Der ehemalige Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Pfälzer Grumbeere, Peter Schmitt, hat im Rahmen seiner Tätigkeit tiefen Einblick in den Kartoffelanbau und die -vermarktung gewonnen. Das LW fragte Schmitt nach seinen Erfahrungen.
LW: Ihr Name ist mit den Pfälzer Kartoffeln eng verbunden. Stammen Sie selbst aus einem Kartoffelbetrieb?
Peter Schmitt: Ich stamme nicht aus einem Kartoffelbetrieb, doch hatte ich schon früh Berührungspunkte mit der Kartoffel über Ferienarbeit und Praktika in kartoffelbauenden Betrieben und einem Vermarktungsbetrieb. Das hat mich später dazu verleitet, meine Diplomarbeit zum Thema Kartoffeln zu schreiben. Seitdem bin ich von der Kartoffel infiziert und sie hat mich nicht mehr losgelassen. Insofern war die Stelle bei der Erzeugergemeinschaft passend.
LW: Was waren in Ihrer Amtszeit die größten Herausforderungen?
Schmitt: Herausforderungen gab es einige: Pläne und Verhandlungen zur Konzentration der Vermarktung mit Andienungspflicht der Erzeuger an die gebündelte Organisation. Die Umsetzung des Gesamtkonzeptes ist nicht gelungen. Allerdings gab es Teilerfolge mit der Einführung der Marke Pfälzer Grumbeere und gemeinsamen Marketingbestrebungen. Dies auf Basis eines Vertragsanbaus nach integrierten Richtlinien. Die „Pfälzer Grumbeere“ haben im letzten Jahr 25-jähriges Jubiläum gefeiert.
Anfang des neuen Jahrhunderts wurden mit Eurogap, jetzt GLOBAL GAP, und QS neue Anforderungen an die Betriebe gestellt. Die Erfüllungskriterien der Zertifizierungssysteme sind heute noch Grundlage der Produktion. Die Dokumentation wird jährlich überprüft. Zwischenzeitlich muss man registrieren, dass die Systeme überfordert sind und die Belastbarkeit der Betriebe ein vernünftiges Maß überschritten hat. Es bedarf einiges an Arbeit, die Systemgeber mit der treibenden Kraft Lebensmitteleinzelhandel (LEH) davon zu überzeugen, dass weniger oft mehr sein kann. Dafür besetzt die EZG einige Gremien und macht sich für eine von Vernunft getragene Weiterentwicklung stark.
Die Einführung des festschaligen Programmes auf Bundesebene war eine besondere Aufgabenstellung und wird oft heute noch kritisiert. Dabei war es tatsächlich so, dass wir mit der gewohnten Verfahrensweise der Vermarktung Marktanteile verloren hatten, zumal längere Verweildauer der Ware auf der Vermarktungsstrecke zunehmende Qualitätsprobleme hervorriefen. Trotz aller Probleme die mit der festschaligen Vermarktung verbunden sind, wie phytosanitäre Probleme, hat man vor einigen Jahren wohl eine marktpolitisch richtige Entscheidung getroffen.
LW: Welche Anforderungen engen die Erzeuger ein?
Schmitt: Die Spezifikationen des Lebensmitteleinzelhandels führen unter anderem vor dem Hintergrund der rückläufigen Pflanzenschutzmittelverfügbarkeit zu zunehmenden Problemen im Anbau, die immer schwieriger zu bewältigen sind. Hier wird weiterhin viel Überzeugungsarbeit im Dialog mit den Interessengruppen zu leisten sein, um den hohen Standard einer Qualitätsproduktion halten zu können. Eine erfolgreiche Arbeit wird dabei immer schwieriger. Erfolge, wie die über einige Jahre geschaffene Verwendungsmöglichkeit von Goldor Bait zur Bekämpfung des Drahtwurmes, werden immer schwieriger herbeizuführen sein.
Der Chipskartoffelvertragsanbau ist zu einem wichtigen Standbein von rund 60 Erzeuger geworden. Die positive Entwicklung des Anbaus in der Region war jedoch mehrfach gefährdet. So war zum einen der Standort der Firma Intersnack in Frankenthal-Petersau in Frage gestellt.
Mit viel Überzeugungsarbeit und Gesprächen mit den Verantwortlichen auf Basis eines von der EZG vorgelegten, zukunftsträchtigen Versorgungskonzeptes für das Werk, wurde von einer angedachten Schließung Abstand genommen. Zum anderen hat die Diskussion um Acrylamid im Jahr 2002 dazu geführt, dass der Absatz von Kartoffelchips eingebrochen war. Die Entsorgung der nicht mehr benötigten Kartoffeln wurde damals von den Erzeugern mitfinanziert. Der Markt hat sich demnach langsam erholt. Heute haben die Erzeuger in der Region rund 50 000 t Kartoffeln im Anbau. Ende der 70er Jahre waren es noch rund 10 000 t.
