Aktuell sind Anfang August die meisten Grünland-Flächen zwei- oder schon dreimal geschnitten, vereinzelt wächst erst der zweite Aufwuchs heran. Nun müssen die Bewirtschaftungsmaßnahmen für den Rest der Vegetationsperiode abgestimmt werden mit dem Ziel, dass das Potenzial genutzt wird und die Bestände dann gut durch den Winter kommen und zum nächsten Vegetationsbeginn sofort wieder austreiben.
Die Bewirtschaftung und Beerntung der Grünlandbestände verlief bisher witterungsbedingt sehr unterschiedlich. Es herrschte vielfach gutes „Grünlandwetter“ mit regelmäßigen Niederschlägen und dementsprechend relativ wenig Sonnenschein und kaum stabilen Wetterphasen, wo problemlos die Beerntung möglich war. Besonders die Heuernte war vielfach schwierig beziehungsweise unmöglich. Viele Bestände waren überwachsen, da die Massenbildung unter den Bedingungen enorm war und mengenmäßig Rekorderträge eingefahren wurden. So gab es im Mai und Juni, wo zusammen fast 300 mm Niederschlag fielen (Wetterstation Wiersdorf), insgesamt sieben Tage ganz ohne Niederschlag. Wenn der optimale Erntezeitpunkt getroffen wurde, sind natürlich auch die Qualitäten weitgehend noch zufriedenstellend.
Nutzung muss in aller Regel noch vorgesehen werden
Die jetzt heranwachsenden Aufwüchse werden entsprechend ihrer Zusammensetzung, der Standortbedingungen und den tatsächlichen Witterungsverhältnissen (viele Flächen sind sehr nass) naturgemäß unterschiedlich ausfallen. Vor allem Bestände mit dem sehr wertvollen Deutschen Weidelgras wachsen weiter und bringen unter den Bedingungen noch hohe Mengenerträge. Dabei muss bedacht werden, dass diese Grasart eine sehr intensive Nutzung mit hoher Schnitthäufigkeit (mindestens 4 Schnitte im Durchschnitt der Jahre) braucht, dementsprechend auch enorme Jahreserträge liefert, aber sehr schnell auf Überständigkeit und unterlassene Pflegemaßnahmen negativ reagiert und im Anteil entsprechend zurückgeht.
Herbstaufwüchse bilden hauptsächlich Blattmasse aus, da die Pflanzen ihre Blüten- und Samenbildung eingestellt haben. Dementsprechend können wertvolle Gräser über mehrere Wochen eine gewisse Energiedichte halten. Diese erreicht selbstverständlich nicht mehr die hohen Werte, die bei einem frühen Schnitt im Frühjahr möglich sind. Die Schnittnutzung und Verwertung dieses an sich sehr wertvollen Futters kann problematisch sein. Die Gefahr der Futterverschmutzung ist sehr hoch. In den Herbstaufwüchsen werden in der Regel höhere Rohascheanteile mit gravierenden Folgen auf den Silierprozess festgestellt.
Nicht zu tief mähen, um Verschmutzungen zu vermeiden
Generell ist eine nicht zu tiefe Einstellung der Mähwerke (siehe unten) Grundvoraussetzung dafür, die Verschmutzung der Silage zu verhindern beziehungsweise in Grenzen zu halten. Im Herbst werden auf intakten Böden größere Mengen von Regenwurmlosungen abgesetzt, die bei Tiefschnitt mit dem Futter vermischt werden. Besonders ist Vorsicht geboten bei Vorhandensein von Lücken und/oder Maulwurfshaufen beziehungsweise Wühlmausschäden im Bestand. Im Extremfall kann in solchen Situationen ein Abschleppen sinnvoll sein. Wie immer ist die tatsächlich eintretende und schwer im Voraus zu kalkulierende Witterung für den Erfolg letztlich entscheidend. Eine Herbstnutzung muss geplant werden und dann sehr flexibel erfolgen. Es muss ein Kompromiss zwischen Standortverhältnissen und Nutzungstermin gefunden werden. Bewirtschaftung unter zu nassen Bedingungen führt, besonders bei hohem Tonanteil (schwere Böden), zu Unebenheiten und zu nachhaltigen Schäden. Der Einsatz eines geeigneten Silierhilfsmittels muss bedacht werden.
Erneuerungsmaßnahmen und Nachsaaten jetzt ins Auge fassen
Eine optimale Nutzung der Herbst-aufwüchse ist sicherlich durch Beweidung möglich. Dabei muss der geringe Rohfaseranteil des Materials bedacht werden. Bei Beweidung unter nassen Bedingungen beziehungsweise sehr später Beweidung ab Mitte Oktober ist die Gefahr durch Trittschäden hoch. Nach der Weidenutzung sind in der Regel Pflegemaßnahmen wie Abschleppen und Nachmahd notwendig, um überständiges Futter und Geilstellen zu beseitigen. Sehr nachteilig für die Winterhärte ist auch eine zu scharfe Beweidung im Herbst, da im Prinzip der gleiche Effekt wie bei Tiefschnitt eintritt. In allen Fällen, wo sichergestellt ist, dass eine komplette Neuanlage nicht zu umgehen ist, sollte dies bis etwa Mitte September erledigt sein, um die Winterhärte zu gewährleisten. Dies gilt ebenso für Nachsaaten. Für jeden Nutzungszweck (intensiv-extensiv) stehen Standardmischungen (G-Mischungen) zur Verfügung.
