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Anbau-Risiken verringern

Versicherungen im Ackerbau prüfen

Das Erzeugen von Agrarprodukten ist oft an unvorhersehbaren Ereig­nis­­sen geknüpft. Wer wie die Landwirte mit den Launen der Natur umzugehen hat, muss bei der Herstellung von Gütern oder der Bereit­stellung von Dienstleistun­gen meist auch Risiken einge­hen. Daniel Rittershaus, Vereinigte Hagelversicherung VVaG Gießen, befasst sich im Beitrag mit Möglichkeiten, Versicherungslösungen zu integrieren, um ökonomische Risiken im Pflanzenbau zu verringern.

Im vergangenen Jahr traten im Frühjahr regionale Starkregenereignisse auf, von denen besonders junge Pflanzen von Mais und Rüben (siehe Foto) betroffen waren. In Hanglagen können bei besonders heftigen Niederschlägen großflächig Erosionen auftreten. Foto: Vereinigte Hagel

Um mit den vielfältigen Risiken in der betrieblichen Erzeugung besser umgehen zu können, bedarf es zunächst ihrer Identifi­kation sowie der Bewertung und schließlich Steuerung. Unterscheiden lassen sich hier insbesondere externe und interne Risiken. Zu den externen zählen beispielsweise Politikrisiken wie die zukünftige Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik, wie zum Beispiel in der einzelbetrieb­lichen Investitionsförderung, oder auch Änderungen im Baurecht wie neue Auflagen durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz sowie Markt- und Preisrisiken, Vandalismus und Diebstahl. Interne Risiken können etwa durch Liquiditätsmangel, Haftpflichtschäden und Arbeitsunfälle entstehen, aber auch durch Tierkrankheiten, Seuchen oder Wetterextreme.

Ökonomie muss im Vordergrund stehen

Klimatische Einflüsse oder extreme Wetterereignisse wie beispielsweise das Hochwasserer­eig­­nis im Frühjahr vergangenen Jahres, das mit rund zehn Milliar­den Euro zu Buche schlug, und regional gravierende Ernteausfälle im Sommer durch Hagelschaden führen dazu, dass bei den wachsenden und zugleich immer weiter spezialisierten Betrieben in der Landwirtschaft Versicherungslösungen als Bestandteil des Risikomanagements benötigt werden.

Innerbetriebliche agronomische Maßnahmen wie Kulturschutz durch Folien oder Netze sind nicht für alle Kulturen oder Regionen sinnvoll und rechnen sich meist nur bei hohen Eintrittswahrscheinlichkeiten von Unwettern. Eine Streuung der Anbauflächen und eine Ausdehnung des Kulturspektrums widersprechen einem betriebswirtschaftlich sinnvollen Bestreben nach Spezialisierung und Arrondierung. Eine nach den betrieblichen Erfordernissen ausgerichtete Versicherungslösung sollte als eine außerbetriebliche Maßnahme zur Steu­­erung von Produktionsrisiken zur Verfügung stehen. Eine wirtschaftliche Absicherung des Pflanzenbestandes ermöglicht, individuelles betriebswirtschaftliches Risikoma­nage­ment zu betreiben und das landwirtschaftliche Einkommen durch die Deckung unvorhersehbarer Ertragsausfälle zu stabilisieren. Zudem kann eine Versicherung flexibel an veränderte Risikobedingungen wie Preisänderungen, Kulturwechsel oder unterschiedliche Wettergefahren angepasst werden.

Versicherbare Gefahren und Ermittlung der Prämie

Landwirtschaftliche Kulturen können im Zuge der Pflanzenversicherung hierzulande gegen Hagel, Sturm, Starkregen und Starkfrost abgesichert werden. In einigen europäischen Nachbarländern sind darüber hinaus weitere Gefahren wie Trockenheit oder Überschwemmung versicherbar. Möglich ist das in Ländern wie Italien oder den Niederlanden jedoch nur durch die staatliche Förderung von bis zu 80 Prozent der Versicherungsbeiträge. Die Entscheidung über die Versicherungssumme trifft der Landwirt selbst. Der Versicherungsnehmer legt dazu einen so genannten Hektarwert fest, den er versichern möchte. Der Hektarwert richtet sich nach dem Wert des Bestandes auf dem Feld und ergibt sich aus der erwarteten Erntemenge und dem Preis (Menge mal Preis).

Innerhalb eines von der Versicherung vorgegebenen Korridors kann nun der versicherte Landwirt den Wert individuell be­stimmen. Die zu versichernde Kultur und der Hektarwert werden aufgrund des Fruchtwechsels und der erwarteten Preisentwicklung jedes Jahr für die ein­zelnen Flächen neu festgelegt.

Auch bei Dauerkulturen kann der Wert den Gegebenheiten angepasst werden. Im Anbauverzeichnis werden diese Angaben entsprechend jedes Jahr innerhalb einer vertraglich festgelegten Frist aktualisiert. Abhängig von dem gewählten Deckungsumfang – Hagel oder zusätzlich weitere Gefahren – und der jeweiligen Risikolage wird daraus der Versicherungsbeitrag für den Risikoschutz berechnet. Durch die mögliche Vereinbarung einer Selbstbeteiligung (Franchise) kann weiterer Einfluss auf die Prämiengestaltung genommen werden.

Feststellung und Regulierung des Schadens

Bei der Pflanzenversicherung handelt es sich um eine Versicherung des konkret festgestellten Ertragsverlustes. Durch Sondervereinbarungen können für bestimmte Fruchtarten auch Quali­tätsverluste mit versichert wer­den. Im Schadenfall meldet der betroffene Landwirt die entsprechenden Flächen zunächst seiner Versicherung. Er gibt dabei das Datum des Schadens­er­eig­nisses sowie die betroffenen Flächen an. Innerhalb weniger Tage, bei bestimmten Kulturen noch am selben oder darauffolgenden Tag, begutachten die Sachverständigen den Schaden und stellen im Beisein des Landwirts – je nach Vegetationsstadium – eine vorläufige oder auch schon endgültige Schadenquote fest. In der Regel werden, mit Ausnahme von Ernteschäden oder sehr leichten Schäden, direkt nach dem Schadenfall die verschiedenen Schadfaktoren (Blattverlust, Abschläge, Knickungen und weitere Kriterien) festgestellt.

Endgültige Bewertung des Schadens erfolgt zur Ernte

Die endgültige Bewertung des Schadens erfolgt in Prozent vom festgelegten Hektarwert kurz vor der Ernte. Nach Feststellung der endgültigen Schadenquote erhält der Versicherte den entsprechenden Anteil seines festgelegten Hektarwertes ausgezahlt. Die Versicherungsleistung erfolgt spätestens dann, wenn er auch die Verkaufserlöse für das verlorene Erntegut erzielt hätte. Die Pflanzenversicherung stellt damit einen Baustein für das betriebliche Risikomanagement dar und sichert den mengenmäßigen, in besonderen Fällen auch den qualitätsmäßigen, Ertragsverlust ab und kann als Bestandteil eines individuellen betrieblichen Risikomana­gementes eingesetzt werden.

 – LW 11/2014
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