Vier landwirtschaftliche Fachschulen gibt es in Hessen. Jede dieser vier Schulen hat ihren Stellenwert. Für viele Junglandwirte ist dabei oft die zentrale Verkehrsanbindung ein wichtiges Auswahlkriterium, um die Schulstandorte von den landwirtschaftlichen Betrieben aus gut erreichen zu können. So kommt es, dass Fachschulen in Hessen, beispielsweise in Fritzlar, auch von Junglandwirten aus Nordrhein-Westfalen beziehungsweise aus Südniedersachsen besucht werden.
An den zweijährigen Fachschulstandorten in Fritzlar, Fulda-Petersberg und Griesheim wird der Abschluss zum „Staatlich geprüften Betriebswirt“ erworben. An der einjährigen Fachschule Alsfeld wird der Abschluss „Staatlich geprüfter Wirtschafter“ erworben.
Landwirtschaftsmeister und künftige Betriebsleiter
An den landwirtschaftlichen Fachschulen erlangen die Schüler ebenso die Qualifizierung für ein anschließendes Studium. Durch die Prüfungsordnung sind die Lehrinhalte vorgegeben und zwischen den Standorten im Grundsatz vergleichbar. Unterschiede bestehen in der Dauer der Ausbildung, im erworbenen Abschluss und in der jeweiligen Eröffnung einer neuen Schulklasse. So erlangen die Studierenden an der Fachschule in Alsfeld im zweisemestrigen Winter-Winter-Kurs den Abschluss zum Wirtschafter. Die Schüler der Fachschulen Fritzlar, Fulda-Petersberg und Griesheim im viersemestrigen Lehrgang nach erfolgreicher Prüfung den Abschluss zum Betriebswirt. Die Absolventen der Fachschulen Fritzlar, Fulda und Griesheim haben somit zusätzlich die Möglichkeit zum Studium an einer deutschen Fachhochschule oder Hochschule.
Die Lehrkräfte sind teils an mehr als einem Fachschulstandort in Hessen tätig. Das hängt damit zusammen, dass die Standorte Alsfeld und Fritzlar jährlich eine Schulklasse öffnen, während die Standorte in Fulda-Petersberg und Griesheim nur jedes zweite Jahr eine Klasse eröffnen. Die Schulen in Fritzlar und Alsfeld starten bereits im Sommer das neue Schuljahr, die Fachschule Alsfeld öffnet Ende Oktober ihre Winterschule und Griesheim öffnet im zweijährigen Turnus im Sommer eine Schulklasse.
Zwischen 10 und 20 Prozent der Fachschüler kommen außerhalb der Landwirtschaft. Die Ausbildung hat zum Ziel, Fachkräfte in der Landwirtschaft zu befähigen, moderne landwirtschaftliche Betriebe zu leiten oder im landwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich, beziehungsweise in denen der Landwirtschaft vor- oder nachgelagerten Unternehmen der Wirtschaft Tätigkeiten innerhalb der Betriebsleitung zu übernehmen.
Fachschulen in Hessen finden großen Zuspruch
Die Nachfrage nach Absolventen der Fachschulen in Hessen ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen, berichtet Dr. Lothar Koch, der für die Leitung der Fachschulen in Hessen zuständig ist. Er führt dies insbesondere darauf zurück, dass die sukzessive wachsenden landwirtschaftlichen Betriebe zum einen inzwischen oft auch als Arbeitgeber im ländlichen Raum auftreten. Zum anderen darauf, dass zur Führung der wachsenden Betriebseinheiten die fachlichen Voraussetzungen in der Produktionstechnik und im Management eines Landwirtschaftsbetriebes immer wichtiger werden. Neben der fundierten beruflichen Erstausbildung sei daher die Weiterqualifizierung an einer ein- oder zweijährigen Fachschule der Fachrichtung Agrarwirtschaft oder die Fortbildung zum „Landwirtschaftsmeister“ für künftige Betriebsleiter und Fachkräfte inzwischen unerlässlich.
Einjährige Fachschule am LLH-Standort in Alsfeld
An der Bildungs- und Beratungseinrichtung des LLH in Alsfeld haben Junglandwirte die Möglichkeit, die einjährige Fachschule für Landwirtschaft zu besuchen, die als einzige der vier Fachschulen in Hessen als Winterschule geführt wird. Dort ist es in zwei Winterhalbjahren (jeweils Oktober bis März) möglich, den Abschluss zum „Staatlich geprüften Wirtschafter der Fachrichtung Agrarwirtschaft“ zu erwerben. Mit bestandener Abschlussprüfung in der Tasche sind dann zwei Formen der Weiterqualifizierung möglich: Die Fortbildung zum Landwirtschaftsmeister, sowie die zum staatlich geprüften Betriebswirt, Fachrichtung Agrarwirtschaft, auch als Agrartechniker bezeichnet. Im Anschluss an die einjährige Fachschule kann durch absolvieren eines dritten und vierten Semesters, das heißt der Besuch von einem Jahr Vollzeitschule an einer der drei zweijährigen Fachschulen (Fritzlar, Fulda, Griesheim) der Abschluss zum staatlich geprüften Betriebswirt der Fachrichtung Agrarwirtschaft erlangt werden.
Zweijährige Fachschulen am Beispiel von Fritzlar
Die Schulausbildung an den drei zweijährigen Fachschulen Fritzlar, Griesheim sowie Fulda-Petersberg umfasst zwei Ausbildungsabschnitte mit jeweils zwei Semestern und schließt mit der Prüfung zum „Staatlich geprüften Betriebswirt der Fachrichtung Agrarwirtschaft“ ab. Wie zuvor angesprochen ist mit dem erfolgreichen Abschluss auch der Erwerb von Zusatzqualifikationen wie die Allgemeine Fachhochschulreife verbunden.
