Schäden durch Hagel und Starkregen

Arbeitshinweise nach Unwetterschäden

Nach einer turbulenten Woche meldete das Anbaugebiet Pfalz Starkregen, der zu teils nicht mehr befahrbaren Weinbergen führte. Am 24. Juni fielen sintflutartige Regenmengen im Raum Bad Dürkheim, Grünstadt-Sausenheim, Dackenheim oder Ellerstadt mit 90 bis 118 mm innerhalb weniger Stunden. Auch in der Südpfalz um Göcklingen und Edesheim gab es Starkregen. Wo Begrünungen die Wassermassen nicht aufhalten konnten, gab es Abschwemmungen, teils wurden junge Reben komplett ausgespült. Nach einer weitgehend trockenen Phase über das Wochenende gab es im Raum Bad Dürkheim am 28. Juni erneut innerhalb einer Stunde 40 bis 50 mm Regen. Im Raum Weisenheim/Sand, Ellerstadt und Freinsheim richtete zudem Hagel in Jung- und Ertragsanlagen beträchtliche Schäden an.

Die Reben der überschwemmten Junganlage nach dem Starkregen brauchen schnell wieder Luft an den Wurzeln.

Foto: Gerd Götz

Durch die starken Regengüsse wurde vor allem in offenen Gassen Boden ausgespült und junge Reben teils abgeschwemmt. In weiten Teilen herrschte noch 14 Tage zuvor Wassermangel und Nachpflanzreben hatten Trockenstress gezeigt. Jetzt sind Weinberge teils stark vernässt und Böden nicht mehr aufnahme­bereit für neue Regenfälle. Verschlämmte, verdichtete und offengehaltene Böden haben ein schlechtes Infiltrationsvermögen (wenig Grobporen), sodass weniger Wasser versickert und der Regen oberflächlich in Gräben und Rinnen abfließen muss. Der Juni brachte überdurchschnittliche Regenmengen in der Pfalz. Die wenigsten Juni-Niederschläge hatten Neustadt und Ruppertsberg, die höchsten zeichteten die Wetterstationen in Sausenheim, Dackenheim, Ellerstadt, Freinsheim, Kallstadt und Bad Dürkheim auf. Hier wurde teils die vierfache Menge der durchschnittlichen Juni-Niederschläge gemessen.

Nach dem unterkühlten Mai ist die Vegetation im Juni förmlich „explodiert“. Eine gute Nährstoff- und Wasserversorgung in Verbindung mit viel Sonnenlicht und mäßig warmen Temperaturen fördert nun die Zellteilung in den Beeren, überdurchschnittliche Beerengewichte sind wahrscheinlich. Starke Verrieslungen sind ausgeblieben, auch bei empfindlichen Sorten wie Riesling oder Traminer. Durch die Niederschläge haben sich viele Trauben geputzt, jedoch hängen je nach Sorte noch Käppchen an den Beerchen. Kompakte Burgundersorten, Schwarzriesling oder Portugieser erreichen in frühen Lagen schon den Traubenschluss.

Reben sind vital – Laubarbeiten intensiv und zeitlich komprimiert

Die meisten Anlagen stehen dieses Jahr frohwüchsig, sattgrün und vital da. Folglich sind Heft- und Laubarbeiten intensiver und zeitlich komprimiert. Der erste Laubschnitt wurde häufig bereits durchgeführt. Es ist abgewägen, ob er einige Tage verschoben werden kann, um kleinere Beerengrößen und eine aufgelockerte Traubenstruktur zu erzielen. Andererseits sind umgeknickte Triebe, schlechtere Abtrocknung und überhängende Triebe beim Pflanzenschutz ungeschnittener Reben nachteilig. Laubschnitt und Entblätterung sollten vor dem Pflanzenschutz erfolgen. Aber unter kritischen Bedingungen sind die Regenlücken für den Pflanzenschutz zu nutzen.

Teilentblätterung ist aus Sicht der Traubengesundheit und Weinqualität sehr wichtig. Sonnenlicht härtet das Gewebe ab und sorgt für hohe Widerstandfähigkeit gegen Pilzkrankheiten. Auch dem späteren Beerenplatzen kann durch frühe Abhärtung vorgebeugt werden. Welches Verfahren zum Einsatz kommt, ist geräte-, betriebs- und sortenabhängig, aber auch eine Zeit- und Kostenfrage. Lohnunternehmen stellen Verfahren zur Wahl.

