Weizen bringt wegen Notreife unterdurchschnittlichen Ertrag
Pressegespräche zur Getreideernte in Hessen
„Bei der Wintergerste sind die Erträge zum Teil besser ausgefallen als aufgrund der langanhaltendenden Trockenheit zunächst befürchtet. Im Durchschnitt liegen die Erträge etwa 10 Prozent unter dem sehr guten Vorjahresniveau.“ Das sagte der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, am Montag auf einem Pressegespräch zur Getreideernte vor zahlreichen Medienvertretern in Bad Nauheim-Schwalheim im Wetteraukreis.

Foto: Bernd Weber
Winterweizen – mehr als die Hälfte der Getreidefläche
Beim Winterweizen, der mit 165 000 ha mehr als die Hälfte der hessischen Getreidefläche von rund 300 000 ha einnimmt, sei die Ernte jetzt angelaufen. Die lang anhaltende Trockenheit und extreme Hitzeperioden im Juli hätten dazu geführt, dass der Winterweizen viel zu früh abreifte und somit notreif wurde.
Die bislang gemeldeten Ertragsergebnisse lägen im Mittel 20 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. Bei den anderen Getreidearten, der Sommergerste, dem Roggen, Triticale und Hafer rechnet der Bauernverbandspräsident wegen des Niederschlagsdefizits mit unterdurchschnittlichen Erträgen, die je nach StandÂort mehr oder weniger stark ausgeprägt sind.
„Der Winterraps hat ebenfalls sehr unter der Trockenheit gelitten. Während der Blühphase und danach fehlte das Wasser“, so Schneider. Dagegen sei es zur Zeit der Aussaat des Rapses, im August des vergangenen Jahres, viel zu nass gewesen. Hinzu kam ein hoher Schädlingsdruck, zum Beispiel durch Schnecken. Aufgrund des Verbots eines wirksamen Beizmittels gegen den Rapserdfloh und die kleine Kohlfliege, konnten diese Schädlinge nicht wirksam bekämpft werden. Auch deshalb liegen die vorliegenden Druschergebnisse bis zu 25 Prozent unter dem Vorjahresniveau.
„Der Silomais kam nach der Aussaat überhaupt nicht in die Gänge. Ihm machten die niedrigen Nachttemperaturen und das fehlende Wasser zu schaffen“, betonte Schneider. Es sei fraglich, ob der damit verbundene Entwicklungsrückstand von etwa vier Wochen bis zur Ernte im September noch aufgeholt werden könne. Bei den Zuckerrüben ist HBV-Präsident Schneider zuversichtlich, dass diese bis zur Haupternte im Oktober und November noch zulegen.
Wiesen und Weiden verdorrt
„Durch die extreme Trockenheit und sengende Hitze an einigen Tagen der letzten Wochen sind die Wiesen und Weiden total verdorrt“, stellte Präsident Schneider mit Sorge fest. Nach dem ersten Grünlandschnitt sei fast nichts mehr nachgewachsen. Daher seien Futterengpässe vorprogrammiert. Der Hessische Bauernverband habe deshalb eine Grundfutterbörse eingerichtet, um Anbieter und Nachfrager zusammenzuführen. Schneider zeigte sich erleichtert darüber, dass die politisch Verantwortlichen in Wiesbaden und Berlin auf sein Drängen hin eine Ausnahmeregelung erlassen hätten, dass der Aufwuchs von Bracheflächen seit dem vergangenen Dienstag zu Futterzwecken genutzt werden könne.

Foto: Martin Fromme
Auch in der Wetterau macht die Trockenheit Probleme
Herwig Marloff, Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Wetterau/Frankfurt und Kreislandwirt, bestätigte die Aussagen von HBV-Präsident Schneider und hofft darauf, dass der Mais, Zuckerrüben und Kartoffeln von den Niederschlägen der letzten Wochen profitieren werden. Er kritisierte politische Reglementierungen und den hohen Flächenverbrauch in der Wetterau. „Das Greening hat uns Bauern besonders weh getan“, hob Marloff hervor. Es sei ein Verbrechen an den hungernden Menschen, fünf Prozent der Ackerfläche aus der Produktion zu nehmen. Das gelte vor allem für die Wetterau, die seit der Römerzeit wegen ihrer fruchtbaren Böden als Kornkammer bezeichnet wird. Landwirt Hendrik Emich, auf dessen Hof das Pressegespräch stattfand, bewirtschaftet einen 65 ha Ackerbaubetrieb mit Schweinemast und Legehennenhaltung. Mit Hilfe eines Bohrstocks zeigte der junge Betriebsleiter den Journalisten, dass der Regen der letzten Tage nur die obersten fünf bis zehn Zentimeter der Bodenkrume durchfeuchtet hat, darunter ist alles ausgetrocknet.
Beim Pressegespräch am vergangenen Freitag in Hohenstein wies der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Rheingau-Taunus, Thomas Kunz, darauf hin, dass die Niederschläge 2015 an der LLH-Wetterstation in Idstein von April bis Mitte Juni nur 50 Prozent des langjährigen Mittels ausmachten. Im Kreis zeichne sich für die Ackerbaubetriebe, wie auch für die Grünlandbetriebe eine deutliche Differenzierung ab, während in der Idsteiner Senke, die Rückgänge prognostiziert bei 10 bis 20 Prozent liegen, sind es in den Höhenlagen des Untertaunus und des Rheingaus bis zu 50 Prozent.
hbv – LW 30/2015