Der Maiszünsler hat sich als bedeutendster Schädling im Maisanbau etabliert und wandert stetig weiter Richtung Nord-Westen. In Hessen und Rheinland-Pfalz ist nahezu jeder Maisschlag vom Maiszünslerbefall betroffen. Allerdings ergeben sich große Unterschiede bezüglich der Befallsstärke. Die biologische Bekämpfung mit Trichogramma-Schlupfwespen kann heute großflächig mittels Multikoptern erfolgen.
Auch 2015 war wieder in vielen Regionen deutlicher Befall vorzufinden, der eine Bekämpfung notwendig macht. Hinsichtlich der Maiszünslerbekämpfung stehen dem Landwirt verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, die gut kombiniert werden können. Die biologische Bekämpfung des Maiszünslers mit Trichogramma-Schlupfwespen ist seit über 30 Jahren in der Praxis erprobt und das einzige großflächige biologische Bekämpfungssystem im Ackerbau. Neben den alten Einsatzgebieten von Südeuropa bis Deutschland erschließen sich zunehmend Märkte in Osteuropa, weil dort der Maiszünsler immer größere Probleme bereitet.
Maisstoppel wird zunehmend gemulcht
Insbesondere für große Flächen wird nach neuen maschinellen Ausbringungsmöglichkeiten für die kleinen Eiparasiten gesucht. Nach ersten Projekten in 2014 konnte die Ausbringung der Schlupfwespen mit Multikoptern 2015 auch in Hessen breit in der Fläche angeboten werden. Auf 470 ha warfen Multikopter Trichogramma-Schlupfwespen ab. Begrüßenswert ist auch der zunehmende Einsatz von Mulchgeräten zur Stoppelbearbeitung nach der Ernte. Da hochwertige, schlagkräftige Mulcher recht teuer sind, werden die Leistungen meist im Lohn angeboten. Bei optimaler, bodennaher Zerkleinerung wird effektiv der Maiszünslerbefall reduziert und durch die verbesserte Rotte einem Fusariumbefall vorgebeugt. Bei einigen Biogasanlagen gehört diese Maßnahme bereits verpflichtend zum Anlagenkonzept.
Insektizideinsatz bei 2 m hohen Beständen
Insbesondere bei stärkerem Befall, im Körnermais, sowie in Regionen, wo das Mulchen nach der Ernte aufgrund der Bodenverhältnisse nicht möglich ist, bietet der Einsatz eines Insektizids eine gute Bekämpfungsmöglichkeit. Vor allem der Einsatz von Coragen hat sich in Versuchen und Praxisanwendungen mit Wirkungsgraden von meist deutlich über 90 Prozent als hervorragendes Präparat zur Maiszünslerbekämpfung herausgestellt. Problematisch ist meist die Wuchshöhe des Maises von bis zu 2 m beim optimalen Bekämpfungstermin zum Larvenschlupf, die dann nur mit speziellen Hochradschleppern durchgeführt werden kann.
Zwar gehörte das Jahr 2015 nicht zu den ausgesprochenen Maiszünslerjahren, dennoch gab es regional verbreitet mittleren bis starken Befall. Auffällig starker Befall resultierte vor allem aus einem sehr langen Falterflug, der sich vielerorts sechs bis acht Wochen hinzog. Seit 2015 stehen die Falterfänge des Maiszünslers im Internetportal des Pflanzenschutzdienstes Hessen und des LLH dem Landwirt zur Verfügung und sind auch über Smartphone abrufbar. In Südhessen und der Wetterau setzte der Falterflug nach der ersten warmen Periode ab Mitte Juni ein, in Nord- und Osthessen ab Ende Juni. Der Flug dauerte landesweit je nach Standort bis Ende Juli/Anfang August. Mit der sehr heißen Witterung Anfang Juli war auch der Flughöhepunkt mit der Haupteiablage im Süden erreicht. In Nordhessen war dies während der letzten Julidekade der Fall. Hier kam es auch im Laufe des Juli immer wieder zu Niederschlägen, was zu höherer Eiablage und allgemein zu etwas stärkerem Befall als in Südhessen führte. Insbesondere im Körnermais kam es örtlich zu nennenswertem Kolbenbefall bis 18 Prozent.
Trichogramma – was ist das?
Auf einen BlickNahezu jeder Maisschlag in Hessen und Rheinland-Pfalz ist vom Maiszünsler betroffen.
Insbesondere bei trockener, warmer Sommerwitterung (Ende Juni bis Ende Juli) ist mit stärkerem Befall zu rechnen.
Die Schadschwelle liegt für Körnermais bei 25 bis 30 und für Silomais bei 35 bis 45 Prozent befallener Pflanzen.
