Lohnt sich die Beweidung mit Milchkühen noch? Mit dieser Frage setzte sich kürzlich der Arbeitskreis Weide des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen intensiv auseinander. Lukas Kiefer, Universität Hohenheim, informierte über Ergebnisse von 100 Betrieben der letzten drei Wirtschaftsjahre.
Für die Stallhaltung von Kühen sprechen eine hohe Poduktivität bei einer am Laktationsverlauf angepassten Fütterung der Hochleistungstiere. Viele Landwirte stellen sich daher die Frage, ob die Weidehaltung noch zeitgemäß ist. Analysiert wurden 100 Betriebe aus Hessen, Baden-Württemberg und Bayern hinsichtlich ihrer ökonomischen Kennzahlen sowie der Produktionstechnik. Sie wurden zu gleichen Teilen konventionell und ökologisch bewirtschaftet.
Die Hälfte der Betriebe realisiert die Halbtagsweide, 25 Prozent die Vollweide mit Kurzrasenweide und 25 Prozent die Vollweide mit saisonaler Frühjahrsabkalbung. Im Durchschnitt umfassten die Herden 46 Kühe mit einer Jahresmilchleistung (ECM) von 6 100 kg pro Kuh. Die Grobfutterleistung liegt bei 3 800 kg ECM. Dabei zeichnen sich die konventionell wirtschaftenden Betriebe durch eine höhere Milchleistung (400 bis 900 kg ECM) und einen niedrigeren Milchpreis aus. Allerdings liegt deren Grobfutterleistung zwischen 500 bis 700 kg ECM geringer im Vergleich zu den ökologischen Betrieben.
In allen drei Wirtschaftsjahren zeigte sich, dass die Betriebe mit einer saisonalen Frühjahrsabkalbung eine höhere Grobfutter- und Milchleistung aufwiesen, gegenüber den asaisonalen Vollweidebetrieben.
Oberes Viertel konkurrenzfähig
Die 25 Prozent besten Weidebetriebe erwirtschafteten ein positives kalkulatorisches Betriebszweigergebnis (Unternehmergewinn). Damit erzielten sie einen ähnlich hohen Gewinn pro Kuh wie das obere Viertel der Betriebe des Rinderreports Baden-Württemberg. Dieser betrug in dem Wirtschaftsjahr (WJ) 2009/10 circa 1 472 Euro/Kuh. Allerdings war dafür der höhere Milchauszahlungspreis bei den Weidebetrieben entscheidend. Dieser unterschied sich zu den 25 Prozent besten Rinderreport- Betrieben im WJ 2009/10 um 12 Cent pro kg Milch zugunsten der 25 Prozent besten Weidebetriebe.
Der Unternehmergewinn fiel in diesem Wirtschaftsjahr mit 1,2 Cent pro ECM in beiden Vergleichsgruppen ähnlich hoch aus. Die Weidebetriebe unterscheiden sich von den Rinderreport-Betrieben in einer deutlich kleineren Betriebsgröße, einer schlechteren Flächenverwertung und einer niedrigeren Milchleistung. Ein höherer Milchpreis und geringere Kraftfutterkosten ermöglichten dennoch die Vollkostendeckung.
Niedrigere Futterkosten und weniger Futterbergungsaufwand
Festzuhalten ist, dass obwohl Stallkühe oft mehr Milch produzieren als Weidekühe, das Einkommen des Landwirts bei erfolgreichen Weideherden dennoch häufig mindestens auf gleicher Höhe liegt. Der wichtigste Grund liegt in eingesparten Futterkosten bei Weidehaltung. In guten Weidebetrieben ist auch die Entlohnung der eingesetzten Arbeitszeit wegen eines geringeren Futterbergungsaufwandes höher.
Festgestellt wurde, dass sich durch Nutzung des kostengünstigen Weidefutters in Verbindung mit einem niedrigeren Maschinenbesatz die Kosten senken lassen. Das Mittel der Weidebetriebe konnte jedoch die Vollkosten im WJ 2009/10 nicht decken. Wichtig ist, dass Bedingungen, wie Niederschlag, Flächengröße, Hofnähe, optimaler Graswuchs und ein optimales Fruchtbarkeitsmanagement passen.
Mögel, LLH Griesheim – LW 46/2012