Die Vorderpfalz war am Wochenende besonders stark von Sturm, Regenfällen und Hagelschauern betroffen. Gemüse- und Kartoffelflächen stehen unter Wasser, den Betrieben entstehen Ernteausfälle in Millionenhöhe. Der rheinland-pfälzische Landwirtschaftsminister Dr. Volker Wissing und BWV-Präsident Eberhard Hartelt machten sich am Montagabend in Dannstadt-Schauernheim ein Bild von der Lage. Wissing sagte den betroffenen Erzeugern schnelle und unbürokratische Hilfe zu.
Der Regen kam für die Gemüse- und Kartoffelerzeuger in der Vorderpfalz zu dem denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, nämlich kurz vor der Ernte der wichtigsten Kulturen. Bis zu 120 l Regen fielen von Freitag bis Sonntag innerhalb von 30 Stunden und verwandelten Gemüse- und Kartoffelflächen in einem Gebiet von Dannstadt-Schauernheim in nördliche Richtung bis Frankenthal und von Hochdorf-Assenheim östlich bis nach Oggersheim in Seenlandschaften. Örtlich hagelte es auch noch kräftig oder der Starkregen schädigte die Blätter. Die Gräben und Vorfluter sind randvoll, das Wasser kann nicht von den Flächen abfließen. Die Landwirte versuchen an vielen Stellen, das Wasser abzuleiten oder abzupumpen. Aber nur mit geringem Erfolg, weil die Gräben teilweise über die Ufer treten und die Wassermassen nicht fassen können.
Rund 25 000 Euro Schaden pro Hektar
Wissing ließ sich von den betroffenen Gemüse- und Kartoffelerzeugern die Schäden zeigen, je nach Kultur betragen die Verluste 15 000 bis 35 000 Euro je Hektar. Radieschen, Blumenkohl, Rucola oder Kartoffeln sind in vielen Fällen nicht mehr zu retten, sie sterben ab und verfaulen. „Wir haben viele angeschlagene Bestände“, sagte Uwe Beutelmann aus Hochdorf-Assenheim. „Schlimmer noch ist aber, dass uns die Kundschaft und der Markt wegbricht, wenn wir jetzt nicht mehr liefern können. Wenn sie einmal weg ist, bleibt sie es auch bis zum Saisonende.“ Johannes Trauth, Vorstandssprecher des Pfalzmarktes, kalkuliert mit 10 bis 15 Mio. Euro Schaden durch die Ertragsausfälle für den Pfalzmarkt und damit auch für die Gemüseerzeuger, die ihre Produkte dort anliefern.
Mindestens 100 Gemüseerzeuger sind betroffen
Martin Steig, Gemüseerzeuger aus Mutterstadt, schätzt, dass etwa 100 Gemüseerzeuger von den Wasserschäden betroffen sind. „Die Schadenssumme für den Einzelbetrieb kann sehr groß sein. Wie groß der Schaden wirklich ist, wird sich erst in den nächsten Tagen zeigen.“ Seit dem 10. Mai hat für die Gemüseerzeuger die Vollernte begonnen. Viele Kulturen waren fast erntereif. „In den nächsten vier Wochen hätten wir das Geld verdient.“ Steig fürchtet, dass die betroffenen Flächen auch in den nächsten Wochen nicht wieder bestellt werden können, weil der Grundwasserpegel in der Region so hoch steht, dass jeder Regenschauer auf den Ackerflächen wieder Staunässe produziert. Zumal die Kulturen mindestens acht Wochen wachsen müssen, bis sie geerntet werden können.
Die Ursache muss behoben werden
Es ging den betroffenen Gemüseerzeugern aber nicht nur darum, auf die finanziellen Sorgen, die durch das Unwetter entstehen, aufmerksam zu machen. Vielmehr zeigten sie dem Minister, was ihrer Meinung nach der Auslöser für das Wasserproblem auf den Feldern ist: Das nicht korrekt funktionierende Entwässerungssystem. „Durch Hagel entsteht ein begrenzter Schaden, gegen den man sich versichern kann. Das Wasserproblem aber ist großflächig, darüber wollen wir mit Ihnen reden“, sagte Hartelt. Seit Jahren werde über ein Konzept diskutiert, die Pläne liegen in der Schublade. Aber umgesetzt wurden sie bisher nicht, weil es vor allem von Seiten des Umweltschutzes Einwände gab. Die Gemüseerzeuger erläuterten dem Minister, dass vor allem die kleineren Vorfluter und Bäche nicht tief genug sind, um das Wasser aus dem Floßbach aufzunehmen. Zudem sei das Isenach-Eckbach-Grabensystem so ungepflegt, dass sich das Wasser an vielen Stellen staue und nicht weiter in Richtung Rhein fließen könne. „Außerdem wurden viele Polder gebaut, die das Regenwasser zwar kurzfristig aufnehmen, es aber unkontrolliert innerhalb kurzer Zeit wieder abgeben. Dann drückt das Wasser von der Haardt zu uns. Wir sind zur Badewanne der Vorderpfalz geworden. Das kann es nicht sein.“ Andreas Renner aus Mutterstadt machte seinem Unmut Luft.
„Ich sehe, welches Ausmaß die Schäden haben“, sagte Wissing. Der Landwirtschaftsminister versprach, die Thematik der Entwässerungssysteme prüfen zu lassen und forderte den Bauernverband auf, die bestehenden Pläne an sein Ministerium weiterzuleiten. „Wasserschäden sollten eigentlich vermeidbar sein“, sagte Wissing. Den betroffenen Gemüseerzeugern versprach er unbürokratische und schnelle Unterstützung. Dem DLR erteilte er den Auftrag, die Schäden so schnell wie möglich zu erfassen und die Erzeuger dabei zu beraten, zu retten was zu retten ist. „Außerdem werde ich mit der Finanzministerin reden, ob eine Stundung der Einkommenssteuer-Vorauszahlung kurzfristig möglich ist.“ Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Schäden erfasst sind, solle geprüft werden, welche Hilfe möglich ist.
Weitere Bilder zu den Hochwasserschäden finden Sie hier.
ibs – LW 22/2016