Der Hauptschädling im Kartoffelanbau ist nach wie vor der Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata); er verursacht sowohl als Larve als auch als adulter Käfer Blattrand- und Lochfraß. Blattläuse können normalerweise im Rahmen der Kartoffelkäfer-Bekämpfung mit erfasst werden. Die gegen Drahtwürmer nur in Notfallsituationen zugelassenen Pilzmittel schwanken in ihrer Wirksamkeit sehr stark. Martin Nanz vom DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück informiert über die aktuellen Möglichkeiten gegen Kartoffelschädlinge und über Prognosemodelle.
Der ausgewachsene Käfer überwintert im Boden der Kartoffelfelder. Die Käfer müssen von den vorjährigen Kartoffelfeldern in die aktuellen einwandern. Für das Erstauftreten der Käfer wurde ein Prognosemodell entwickelt: SIMLEP1-Start, das unter der Internetplattform www.isip.de verfügbar ist. Es prognostiziert das Datum des möglichen Erstauftretens der Kartoffelkäfer und das Erstauftreten der Eigelege.
Kartoffelkäfer schlüpfen über einen langen Zeitraum
In rheinland-pfälzischen Versuchen von 2003 bis 2005 variierte der Beginn des Käferschlupfes zwischen dem 11. und dem 23. April. Die letzten Käfer schlüpften in der letzten Maidekade. Da die Käfer nach dem Einwandern einen etwa zweiwöchigen Reifungsfraß durchführen, erscheinen die Eigelege danach. Mit dem Prognosemodell wird das mögliche Erstauftreten der Eigelege vorhergesagt. Erst ab diesem Datum ist eine Feldkontrolle notwendig. Nach in der Regel vier bis zwölf Tagen schlüpfen die Larven. Innerhalb von 14 bis 30 Tagen werden vier Larvenstadien durchlaufen. Bei kontrollierten Bedingungen im Labor (20 bis 23 °C) schlüpften die Larven nach rund einer Woche. Bekämpft werden sollten die kleinen, stecknadelkopfgroßen Larvenstadien, die sich zuerst auf der Blattunterseite aufhalten und dadurch wenig auffallen. Diese sind wesentlich leichter zu bekämpfen als die größeren Larvenstadien.
Prognosemodell SIMLEP3
Eine Hilfe zum optimalen Bekämpfungstermin des Kartoffelkäfers stellt das Prognosemodell SIMLEP3 dar, ebenfalls unter www.isip.de. Dieses schließt sich an das Prognosemodell SIMLEP1-Start an (s. vorne). Möchte der Landwirt eine schlagspezifische Berechnung der Kartoffelkäferentwicklung erreichen, muss er zwei Daten festhalten: Die letzte Bonitur ohne Eigelege und eine Bonitur nach Erscheinen der Eigelege mit Anzahl der Eigelege pro 25 Pflanzen. Hierzu sind wöchentliche Bestandeskontrollen notwendig. Falls diese Daten nicht festgehalten wurden, sollte man sich an die Beratung wenden. Ersatzweise kann auch das Datum „Aufruf zur Feldkontrolle“ aus dem SIMLEP1-Start-Prognosemodell eingesetzt werden. Das ist der Termin, zu dem 95 Prozent der Käfer geschlüpft sind und eine Feldkontrolle auf Eigelege notwendig wird. Die Praxis erhält Hinweise zum Zeitraum des Massenauftretens von Eigelegen, zum Erstauftreten von Jung- und Altlarven sowie eine Vorprognose und eine endgültige Prognose zum optimalen Bekämpfungstermin.
Bei optimaler Terminierung kann eine Anwendung ausreichen
Die Bekämpfungsschwelle für eine Behandlung beträgt 15 Larven pro Pflanze. Erfahrungsgemäß werden die spätere Sorten mit der späteren Blattentwicklung stärker befallen als Frühkartoffelbestände, die zum Auftreten des Kartoffelkäfers bereits ein starkes Kraut entwickelt haben. Wenn der Termin richtig getroffen wird, ist im günstigsten Fall nur eine Insektizidanwendung notwendig, ansonsten zwei bis drei. Zu einer optimalen Bekämpfung gehört auch, dass die Temperaturansprüche der verschiedenen Insektizide beachtet werden. Aus der Praxis hört man häufig Klagen über Minderwirkungen von Pyrethroiden, die bei Temperaturen über 25 °C eingesetzt werden und dann auch noch gegen die großen Larvenstadien.
Insektizidresistenzmanagement und Bienenschutz
Der Kartoffelkäfer zählt zu den Insekten mit der höchsten Anzahl bekannter Resistenzfälle (300) weltweit (Michigan State University, 2016). Es sind verschiedene Wirkstoffklassen betroffen, unter anderem Pyrethroide, Carbamate, Organophosphate und Neonicotinoide. Auch in Deutschland sind Resistenzen nachgewiesen worden, beispielsweise gegenüber Pyrethroiden. Seit 2004 werden bei der ZEPP in Bad Kreuznach jährlich Resistenzuntersuchungen mit verschiedenen Wirkstoffklassen und nach unterschiedlichen Methoden durchgeführt. Kartoffeln werden zwar kaum von Bienen beflogen, blühende Unkräuter können aber die Attraktivität erhöhen. Obwohl manche Sorten kaum noch Blüten bilden, sollten die Bienenschutzauflagen beachtet werden. Zahlreiche gegen Kartoffelkäfer zugelassene Insektizide (beispielsweise Biscaya, Coragen, Cyperkill, Danjiri, Lambda WG, Karate Zeon, Mospilan, Neem Azal) haben die Kennzeichnung „Das Mittel wird als schädigend für Populationen von Bestäuberinsekten eingestuft. Anwendungen des Mittels in die Blüte sollten vermieden werden oder insbesondere zum Schutz von Wildbienen in den Abendstunden erfolgen.“ Selbst wenn die Insektizide als nicht bienengefährlich eingestuft sind, sollten sie daher nach Möglichkeit abends eingesetzt werden.
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