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Liederbacher Ackerbautag

Informationsveranstaltung des VLF Frankfurt-Höchst

Der Liederbacher Ackerbautag ist mittlerweile Tradition. Auch dieses Jahr fanden wieder 180 Landwirte, Berater und Händler den Weg zur Informationsveranstaltung nach dem neuen Pflanzenschutzgesetz. Bei den Grußworten waren sich Amtsleiter Dr. Karl-Heinz Heckelmann und Kreislandwirt Karlheinz Gritsch einig, dass Weiterbildung und Beratung allerdings auch im Zusammenhang mit der Wasserrahmenrichtlinie nicht zum Zwang führen darf.

Ein Feldversuch mit resistentem Windhalm. Foto: Herbert Becker, LLH

Die Vergangenheit zeige, dass sich Landwirte aus eigenem Antrieb fortbilden und informieren würden, um die Pflanzenproduktion auf den neuesten Kenntnisstand zu halten. Moderiert wurde die Tagung von Dr. Nikolaus Bretschneider-Herrmann vom Amt für den länd­lichen Raum.

Herbizidresistenz ist ernst zunehmendes Problem

Nora Steckler vom Pflanzenschutzdienst Hessen berichtete, dass sich der Zeitraum für den „Spritzen-TÜV“ um ein Jahr verlängert hat. Feldspritzen, die eigentlich dieses erste Halbjahr geprüft werden müssten, brauchen nun erst im ersten Halbjahr 2015 zum TÜV. Alle bisherigen Nachweise, welche die Sachkunde im Pflanzenschutz belegen, werden in ein neues einheitliches Format überführt. Der neue einheitliche Sachkundenachweis in Form einer Scheckkarte wird beim Pflanzenschutzdienst Hessen beantragt. Ab dem 26. November 2015 ist der neue Sachkundeausweis in Verbindung mit dem Personalausweis beim Einkauf von Pflanzenschutzmitteln oder bei Kontrollen vorzuzeigen. Zudem ist eine Fortbildungspflicht eingeführt worden. Jede sachkundige Person hat dann alle drei Jahre an einer anerkannten Fortbildung teilzunehmen und bekommt eine Teilnahmebeschei­nigung ausgestellt. Für die Landwirte, die regelmäßig zu Fachveranstaltungen gehen, ändert sich demzufolge nicht viel.

Dr. Dominik Dicke vom Pflan­zenschutzdienst Hessen warnte, dass Ackerfuchsschwanz, Windhalm und auch Taube Trespe zunehmen. Je höher der Ungrasdruck in den Flächen, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von na­­türlich vorkommenden resistenten Ungräsern, die Herbizidbehandlungen überleben und diese Resistenz an ihre Nachkommen vererben. Er mahnte diese problematische Entwicklung ernst zu nehmen und Vorbeugemaßnahmen zu Verringerung des Ungrasbesatzes zu treffen. Aus einer neuen englischen Studie des Jahres 2013 geht hervor, dass durch den Einbau von Sommerungen im Vergleich zum Anbau von Winterungen die Ungrasdichte um 88 Prozent reduziert werden kann. Durch den Einsatz des Pfluges kann die Ungrasdichte im Vergleich zu nicht wendender Bodenbearbeitung um 69 Prozent reduziert werden.

Die Verschiebung des Saattermins auf den Zeitraum Ende Oktober bis Anfang November kann den Ungrasdruck um bis zu 50 Prozent senken. Vor dem Hin­tergrund der Entwicklungen in England, wo Herbizide gegen Ackerfuchsschwanz kaum bis keine Wirkung mehr zeigen, sollte beim Ungrasmanagement daher zukünftig verstärkt ein Schwerpunkt auf die genannten ackerbaulichen Maßnahmen gelegt werden. Sollte wendende Bodenbearbeitung nicht in Frage kommen, müssen die anderen ackerbaulichen Stellschrauben umso stärker reguliert werden. Werde nicht gegengesteuert, würden sich Resistenzen von Ungräsern sehr zügig weiter ausbreiten – neue chemische Lösungen sind aber laut Dr. Dicke auf absehbarer Zeit nicht in Sicht. Er empfiehlt deswegen zur Vermeidung von Resistenzen, neben den ackerbauliche Maßnahmen auch einen konsequenten Wechsel der Wirkstoffgruppen zu praktizieren.

