Die Veranstaltung des LLH, des Pflanzenschutzdienstes und des vlf-Friedberg letzten Donnerstag in Nieder-Mockstadt fand im Rahmen der Sachkundefortbildungen statt und beschäftigte sich neben dem Bienenschutz mit aktuellen Pflanzenbaumaßnahmen und den Regelungen zum Nachweis der Sachkunde bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.
Nachdem zunächst Themen rund um den Ackerbau wie zum Beispiel Fungizideinsätze im Getreide und Sortenempfehlungen behandelt worden waren, referierte Dr. Ralph Büchler zu „Gefahren für Bienen in der Agrarlandschaft“.
Solitär lebende Bienen haben andere Ansprüche
Der Leiter des Bieneninstitutes im nordhessischen Kirchhain stellte klar: „Es gibt nicht nur die Honigbiene; in Deutschland sind über 500 verschiedenen Bienenarten heimisch, die meist einzeln leben und unterschiedliche Lebensweisen haben.“ Lediglich die Honigbiene sei ein staatenbildendes Insekt und durch diesen Umstand zum Teil anderen Gefahren ausgesetzt als ihre solitär lebenden Verwandten.
Daraus leitete Büchler unterschiedliche Schutzziele für diese Arten ab, die nicht nur in der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln bestehen, sondern auch die Struktur der Agrarlandschaft betreffen. „Denn große Getreideschläge stellen für viele Bienenarten ein unüberwindliches Hindernis dar und sie können eventuell dahinterliegende Futterquellen nicht erreichen.“
Bestäubung sichert 9,5 Prozent der Nahrungsmittelproduktion
„Die Bestäubungsleistung von Insekten ist vor allem im Obstbau gefragt“, so der Experte. Aber auch der Rapsanbau profitiere vom regelmäßigen Besuch durch Bienen und andere Insekten. Etwa ein Drittel der weltweit angebauten Nahrungspflanzen sei von der Bestäubung durch Insekten abhängig, und 9,5 Prozent der weltweiten Nahrungsmittelproduktion sei auf diese Art der Pollenübertragung angewiesen.
Imker und Bauern haben sich voneinander entfremdet
Ein entscheidendes Problem für die Bienenhaltung sei in den letzten Jahren der stetige Rückgang der Imker gewesen. Zwar steige deren Zahl seit 2009 wieder leicht an, dies aber hauptsächlich im Bereich der Hobby-Imker im eher städtischen Umfeld. „Auf dem Land – beispielsweise im Vogelsberg – gibt es zum Teil im Umkreis mehrer Dörfer keinen einzigen Bienenstock mehr“, kritisierte Büchler.
Und noch ein Umstand habe sich in den letzten Jahrzehnten verändert: Während früher viele Landwirte auch selbst Bienenhalter gewesen seien, gebe es diese Kombination heute praktisch gar nicht mehr. Dies habe auch zur Folge, dass nicht nur die Imker wenig von der Landwirtschaft verstünden, sondern auch viele junge Landwirte nicht über den Nutzen und die Lebensweise der Bienenvölker Bescheid wüssten.
Bienensterben hat nichts mit Pflanzenschutzmitteln zu tun
Das Bienensterben, das vor allem 2003 und 2004 für Aufsehen gesorgt hatte, sei im Rahmen eines bundesweiten Monitorings gründlich untersucht worden, so Büchler. Als eindeutige Ursache wurde der Befall mit Varroa-Milben und damit einhergehend verschiedener Viren diagnostiziert. Die so geschwächten Völker hätten dann der damals ungünstigen Witterung verbunden mit Nahrungsmangel nichts mehr entgegenzusetzen gehabt.
Auch Zusammenhänge mit anderen Faktoren wie der Volksstärke, Art der Haltung oder der Betriebsform des Imkers hätten nicht festgestellt werden können. „Wir haben in Deutschland eine völlig andere Struktur als beispielsweise in den USA, wo zur Bestäubung verschiedener Kulturen unzählige Bienenvölker durchs Land gefahren werden und die professionellen Imker für die Bestäubungsleistung und nicht für die Produktion von Honig bezahlt werden“, verdeutlichte der Bienenexperte. Und er stellte unmissverständlich fest: „In Deutschland werden keine Bienen durch Pflanzenschutzmittel getötet.“
Rückstände im Honig sind unbedenklich, aber reduzierbar
Büchler betonte aber auch: Unbedenkliche Rückstände von Pflanzenschutzmitteln sind sowohl im Bienenbrot als auch im Honig messbar und können durch gezielte Maßnahmen weiter reduziert werden. „Die Rückstände finden sich vor allem im Bienenbrot, also dem Futter für die Nachzucht; denn dieses ist fetthaltig und viele Pflanzenschutzmittel sind fettlöslich.“ Geringe Mengen fänden sich aber auch im Honig, was in den meisten Fällen auf die Blütenbehandlungen im Raps zurückzuführen sei.
Hier könne am wirkungsvollsten angesetzt werden, um die Rückstandsmengen weiter zu reduzieren. Denn die Kontamination erfolge hauptsächlich während und direkt nach der Spritzung. Absprachen zwischen Imkern und Landwirten, wann und wo gespritzt wird beziehungsweise die Bienenkörbe stehen, seien daher das Mittel der Wahl. Auch technisch könne durch die Verwendung von Dropleg-Düsen der direkte Kontakt der Bienen mit den Spritzmitteln weiter reduziert werden.
Bienen brauchen regelmäßige Nahrungsquellen
Ein durchaus bedeutendes Problem für die Bienen stelle die moderne Agrarlandschaft dar. Zwar werde durch den Rapsanbau im Frühjahr eine erhebliche Tracht zur Verfügung gestellt, die den Imkern Erträge lieferten, die bis vor wenigen Jahren unmöglich waren, andererseits gebe es danach Probleme, die Völker ausreichend zu ernähren. „Ein Aspekt hierbei ist die Silagewirtschaft in den Grünlandregionen; das relativ geringe, aber übers Jahr stetige Blütenangebot artenreicher Wiesen und Weiden hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen“, stellte Büchler fest.
Lösungsmöglichkeiten seien Blüh- und unbehandelte Randstreifen, der Feldfutterbau mit Leguminosen, Zwischenfrüchte und Bienenweiden sowie alle Fördermaßnahmen, die solche Strukturen unterstützen. Für die solitären Bienenarten, die in Altholz oder Erdhöhlen nisten, seien außerdem Feldgehölze eine wichtige Rückzugsmöglichkeit.
„Intensiver Ackerbau ist notwendig, aber tragen Sie mit dazu bei, die vielfältigen Bestäuber unserer Ökosysteme zu erhalten“, resümierte Büchler seinen Vortrag.
KB – LW 9/2014