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Getreideernte in Hessen weitgehend abgeschlossen

Stimmung der Landwirte sehr gedrückt

„Die Getreideernte in Hessen ist bis auf wenige Restflächen abgeschlossen. Die Erträge liegen deutlich unter dem guten Vorjahresergebnis. Je nach Getreideart und Standort sind Ertragseinbußen bis zu 30 Prozent zu verzeichnen.“ Das sagte der Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes, Karsten Schmal, am Mittwoch der vergangenen Woche beim Erntegespräch auf der Domäne Lautenbach in Wehretal. Die größten Einbußen gebe es auf den schwächeren Standorten mit schlechter Wasserverfügbarkeit.

Von links: KBV-Vorsitzender Torsten Möller, HBV-Vizepräsident Karsten Schmal, Betriebsletier Korbinian Riedl und KBV-Geschäftsführer Uwe Roth begutachten eine Partie Ackerbohnen. Foto: Bernd Weber

Beim Winterweizen, der mit 161 000 ha mit Abstand wichtigsten Getreideart in Hessen, habe die Trockenheit deutliche Spuren hinterlassen. Mit einer Anbaufläche von 67 000 ha habe die Wintergerste wider Erwarten bessere Erträge gebracht. Beim Winterraps lägen die Druschergebnisse etwa 10 bis 15 Prozent unter dem Vorjahresniveau.

„Aufgrund des Verbots der Neonicotinoide fehlte ein wirksamer Beizschutz gegen den Rapserdfloh und die Kleine Kohlfliege. Darüber hinaus wurde der Raps im nassen Herbst zum Teil von Schnecken abgefressen. Auch das hat Ertrag gekostet“, hob Schmal hervor. Beim Silomais und den Zuckerrüben würden sich die Rekorderträge des vergangenen Jahres wegen der langanhaltenden Trockenheit mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wiederholen.

Tierhalter leiden unter den stark gesunkenen Preisen

Die mancherorts ergiebigen Niederschläge vom 16. August würden zwar dazu führen, dass Wiesen und Weiden wieder grün würden. Dies ändere aber nichts an der Tatsache, dass der Grünlandaufwuchs im Vergleich zum Vorjahr etwa 30 bis 50 Prozent niedriger als im Vorjahr ausfallen werde. Das bereite den Rinderhaltern große Sorgen. Erschwerend hinzu kämen um etwa 30 Prozent gesunkene Milchpreise im Vergleich zum Vorjahr.

Nicht minder dramatisch seien die stark gefallenen Schweinepreise um rund 20 Prozent. Das Russlandembargo und die Wirtschaftskrise in China hätten dazu geführt, dass die Agrarexporte in diese Länder und somit auch die Erzeugerpreise eingebrochen seien. Seit August 2014, dem Beginn des russischen Importstopps, habe sich das jährliche Umsatzvolumen im Agrarhandel zwischen Deutschland und Russland von rund 1,8 Mrd. Euro auf 900 Mio. Euro halbiert. „Die stark gefallenen Milch- und Schweinepreise sowie niedrigere Ernteerträge haben die Stimmung der Landwirte sehr gedrückt“, so Schmal. Dadurch sei die Investitionsbereitschaft der deutschen Landwirtschaft drastisch zurückgegangen.

„Wir sind dankbar für jeden Halm“

Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Werra-Meißner, Torsten Möller, erläuterte die Ackernutzung in seinem Verbandsgebiet. Mit einer Anbaufläche von rund 4 300 ha sei der Winterweizen die dominierende Frucht, gefolgt von Winterraps mit 3 600 ha, Sommergerste 3 400 ha und Wintergerste mit 2 900 ha. Winterroggen, Hafer und Zuckerrüben nehmen jeweils rund 600 ha ein. Die Silomaisfläche beläuft sich auf rund 1 870 ha. Auch Möller beklagte den sehr schwachen Grünlandaufwuchs. In seinem Betrieb hätte der erste Schnitt lediglich 50 Prozent des Durchschnitts früherer Jahre ausgemacht. Der zweite Schnitt sei im Ringgau total ausgefallen. Nach dem Regen der letzten Tage hofft er auf den dritten Schnitt und betonte: „Wir sind dankbar für jeden Halm.“

Feldmäuse haben großen Schaden angerichtet

Der Gastgeber des Erntegespräches, Korbinian Riedl, stellte die gemeinsam mit seinem Vater Anton bewirtschaftete Domäne Lautenbach vor. An mehreren Standorten werden insgesamt rund 300 ha Pachtland bewirtschaftet. Die Flächen liegen zwischen 210 und 420 Meter über dem Meeresspiegel. Die Bodenqualität variiert zwischen 18 und 70 Bodenpunkten. Die Fruchtfolge besteht aus Raps, Weizen und Gerste.

Ein weiteres Standbein der Domäne sind 1 700 Mastschweineplätze, die auf zwei Standorte verteilt sind. Riedl berichtete, dass er beim Winterweizen 23 Prozent weniger geerntet habe als im Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Beim Raps und der Gerste lagen die Erträge leicht über dem Durchschnitt der letzten Jahre. Mäuse auf Weizenäckern und Gelbverzwergungsvirus im Wintergetreide bereiteten im abgelaufenen Erntejahr große Probleme.

Uwe Roth, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Werra-Meißner, wies darauf hin, dass diese Probleme das ganze Kreisgebiet und Gesamthessen betreffen. Er berichtete von Flächen mit 2 000 bis 4 000 Mäusen pro ha. Die Nagetiere könnten innerhalb einer Vegetationsperiode etwa vier bis acht Tonnen Futter (Gras, Kräuter, Sämereien und Getreide) fressen. Um die Mäuseplage in den Griff zu bekommen, fordert der Kreisbauernverband Werra-Meißner die Freigabe des Einsatzes von Mäuseködern an Feldrainen und Straßenrändern auf so genannten Nichtzielflächen. Weil die Mäuse sich dort ansonsten ungehindert vermehren können und angrenzende landwirtschaftliche Flächen heimsuchen.

Des Weiteren fordert der Verband die Wiederzulassung insektizider Beizen, die selbstverständlich nützlingsschonend sein müssen, zur Blattlaufbekämpfung, um so der Ausbreitung des Gelbverzwergungsvirus im Wintergetreide wirksam begegnen zu können.

hbv – LW 36/2015
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