Typ-ll-Pyrethroide fördern Rapsglanzkäferresistenz

Weiter ging Dr. Dicke auf die Bekämpfungsmöglichkeiten von Rapsschädlingen einschließlich Vor- und Nachteile der zur Verfügung stehenden Präparate sowie auf das Resistenzmanagement bei Rapsglanzkäfern ein. Es ist darauf zu achten, dass Rapsglanzkäfer nicht mit Typ-II-Pyrethroiden behandelt werden, um die Resistenzsituation nicht noch weiter anzuheizen. Gleichzeitig hat der Bienenschutz oberste Priorität, so dass Mittel mit B1-Einstufung nur eingesetzt werden dürfen, bevor es sowohl bei Unkräutern als auch bei Kulturpflanzen erste offene Blüten im Bestand gibt.

Kohlhernie durch Sorten und Anbautechnik bekämpfen

Dr. Elke Diederichsen vom Institut für Biologie und angewandte Genetik der Freien Universität Berlin (FUB) erläuterte, dass die Krankheit Kohlhernie im Rapsanbau auf dem Vormarsch ist. Häufiger Anbau von anfälligen Kulturpflanzen wie Raps, Senf oder Kohl begünstigen die Vermehrung des Erregers Plasmodiophora brassicae. Feuchtwarme Witterung nach der Aussaat und niedrige Boden-pH-Werte machen es dem Erreger leicht, die Pflanzen zu infizieren. Da der Erreger extrem langlebig ist, sollte seine Vermehrung und damit jeglicher Befall nach Möglichkeit unterbunden werden.

Um Kohlherniebefall entgegenzuwirken, sollte ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Vorbeugung kombiniert werden. Eine zentrale Rolle spielt hierbei der Anbau resistenter Sorten, die bislang die wirksamste Methode zur Vermeidung von Befall und Erregervermehrung darstellen. Die verschiedenen Maßnahmen sind:

Seit 2001 gibt es die resistente Sorte Mendel, die zurzeit vielerorts durch Neuzüchtungen wie die Sorte „Mendelson“ abgelöst wird. Die genetische Grundlage der „Mendel“-Resistenz, die ebenso in den Neuzüchtungen vorliegt, bedingt allerdings eine rassenspezifische Wirkung dieser Resistenz. Die bisherigen Ergebnisse des Monitorings, das von Züchtern, von der Offizialberatung und der FUB durchgeführt wird, zeigen, dass diese Resistenz an den meisten Standorten bislang wirksam ist. Es treten aber regelmäßig Bestände auf, in denen auch resistente Sorten befallen sind. Weitere züchterische Verbesserung der Kohlhernieresistenz ist daher in Arbeit.

Jens Symanneck von der Firma Agricon aus Ostrau sagte, dass mittels des Einsatzes von Precision Farming im Pflanzenschutz vitale und gesunde Pflanzenbestände bei möglichst geringen Auswirkungen auf das Agrarökosystem wichtige Ziele sind.

Neue Sensoren für den Einsatz im Pflanzenschutz

Um Heterogenität und den unterschiedlichen Aufwuchsbedingungen der Pflanzen auf Ackerflächen mit zielgerichteten, statt pauschalen Dosen zu begegnen, liefern neu entwickelte Sensoren verlässliche Empfehlungen. Abhängig vom Messprinzip (Ultraschall, Reflexion, Bildverarbeitung) können Wachs­tums­regler, Fungizide, Sikkationsmittel und Herbizide zielgerichtet dosiert und appliziert werden. Grundlage bilden agronomisch fundierte Regelfunktionen für verschiedene Pflan­zenschutzmittel und Mit­tel­kombinationen. Auch durch den Landwirt vorgegebene Einstellungen sind möglich.

Bereits am Markt verfügbar ist der P3-Sensor ALS (P3 bedeutet Precision Plant Protection). Technisch basiert er auf dem bestehenden Yara-N-Sensor ALS. Wegen der Bauform in zwei separaten Sensorköpfen ist die Mon­tage am Zugfahrzeug oder Spritzenkörper individuell möglich. Die P3-Sensoren RX und US werden mittels „Quickfix-Hal­terung“ am Spritzgestänge montiert. Während das Messprinzip des RX auf Reflexion beruht, nutzt der US Ultraschall. Bei beiden Sensortypen ist die Ansteuerung einzelner Teilbreiten möglich.

VLF Höchst – LW 9/2014
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