Pflegemaßnahmen im Herbst
In den Höhenlagen ist Anfang bis Mitte Oktober das Hauptwachstum beendet. Beobachtungen in den vergangenen Jahren zeigten immer wieder, dass Bestände vielfach zu hoch in den Winter gehen. Ist eine Nutzung nicht mehr vorgesehen oder nicht mehr möglich oder nach einer letzten Nutzung ein Überwachsen der Bestände nicht zu vermeiden, ist unbedingt noch ein Mulchgang durchzuführen. Dieser kann bis Ende Oktober notwendig werden, da Gräser bei Temperaturen von 8 bis 10° C noch Zuwachs haben. Die optimale Mulch- oder Schnitthöhe im Herbst liegt je nach Zeitpunkt bei 6 bis 8 cm. Sowohl ein zu kurzer als auch ein zu kräftiger Grasbestand ist nachteilig für die Überwinterung und beeinflusst die Entwicklung und Ertragsbildung im kommenden Frühjahr 2017 deutlich negativ. Bei tieferem Abschneiden werden die Vegetationskegel verletzt und der Wideraustrieb im Frühjahr verzögert sich, da dann keine Reserven mehr vorhanden sind. Der Zeitpunkt des letzten Schnittes oder Mulchganges darf auch nicht zu spät gewählt werden. Die Pflanzen müssen noch die Möglichkeit erhalten, nach der letzten Nutzung oder dem Pflegemulchen etwas zu wachsen, um vor Winter genügend Reservestoffe einzulagern und die Überwinterungshöhe von 8 bis 10 cm zu erreichen.
Zu viel Pflanzenmasse fördert Unkräuter, Schimmel und Mäuse
Bei zu hohen Pflanzen ist die Gefahr von Verpilzungen (wie Schneeschimmel) hoch, die die Winterhärte besonders der wertvollen Weidelgräser herabsetzen und somit ein Entarten der Bestände über Winter begünstigen. Bei Auswinterung von wertvollen Pflanzen werden Lücken gebildet, in die immer unerwünschte Arten (Gemeine und jährige Rispe, Ampfer, Quecke, Löwenzahn, Hahnenfuß, Vogelmiere) einwandern. Man sieht auch häufig ungepflegte Bestände, in den diese unerwünschten Arten im Herbst noch zum Aussamen kommen und somit ein riesiges Samenpotenzial hinterlassen. Ist die anfallende Pflanzenmasse beim Mulchgang zu hoch, muss das Material abgefahren werden. Mattenbildungen zerstören die Narben, werden ebenfalls verstärkt von Pilzen befallen und bilden die Basis für Mäusepopulationen. Diese spielen nach den Niederschlagsereignissen der Vergangenheit zurzeit keine Rolle. Diesbezüglich müssen aber unbedingt die Flächen beobachtet und gegebenenfalls Vorsorgemaßnahmen getroffen werden. Mäuse können, wie die Vergangenheit zeigt, ganze Grünlandbestände zerstören. Bei leichtem bis mittlerem Besatz ist das Aufstellen von Sitzkrücken für Greifvögel eine altbewährte Methode der Bekämpfung.
Auch bei der Düngung gilt: nicht zu viel und nicht zu wenig
Neben den beschriebenen Nutzungsparametern hat der Ernährungszustand der wertvollen Gräser einen entscheidenden Einfluss auf die Winterhärte. Hohe Stickstoffmengen besonders in Kombination mit höheren Temperaturen regen natürlich die Gräser zur Massenbildung an. Andererseits sind nicht gedüngte und unter Mangel leidende Bestände wesentlich anfälliger für Pilzkrankheiten (Roste) und senken dementsprechend die Winterhärte. Eventuelle N-Düngungsmaßnahmen müssen von der Intensität der Nutzung und Jahresdüngung abhängig gemacht werden. Hohe Nutzungsintensitäten verlangen über die Schnitte verteilt hohe Düngemengen. Unter solchen Bedingungen, besonders auch bei hohem Wirtschaftsdüngereinsatz, sind eher noch Restmengen vorhanden als bei sparsameren Bestandesführungen.
Positive Wirkung der Herbstgülle
Wenn eine letzte Nutzung noch vorgesehen wird, ist sicherlich eine Begüllung in vernünftiger Höhe (zirka 15 m3/ha) angemessen. Nur in Ausnahmefällen kann eine Mineraldüngergabe von etwa 30 kg N/ha sinnvoll sein. Grundsätzlich ist in zahlreichen Versuchen und Erhebungen die positive Wirkung einer Herbstgülle (auch nach einer Nutzung) auf den Wiederaustrieb und die Ertragsbildung im kommenden Frühjahr nachgewiesen worden. Dies gilt insbesondere für weidelgrasreiche, also intensiv genutzte Bestände. Die ausgebrachte Menge kann dann in die Düngeplanung im Folgejahr integriert werden. Wenn keine Nutzung mehr vorgesehen ist, sollte die Herbstgülle nicht zu früh auf die Flächen kommen, um ein Überwachsen mit allen Nachteilen und notwendigen Folgemaßnahmen zu verhindern. Nach hinten begrenzt die Sperrfrist, die für Grünland ab dem 15. November gilt, die Ausbringmöglichkeit. Dabei ist es sehr kritisch, die Ausbringung bis kurz vor Beginn der Sperrfrist hinaus zu zögern, da dann häufig die Flächen wegen hoher Niederschläge nicht befahrbar sind. Ab etwa Ende Oktober sollten Mengen von ebenfalls maximal 15 m3 /ha ausgefahren werden. Bei niedrigen Temperaturen wird der Ammonium-Stickstoff in den Narben konserviert und kann im Frühjahr in der Düngeplanung voll angerechnet werden (bei 15 m3/ha etwa 30 kg N/ha). Weideflächen sollten nicht mit zusätzlicher Gülle gedüngt werden (Auswaschung von Stickstoff).
Stefan Thiex, DLR Eifel – LW 31/2016