LW: Wie hat sich die EZG Pfälzer Grumbeere in der Zeit, in der Sie im Amt waren, entwickelt?
Schmitt: Der Strukturwandel innerhalb der 34-jährigen Tätigkeit war enorm. Von über 600 Mitgliedern hat sich die Zahl der Mitglieder auf rund 300 reduziert. Und der Strukturwandel geht weiter.
Zurzeit sind der Erzeugergemeinschaft zehn Vermarktungsbetriebe angeschlossen. Im Jahr 1983 waren es über 40 Betriebe. Der Anbau blieb in den letzten Jahren weitgehend konstant. Eine Steigerung hat er in den 80er und 90er Jahren erfahren. Besonders die Möglichkeit, Anfang der 90er Jahre die neuen Bundesländer zu bedienen, hat zusätzliche Absatzmöglichkeiten geschaffen.
Insgesamt hat der Anbau, bei allen Problemen die es gibt, eine positive Entwicklung genommen und ist nach wie vor eine tragende Säule der kartoffelanbauenden Betriebe der Region. Die positive Entwicklung wurde von den in der Region verwurzelten, innovativen Vermarktungsbetrieben wesentlich beeinflusst.
LW: Die EZG ist in vielen Bereichen aktiv. Was treibt die EZG an?
Schmitt: Die Sorge um den rückläufigen Kartoffelverzehr. und den damit verbundenen Erhalt des Anbaus besteht. Nach Möglichkeit werden deshalb alle Maßnahmen unterstützt und aufgegriffen, die zur Produktaufklärung beitragen und zum Verzehr animieren. Wir haben dies über Jahrzehnte vertrauensvoll mit der CMA getan und waren danach mit initiativ bei der Gründung der jetzt aktiven Kartoffel-Marketinggesellschaft.
Ergänzend zu den bundesweiten Aktivitäten sind wir regional sehr aktiv. Ein Focus liegt dabei auf der Arbeit mit Kindern, wie Kids an die Knolle, AID Ernährungsführerschein oder Lecker Entdecker. Auch unsere Verbraucher von morgen sollen Lebensmittel schätzen lernen. Unser Projekt Kids an die Knolle vermittelt von der Auspflanzung, über die Pflege bis zur Ernte und dem Zubereiten den jungen Menschen wichtiges Wissen und Kompetenzen für das ganze Leben. Öffentlichkeitsarbeit ist so wichtig wie nie zuvor. Informationen erreichen die Verbraucher nur noch über die modernen Medien. Genau hier wird Carina Wittmann ansetzen, da sie als studierte Sozial- und Kommunikationswissenschaftlerin hierfür prädestiniert ist.
LW: Wie bewerten Sie die derzeitigen Strukturen am Markt?
Schmitt: Die Masse unserer Ware wird über den stark konzentrierten LEH verkauft. Insofern bestehen starke Abhängigkeiten. Der LEH bestimmt, wo es langgeht, und sucht sich seine Partner. Dabei haben in den letzten Jahren viele Neuorientierungen stattgefunden, viele Lieferanten sind auf der Strecke geblieben.
Doch die EZG ist ein starker Partner mit Schlagkraft und einwandfreier Qualität. Dies sollte uns weiterhin gute Chancen bieten. Allerdings muss man dabei feststellen, dass der Frühkartoffelanbau in unserer Region derzeit an seine Grenzen stößt. Neben dem rückläufigen Verzehr, ist dies hauptsächlich den Regionalisierungsbestrebungen anzulasten. Unser Vermarktungsfenster wird eingeengt. Auf der anderen Seite haben wir die Möglichkeit der regionalen Versorgung im späten Bereich. Hier hat man die Chance der Ausweitung – bei allen Hindernissen und Problemen, wie Preisgestaltung, Drahtwurm oder Lagerung – die zu bewältigen wären. Hier sind wichtige und richtige Weichenstellungen vorzunehmen.
LW: Welche Jahre sind Ihnen in Erinnerung geblieben?
Schmitt: Eigentlich die problembehafteten und schlechten, „die an die Nieren gehen“. Es sind meist die Jahre mit erheblichem Überangebot mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Preise. So das letzte Jahr mit der Angebotsschwemme spanischer Ware. Vor einigen Jahren hatten wir ähnliche Erlebnisse mit ägyptischer Ware. Zu Beginn meiner Amtszeit hatten wir noch die Freude mit italienischer Ware, die uns allzu oft Probleme bescherten.
Davon abgesehen möchte ich die letzten 34 Jahre nicht missen. Es war jedes Jahr anders und immer für eine Überraschung gut.
Elke Setzepfand – LW 18/2018