ansetzte. „Der Job hat mir Freude bereitet, aber ein Spaßfaktor war nicht dabei, weil es um unsere Existenzen geht“, umschrieb Albrecht die Arbeit.
Bangen, dass sich ASP wie BSE auswirkt
Er erinnerte an die schwierige Zeit der BSE-Krise, die den Bauern unverschuldet sehr viel Geld abverlangt habe. Er sehe mit Schrecken eine Parallele zur aktuellen Gefahr der Afrikanischen Schweinepest. Als ungerecht und besonders schmerzlich nannte Albrecht, den Wegfall der Ausgleichszahlungen für die Benachteiligten Gebiete in der Westpfalz. Das dürfe nicht so bleiben. „Der Verband ist unser Sprachrohr, wir brauchen ihn, sonst gehen wir hier in der Westpfalz vor die Hunde“, appellierte der scheidende Bauernvorsitzende an alle Bauern, hinter dem Bauernverband zu stehen. Der scheidende Kreisvorsitzende, der sich noch eine Weile um die Nebenerwerbslandwirte im Verband kümmern wird und den Vorsitz im Fachausschuss Agrarstruktur und Regionalpolitik behält, sagte am Ende seiner Rede: „Wir müssen zudem am Frauenanteil im Verband arbeiten.“
Doris Theato – LW 9/2018