Öko-Ackerbauern benötigen Sortenempfehlungen, die unter den Bedingungen des Ökologischen Landbaus erarbeitet wurden. Denn die Einschätzung der Leistungsfähigkeit von Sorten, wie sie der Beschreibenden Sortenliste zu entnehmen sind, basieren auf Versuchen, die zum Beispiel bei der Düngung der konventionellen Praxis entsprechen. Thorsten Haase und Reinhard Schmidt vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen fassen die Ergebnisse der hessischen Öko-Landessortenversuche zu Winterweizen aus den vergangenen drei Jahren zusammen.
Die Wahl der Sorte bestimmt im Ökolandbau in erheblichem Maße, ob der Stickstoff vorrangig in Rohprotein und damit Qualität (Backfähigkeit), oder in Kornertrag umgesetzt wird. Der Landwirt stellt somit bei der Sortenwahl die Weichen für Back- oder Futterweizen. Neben der Sortenwahl beeinflussen aber auch Standort, Fruchtfolge, Düngung und die Witterung das Qualitätsniveau. Die Sortenergebnisse der letzten Jahre zeigen immer wieder, dass meist nur mit Sorten aus der Qualitätsgruppe E Backqualität erreicht wird. Aber selbst aus diesem Qualitätssegment gibt es Sorten, die nur unter sehr guten Wachstumsbedingungen Rohproteingehalte von 11 Prozent und Feuchtkleberwerte von 26 Prozent oder darüber erzielen. Da stellt sich auch manch viehlos wirtschaftender Ökobetrieb die Frage, ob die Futterweizenproduktion nicht rentabler ist als die Qualitätsweizenproduktion.
Gestiegene Nachfrage nach Öko-Futterweizensorten
Dazu ein kurzes Rechenbeispiel: Bei einem Backweizenpreis von 39,90 Euro/dt (mehrjähriges Mittel) müsste bei einem Backweizenertrag von 40 dt/ha der Futterweizen 51 dt/ha erzielen (also gut 28 Prozent Mehrertrag), um den gleichen Umsatz zu erreichen, wenn man einen durchschnittlichen Futterweizenpreis von 31,4 Euro/ha ansetzt. Die Nachfrage nach Futterweizen wird in den nächsten Jahren voraussichtlich stabil bleiben, da sich derzeit viele viehhaltende Betriebe in der Umstellung befinden, die auf Futterzukauf angewiesen sein werden. Der gestiegenen Nachfrage nach Futterweizensorten hat auch das Versuchswesen des LLH Rechnung getragen, indem die Futterweizensorten Elixer (2014), Manitou (2015) und Rockefeller (2016) ins Prüfsortiment aufgenommen wurden. Außerdem steht seit 2016 mit KWS Livius eine B-Sorte im Sortiment.
Belastbare Zahlen aus drei Jahren von drei Standorten
Neben den bereits langjährigen Versuchsstandorten in Alsfeld-Liederbach (ALS) und der Hessischen Staatsdomäne Frankenhausen (DFH) nördlich von Kassel, steht mittlerweile im vierten Jahr mit dem Gladbacher Hof (GH), dem Öko-Versuchsbetrieb der Universität Gießen, ein dritter Standort für die Winterweizenversuche zur Verfügung. Die allgemeinen Standortdaten zu den drei Versuchsstandorten sind Tabelle 1 zu entnehmen.
Auf den drei Standorten wurde 2017 ein gemeinsames Sortiment von 22 (15 E-, 2 A-, 2 B- und 3 C-Weizen) geprüft. Von diesen wurden allein zehn (6 E-, 2 A- und 2 C-) Sorten über die vergangenen drei Jahre auf allen Standorten geprüft. Diese zehn Sorten wurden bei der Verrechnung der relativen Leistung der Sorten bezüglich Kornertrag (Tabelle 2) beziehungsweise Qualität (Tabellen 3 und 4) als Bezugsbasis verwendet.
Das mittlere Ertragsniveau des 2017 geprüften Sortiments lag im Durchschnitt der drei Standorte bei 64,8 dt/ha, das der zehn Sorten (Bezugsbasis) bei 64,2 dt/ha. Im dreijährigen Durchschnitt wurden für dieses Sortiment zwischen 57,5 (Gladbacherhof), 58,7 (Alsfeld) und 62,1 dt/ha (Frankenhausen) gute Erträge nachgewiesen.
So schnitten die Sortimente ab
Bei den mindestens dreijährig geprüften Sorten präsentiert sich Elixer als deutlich ertragsstärkste Sorte, die zweite C-Sorte Manitou hatte bislang in sieben von neun Fällen ebenfalls weit überdurchschnittlich abgeschnitten, fällt im dreijährigen Mittel aller drei Standorte jedoch auf 102 Prozent zurück, weil der Gelbrost in Frankenhausen die anfällige Sorte 2017 viel Ertrag gekostet hat (77 Prozent). Den ebenfalls überdurchschnittlichen Ertrag der beiden A-Sorten Julius und Pionier erreichte als einziger E-Weizen die Sorte Bernstein (104 Prozent).
Die erstmalig 2017 geprüfte B-Sorte KWS Livius beziehungsweise die C-Sorte Rockefeller überzeugten im Ertrag und machen neugierig auf weitere Prüfjahre. Graziaro, eine der ersten Sorten aus der Öko-Wertprüfung, wurde auf Grund einer Schwäche bei der Fallzahl nur als B-Sorte zugelassen. Die Sorte schwankte in den beiden Prüfjahren beim Ertrag zwischen Spitzenerträgen und einem (unter-) durchschnittlichen Ertragsniveau.
Bei der Qualität (Rohprotein- und Feuchtkleberwerte) liegen die Sorten Govelino, Tobias, Butaro und Axioma an der Spitze der dreijährig geprüften Sorten. Zu beachten ist, dass viele der oben genannten Qualitätssorten sehr lang sind und daher auf guten Standorten ins Lager gehen können. Ausnahme ist Axioma, der zusammen mit Rockefeller und Manitou zu den kürzesten Sorten im gesamten Sortiment gehört.
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