Da sich bis zu 70 Prozent der Larven zum Erntetermin im unteren Stängelbereich befinden, wird durch Mulchen eine deutliche Reduzierung des Larvenpotenzials und eine bessere Rotte zur Fusariumreduzierung erreicht. Möglichst alle Landwirte in einer Region sollten sich daran beteiligen.
Zur Bekämpfung stehen mehrere Insektizide zur Verfügung. Coragen hat sich in Versuchen mit Wirkungsgraden von 94 Prozent als das beste Präparat herausgestellt.
Ebenso stehen verschiedene Trichogramma-Verfahren mit Schlupfwespen als biologisches Verfahren zur Verfügung. Die Ausbringung per Multikopter vereinfacht die Anwendung, auch auf großen Flächen.
Die richtigen Bekämpfungstermine werden über den Warndienst/Beratungsfax, Ansagedienst und die Internetseite des Pflanzenschutzdienstes/LLH bekanntgegeben.
Die Bestellung der Trichogrammen sollte bis Ende April erfolgen.
LenzBei Trichogramma handelt es sich um Schlupfwespen, die natürliche Gegenspieler verschiedener Schadschmetterlinge sind. Die winzigen Nützlinge werden speziell gezüchtet und begeben sich in mehreren Schlupfwellen auf die Suche nach Maiszünslereigelegen. Sie laufen die Maispflanzen ab und parasitieren die Eigelege des Maiszünslers. Sie legen ihre eigenen Eier in die des Maiszünslers. Dann schlüpfen daraus neue Trichogrammen, die sich erneut auf die Suche nach neuen Eigelegen machen. Auf dem Markt gibt es drei Firmen, die verschiedene Ausbringungsverfahren anbieten. Die Firmen AMW aus Pfungstadt, Biocare aus Einbeck und Fenaco-Ufa Samen aus der Schweiz. Entweder als Kugeln zum Werfen oder als Kärtchen/Anhänger/Boxen aus Pappe zum Einhängen an die Pflanze. Je nach Ausbringungsform müssen 100 Kugeln/ha oder 25 bis 50 Kärtchen/ha ausgebracht werden. Bei jedem Verfahren ist gewährleistet, dass sich pro Hektar mindestens 100 000 Schlupfwespen befinden. Für eine einmalige Ausbringung, insbesondere bei schwächerem bis mittlerem Befall, bevorzugt in Silo-/Biogasmais gibt es Angebote mit 200 000 Tieren/ha.
Die Ausbringung erfolgte bislang fast ausschließlich per Hand, wozu 15 bis 20 Minuten/ha nötig sind. In dieser Form ist die Ausbringung aber nur für kleinere Flächen bis etwa 10 ha geeignet. Mit dem Einsatz von Multikoptern ergeben sich für Betriebe mit großen, beziehungsweise viel Fläche, Möglichkeiten, dieses biologische Verfahren anzuwenden.
Schlupfwespen müssen bei langem Zuflug ersetzt werden
Der lang anhaltende Flug, der häufig zum Ende hin deutlich zunahm und die nachfolgende Eiablage machten die Trichogramma-Anwendung in den letzten beiden Jahren schwierig. Auf solchen Standorten sowie im Körnermais wird daher eine zweimalige Anwendung dringend empfohlen. Eine Ausbringung deckt trotz der in den Kugeln enthaltenden mehreren Schlupfraten maximal einen Bekämpfungszeitraum von zehn bis 14 Tagen ab. Egal ob 100 000 oder 200 000 Tiere ausgebracht werden. Insbesondere die sehr heiße Witterung Anfang Juli 2015 hat den Schlupfwespen zu schaffen gemacht und Lebensdauer, Laufleistung und Parasitierung negativ beeinflusst. Diese Punkte sollten bei der Auswahl des richtigen Trichogramma-Verfahrens berücksichtigt werden. In Auswertungen auf Praxisfächen wurden Wirkungsgrade bis über 90 Prozent bei optimalem Einsatz und bei sehr starkem Befall, spätem Flug und hoher Eiablage von etwa 50 Prozent erzielt.
Multikopter mit hochprofessioneller Technik
Multikopter gehören zu den unbemannten Flugsystemen. Sie sind äußerst flexibel, leise und umweltfreundlich, da sie mit Akkus betrieben werden. Die für die Ausbringung von Trichogramma benötigten Geräte sind mit hochprofessioneller Technik ausgestattet und kosten bis zu 30 000 Euro. Die Multikopter haben ein Gewicht von maximal 5 kg bei bis zu 2 kg Nutzlast und fliegen je nach Akku bis zu 30 Minuten. Sie haben je nach Ausführung vier bis acht Rotoren und sind manuell und vollautomatisch steuerbar. Für den Einsatz dieser Kleinhubschrauber ist eine Aufstiegsgenehmigung bei der zuständigen Luftfahrtgenehmigungsbehörde erforderlich. In Hessen erteilt diese das Regierungspräsidium Kassel. Die in 2015 guten Erfahrungen werden auch für dieses Jahr genutzt.