Soll gleichzeitig eine Auflockerung und moderate Ertragsreduktion stattfinden, ist die frühe Druckluft-Entlaubung sinnvoll. Blütenreste werden mitentfernt. Hohe Schlagkraft haben Zupfwalzensysteme, die aber keine Traubenteile herausnehmen und totes Gewebe (potenzielle Botrytisquelle) nicht ausblasen. Eine beidseitige Entblätterung ist zu einem frühen Stadium ratsam. Je wüchsiger die Reben und je dichter die Laubwände (Geiztriebbildung bei Portugieser, Kerner), umso wirkungsvoller ist die Entblätterung. Bei empfindlichen Sorten wie Riesling, Bacchus, Sauvignon Blanc sollten nur die Ost- und Nordseiten entblättert werden, auch bei frühen Maßnahmen.

Auch St. Laurent, Dornfelder, Burgunder oder Müller-Thurgau hatten in den heißen Vorjahren teils starken Sonnenbrandschäden. Daher sollten Süd- und Westseiten ohne Beschattung durch Nachbarzeilen (entlang von Wegen) nicht entblättert werden. Die örtlichen Erfahrungen zeigen wo es Probleme gab. Ob eine spätere Vegetation wie 2021 zu weniger Sonnenbrand führt, ist zu bezweifeln. Gerade bei feuchten Bedingungen und hoher Wuchskraft überwiegen die Vorteile gegen Botrytis deutlich die Schäden durch Sonnenbrand (oder sensorisch höhere Phenolgehalte). Entsprechend ist abzuwägen. Bis Erbsengröße oder beginnendem Traubenschluss sollte der erste Durchgang beendet sein – je nach Region Mitte Juli (Südpfalz).

Die Reben der überschwemmten Junganlage nach dem Starkregen brauchen schnell wieder Luft an den Wurzeln.

Foto: Gerd Götz

Massiver Hagelschlag an den noch jungen Trauben.

Foto: Gerd Götz

Bodenpflege nach nassen Verhältnissen

Einige Hinweise, wie mit nassen, teils nicht befahrbaren Böden umgegangen werden sollte, sind aus aktuellem Anlass wichtig. Ein durchnässter oder gar überschwemmter Boden ist selbst mit leichtem Gerät nicht genügend fahrfest. Dauerbegrünungen sind bei Nässe noch am ehesten befahrbar, in Hanglagen ist die Rutschgefahr aber auch hoch. Zudem sind Unebenheiten durch Abschwemmungen oder aufgeworfene Erdklumpen aus dem Un­terstock­bereich fatal, wenn der Schlepper oder Nachläufer ins Schwimmen gerät. Erosionsrillen im Unterstockbereich sind hier sehr kritisch und bergen Gefahr. Auch Senken oder ausgefahrene Vorgewende können die Geräte in manövrierunfähige Situationen bringen.

Im Zweifel ist eine halbwegs sichere Tragfähigkeit der Böden abzuwarten, um Schäden an Gerät und Reben zu verhindern. Mäßige Bodenverdichtungen und Fahrspuren sind unter solchen Umständen unvermeidlich. Diese sollten nicht unmittelbar im nassen Zustand beseitigt werden, sonst wird es bei erneutem Niederschlag noch kritischer. Junge Reben mit teils freiliegenden Wurzeln sollten umgehend wieder abgedeckt werden.

Begrünungen sind zu entwässern und Strukturverbesserungen der Böden in jeglicher Hinsicht von Vorteil. Eine Einsaat ist bei Nässe allenfalls von Hand durch Übersaat möglich (Gelbsenf, Phacelia). In der Regel reicht das Samenpotenzial im Boden aus, um eine geschlossene Begrünungsdecke in wenigen Wochen zu bewirken. Meist sind länger unbearbeitete Gassen durch auflaufende Samenpflanzen wie Amarant, Weißem Gänsefuß, Schwarzem Nachtschatten bereits begrünt. Erst bei hohem Wuchs (Beschattung, schlechte Abtrocknung der Traubenzone) sollte dieser Teppich gemulcht oder gewalzt werden, da ein stehender Bestand mehr Wasser entzieht als ein gemähter oder liegender Pflanzenfilz. Eine mechanische Bearbeitung der Böden ist angesichts der hohen N-Mobilisierung der Böden und Wuchskraft der Rebanlagen kaum anzuraten. Eventuelle Ausnahme sind schwachwüchsige zwei- und dreijährigen Junganlagen in jeder zweiten Gasse. Ansonsten sind nur Saatbettbereitungen für Herbst- und Wintereinsaaten zielführend.