Mit dem Bestehen der Prüfung und dem erfolgreichen Abschluss im Fach „Berufs- und Arbeitspädagogik“ wird die Ausbildereignung in der Landwirtschaft erworben. Während die Unterschiede zwischen den drei Fachschulstandorten in Hessen im Wesentlichen nur im jeweiligen Einzugsgebiet bestehen, da der Schulplan zum Besuch einer Zweijährigen Fachschule in Hessen einheitlich ist, wird im Folgenden der Fachschulbesuch exemplarisch für den Schulstandort Fritzlar näher erläutert. Die zweijährige Fachschule für Wirtschaft, Fachrichtung Agrarwirtschaft in Fritzlar unterrichtet ganzjährig. Jedes Jahr öffnet eine Schulklasse im Sommer.
Anmeldungen für das neue Schuljahr erfolgen bis Januar des Jahres. Unterrichtet wird von Montag bis Freitag von 8 bis 13 Uhr und zusätzlich an zwei bis drei Nachmittagen im Schuljahr. Aktuell befinden sich 20 Fachschüler in der Oberklasse, 15 in der Unterklasse. Die Schule ist im Schladenweg 39, im Gebäude, in dem auch der Fachbereich Landwirtschaft des Schwalm-Eder-Kreises untergebracht ist.
Junglandwirte kommen von Betrieben aus der Region
Der Standort der Fachschule ist für die Landwirtschaftsschüler aus dem Einzugsgebiet über die A 49 gut zu erreichen und ebenfalls günstig ans öffentliche Verkehrsnetz angebunden.
Das ist wichtig, denn größtenteils fahren die Junglandwirte täglich nach dem Unterricht nach Hause, beziehungsweise zum elterlichen Betrieb.
Vereinzelt werden auch günstige Wohnungen in der Umgebung gemietet. Für die Unterkunft müssen dann die Schüler selbst, beziehungsweise ihre Familien sorgen und die Kosten tragen. Es besteht aber die Möglichkeit der Förderung nach der Bundesausbildungsförderung (BAFÖG). Die Schule besteht in dieser Schulform seit 1979, als die Eröffnung einer zweijährigen Fachschule für Technik der Fachrichtung Agrarwirtschaft stattfand. Ziel der Ausbildung ist, Fähigkeiten und Grundkenntnisse zu vermitteln, um Landwirtschaftsbetriebe als Unternehmer eigenverantwortlich zu leiten. Oder, um eine führende Funktion in einem vor- oder nachgelagerten Bereich innerhalb der Agrarwirtschaft zu übernehmen.
Bei entsprechenden Leistungen haben die Fachschüler die Möglichkeit, die Ausbildereignung zu erlangen, die Allgemeine Hochschulreife zu erwerben und damit im Anschluss ein weiterführendes Studium an einer Fachhochschule oder Hochschule aufzunehmen. Als Zugangsvoraussetzung zur Aufnahme an der Fachschule sind das Abschlusszeugnis einer Berufsschule und ein Berufsabschluss in der Landwirtschaft, beziehungsweise im Berufsfeld Agrarwirtschaft sowie eine einschlägige berufliche Tätigkeit von mindestens einem Jahr.
Das Einzugsgebiet der Fachschule Fritzlar umfasst vorwiegend die Junglandwirte aus Nord- und Mittelhessen. Teils kommen Studierende auch aus benachbarten Bundesländern wie Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen. Die Schüler wählen fachliche Schwerpunkte. Ergänzt werden die Schulinhalte durch einen praxisorientierten Fachunterricht in verschiedenen Lernfeldern, worauf die Schulleitung ebenfalls einen großen Wert legt. Dabei geht es darum, landwirtschaftliche Unternehmen sowie ihre Handelspartner zu analysieren und Strategien zur Fortentwicklung aufzugreifen, beziehungsweise exemplarisch zu erarbeiten. Neben den Fachkenntnissen in der Pflanzen- und Tierproduktion, um landwirtschaftliche Erzeugnisse sowohl tiergerecht als auch wirtschaftlich und umweltschonend zu produzieren, werden damit auch wichtige betriebswirtschaftliche Kenntnisse vermittelt.
Management, Marketing und Mitarbeiterführung
Neue Schulungsinhalte beziehen sich unter anderem auf das Erzeugen erneuerbarer Energien. So ist zu beachten, dass neben dem Einsatz moderner Produktionstechnik und unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit in der Landwirtschaft viele Vorschriften zu beachten sind. Immer häufiger werden auch im Umfeld des Landwirtes gute Kenntnisse im Management sowie kaufmännische Fähigkeiten vorausgesetzt. So haben ebenso Themen wie die Mitarbeiterführung oder Kommunikationsfähigkeit mit Geschäftspartnern des Landwirtes einen festen Platz in den Lehrplänen. Auf die gezielte Förderung der unternehmerischen Kompetenzen wird besonders großer Wert gelegt. Projektarbeiten mit betrieblichen Analysen ergänzen den Schulplan, wie auch ein Spezialunterricht, beispielsweise über Agrarmarketing. Zum Praxisteil gehören Besuche von Betrieben, wie herausragenden Betrieben im Ackerbau, in der Milcherzeugung und Tierhaltung mit Einbindung von externen Spezialisten.
Moe – LW 27/2013