Voraussetzungen für den Multikoptereinsatz
Die GPS-Technologie bietet insbesondere bei der Multikopter-Trichogrammaausbringung eine optimale gleichmäßige Verteilung auf der Fläche für eine gute Wirkung. So wurden beispielsweise in Nordhessen 2015 auf großen Schlägen mit insgesamt über 140 ha Trichogrammen ausgebracht. Der Multikopter hat einen Vorratsbehälter für 5 ha und befliegt diese Fläche in 15 bis20 Minuten.
Vorteile des Systems sind
Die Kosten für die Anwendung sind vergleichbar mit einer Insektizidanwendung bei 50 bis 90 Euro/ha. Dabei liegen die reinen Ausbringungskosten für den Multikopter bei 15 bis 22 Euro/ha. Für Flächen mit stärkerem Befall und bei verzetteltem, lang anhaltendem Maiszünslerflug ist die zweimalige Ausbringung ratsam.
Flächendaten rechtzeitig an Dienstleister übermitteln
Wichtige Voraussetzung für einen reibungslosen Ablauf ist die rechtzeitige Erfassung und Bereitstellung der Flächendaten. Für die Ausbringung müssen die Flächenkoordinaten bei der Ausbringungsfirma in ein Computersystem eingegeben werden, worauf dann die Flugroute und Abwurfpunkte der Fläche berechnet werden. Die Koordination der Bestellungen und die Bereitstellung der Flächendaten erfolgt in Hessen über die Maschinenringe. Federführend ist der Maschinenring Wetterau (www.mr-wetterau.de). Hier können sowohl Bestellungen als auch die Flächendaten in einem Digitalen Erfassungssystem erstellt und eingegeben werden. Gebündelte, einheitliche Flächendaten können über die Maschinenringe direkt an die Ausbringungsfirma weitergegeben werden. Als Dienstleister für die Ausbringung der Trichogramma-Kugeln stehen nach den guten Erfahrungen aus 2015 die Firmen Aerpixx aus Stuttgart und Agripilots aus Dresden zur Verfügung. Mittlerweile gibt es weitere Firmen auf dem Markt, die diese Dienstleistungen anbieten, auch als Internetauftrag. Um den richtigen Ausbringungstermin zu gewährleisten, wird in Hessen das Verfahren über die Maschinenringe empfohlen.
Eine weitere zentrale Schnittstelle ist die Raiffeisen Zentralgenossenschaft in Karlsruhe. Sie koordiniert den Hauptmarkt für Trichogramma. In Baden-Württemberg wurden 2015 auf rund 30 000 ha Schlupfwespen eingesetzt. Auch die Ausbringungstermine für Hessen und Rheinland-Pfalz werden mit Karlsruhe abgesprochen, da dort Ware und Flächenkoordination für die Dienstleister koordiniert werden. Die Nützlinge werden jährlich nach verschiedenen Qualitätskontrollen untersucht. So beispielsweise beim JKI, wo unter anderem Schlupfrate, Parasitierungsrate, Lebensdauer untersucht werden. Gut ausgebildete und erfahrene Piloten sind zur Steuerung der Multikopter erforderlich. Meist Personen aus dem Modellflugbereich oder Luft-und Raumfahrttechniker.
Bestimmung des richtigen Ausbringungstermins
Für die Bestimmung des richtigen Ausbringungstermins ist die Überwachung des Maiszünslerfluges, der Eiablage und des Larvenschlupfes erforderlich. Diese Aufgaben erledigen in Hessen der Pflanzenschutzdienst und die Pflanzenproduktionsberater des LLH. Dazu werden Licht- und Pheromonfallen, sowie Schlupfkäfige aufgestellt und kontrolliert und Feldkontrollen durchgeführt. Der Maiszünslerflug ist auf den Internetseiten des PSD und des LLH abrufbar (www.llh.hessen.de/pflanzenproduktion). Die Umsetzung des Verfahrens verlangt eine gute Koordination zwischen Landwirt, Trichogramma-Produzenten, Ausbringungsfirma, Handelsstufe, Maschinenring und Pflanzenschutzdienst/LLH. Wer die Möglichkeit dieses umweltfreundlichen Bekämpfungsverfahrens testen will, sollte daher die Ware rechtzeitig bestellen. Die Produktion der Trichogrammen und der gesamte Multikoptereinsatz erfordert einen entsprechenden Vorlauf.
Michael Lenz, RP Gießen Pflanzenschutzdienst Hessen – LW 15/2016