Auflaufende Samenunkräuter sind in der Lage, die Böden rasch zu entwässern und wieder fahrfest zu machen.

Foto: Gerd Götz

Böden in Jungfeldern brauchen wieder Luft

Auf stark verschlämmten und verkrusteten Böden sollte nach Abtrocknung der Oberböden eine grobe Locke­rung erfolgen, damit Luft an die Wurzeln kommt und Staunässe beseitigt wird. Es reicht aus, den unmittelbaren Bereich um die Reben mit einem Lockerungszinken zu rissern. Auf alle Fälle muss das Wasser aus staunassen Bereichen abfließen können, sodass Wurzeln nicht durch Luftabschluss zu faulen beginnen. Eine grobe Lockerung ist zur Erosionsminderung von Vorteil. Auch Abdeckungen mit Stroh oder Rindenmulch bieten Erosionsschutz, sie vermindern aber auch die Verdunstung und können die Staunässe noch verschärfen.

Die Einsaat einer Sommerzwischenbegrünung aus schnell keimenden Pflanzen schafft Porenvolumen und hält mit dem Wurzelsystem den Boden fest. Der Bereich unmittelbar um die Reben sollte bewuchsfrei gehalten werden. Bei anhaltendender Trockenheit ist die Begrünung kurzzuhalten oder grob einzuarbeiten. Mit auflaufenden Naturbegrünungen wird ebenso verfahren. Wo absehbar keine Befahrung möglich ist, sollte der Pflanzenschutz durch motorbetriebene Rückensprühgeräte durchgeführt werden. Durch Querapplikation können mehrere Reihen pro Durchgang behandelt werden, dies ist schlagkräftiger als einreihige Behandlungen mit handbetriebenen Pump­spritzen.

Maßnahmen nach massivem Hagelschlag

Während in Bad Dürkheim im Bereich Feuerberg und Fronhof, Freinsheim und Weisenheim 20 bis 70 % der Beeren geschädigt oder abgeschlagen sind, ist in Teilen der Gemarkung Ellerstadt ein Ausfall von bis zu 100 % zu erwarten. Blätter und Trauben wurden stellenweise durch den Hagel abgeschlagen, lediglich die grünen Sommertriebe sind, wenn auch beschädigt, noch im Spalier. Je nach Scha-den muss unterschiedlich agiert werden. Wenig betroffene Anlagen werden sich wieder erholen. Teilweise werden Erträge durch größere Beeren kompensiert. Abgeschlagene Triebe und welke Blätter sollten, vor allem in der Traubenzone, zum Botrytrisschutz entfernt werden.

In stark geschädigten Anlagen ist kein Triebrückschnitt zu empfehlen. Die Laubwandpflege beschränkt sich auf die Gesunderhaltung der jungen Blätter und den Laubschnitt. Wo Ertrag zu erwarten ist, die Traubenzone später gut auslichten oder maschinell entblättern. Ob im Winter auf Zapfen geschnitten werden sollte, ist von den Triebschäden abhängig und muss nach einem Biegetest entschieden werden. Frühes Biegen im Dezember/Januar bei frostfreier, feuchter Witterung führt zu den geringsten Bruchschäden nach Hagel.

In Junganlagen sollten jetzt nur die geknickten Triebspitzen abgezwickt werden und kein starker Rückschnitt erfolgen. Es wachsen neue Geiztriebe aus den Achsel­augen. Günstige Geiztriebe dienen als Verlängerung des Triebes. Nur bei massiver Schädigung (starke Wundnarben) lässt man alles wachsen und schneidet im Winter auf zwei Augen zurück. Aufgrund der günstigen Wuchsverhältnissen wird es meist möglich sein, einen gut ausgereiften, weitgehend wundfreien Trieb als Stamm zu bilden.

Gerd Götz, DLR Rheinpfalz – LW 27/2021