Viele Fachinfos aus Liederbach
VLF-Ackerbautag für Landwirte, Berater und Händler
Kürzlich fand der diesjährige Liederbacher Ackerbautag gemeinsam durchgeführt vom Amt für den ländlichen Raum Bad Homburg mit dem Verband landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen Höchst als anerkannte Pflanzenschutzfortbildung statt. 150 Landwirte, Berater und Händler wurden umfassend über aktuelle Themen von Referenten aus dem gesamten Bundesgebiet informiert.
Die Tagung wurde von Vertretern der Veranstalter gemeinsam mit Kreisbeigeordnete Ingrid Hasse aus dem Maintaunuskreis eröffnet. Kerstin Petry-Meyer, Amt für den ländlichen Raum in Bad Homburg, erläuterte Details zur Umsetzung des Greenings in den Betrieben mit Blick auf die Vorgaben zur Anbaudiversifizierung, des Erhaltes von Dauergrünland und der Verpflichtung, fünf Prozent der Ackerfläche als ökologische Vorrangflächen vorzuhalten. Die drei wichtigsten Typen von ökologischer Vorrangfläche sind die Brache, der Anbau von N-bindenden Pflanzen (wie Körner- und Futterleguminosen) sowie der Anbau von Zwischenfrüchten. Wichtig sei, wie die jeweiligen Begriffe definiert werden und welche Vorschriften es dazu gibt. So versteht man unter einer Greening-Brache keine Schwarzbrache. Im Gegenteil: es besteht eine Begrünungspflicht. Auch müssen diese Flächen gepflegt werden und sich in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand befinden. Dazu ist der Landwirt verpflichtet, die Fläche einmal im Jahr zu mulchen oder zu mähen und das Mähgut abzufahren. Jede Nutzung, zum Beispiel zu Futterzwecken, ist verboten. Ackerbaulich sinnvoll ist eine aktive Begrüngung (Ansaat), wobei es keine Vorschriften bezüglich der gewählten Pflanzen-art gibt. Wählt der Bewirtschafter die Brache als ökologische Vorrangfläche, hat er zwar keinen Ertrag von dieser Fläche, kann sie aber ab 1. August wieder in die Fruchtfolge mit einer nachfolgenden Winterung oder Zwischenfrucht einbinden.Im Gegensatz dazu gibt es bei den N-bindenden Pflanzen und Zwischenfrüchte als Ökologische Vorrangflächen jeweils eine vorgeschriebene Kulturartenliste. Es dürfen bei den N-bindenden Pflanzen keine Gemenge mit „Nicht-Leguminosen“ ausgesät werden. Bei den N-bindenden Pflanzen ist eine Start-Düngung und Pflanzenschutz nach guter fachlicher Praxis erlaubt. Die Ernte darf vermarktet oder verfüttert werden. Die N-bindenden Pflanzen können nach den Greeningvorgaben in Futterleguminosen wie Luzerne, Rotklee und Weißklee und in Körnerleguminosen wie Körnererbsen, Ackerbohnen, Lupinen, SojabohÂnen unterteilt werden. Bei den Greening-Zwischenfrüchten müssen Gemenge mit mindestens zwei Arten ausgesät werden. Während es für den Anbau von Greening-Leguminosen kaum Vorschriften gibt, ist beim Zwischenfruchtanbau von der Aussaat bis zur Ernte alles geregelt. Eine organische Düngung ist bei den Zwischenfrüchten möglich, wobei die Regeln der Düngeverordnung zu beachten sind.
Körnerleguminosen in ihrer Anbaueignung erläutert
Zum Thema „Greening: N-bindende Pflanzen, Zwischenfrüchte, Randstreifen und Brache aus pflanzenbaulicher und phytopathologischer Sicht“ sprach Professor Bernd Honermeier, Leiter des Lehrstuhles für Pflanzenbau an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Hier wurde die Bewertung der Anbaueignung von Körnerleguminosen, kleinkörnigen Futterleguminosen und Zwischenfrüchten aus pflanzenbaulicher und phytopathologischer Sicht vorgenommen. Es wurde festgestellt, dass in Südhessen auf Lehm- und Lößböden vor allem mit Ackerbohnen hohe Erträge erzielt werden können. Das Ertragspotenzial der Körnerleguminosen wurde wie folgt weingeschätzt: Ackerbohne > Erbse > Blaue Lupine, Soja.
Die Ertragsstabilität der Körnerleguminosen ist bei Erbsen besser, als bei Ackerbohnen beziehungsweise als bei blauer Lupine und Soja. Alle Körnerleguminosen sind relativ empfindlich gegen Wassermangel während der Blüte (besonders Ackerbohne und Soja). Körnerleguminosen und kleinkörnige Futterleguminosen (Klee, Luzerne) haben einen hohen Vorfruchtwert. In der Nachfrucht Weizen können nach Leguminosen posiÂtive Effekte auf die Bodenstruktur, auf die Stickstoff-Verfügbarkeit im Boden und auf das SchaÂderregerauftreten (geringerer Befall mit Fusarium, Halmbruch, Schwarzbeinigkeit) erwartet werden.
Dieses kommt auch in MehrerÂträgen und geringeren Verfahrenskosten des Weizenanbaus (geringere Aufwendungen für Bodenbearbeitung, Unkrautbekämpfung und Fungizideinsatz) zum Ausdruck. Die Effekte wurden auch in einem Fruchtfolge-Versuch in Rauischholzhausen der Universität Gießen nachgewiesen (siehe Foto). Bei einer N-Düngung zum Weizen von 80 kg N/ha wurden nach der Vorfrucht Ackerbohnen im Mittel der Jahre die höchsten Kornerträge festgestellt. Bei Erhöhung der N-Düngung auf 160 kg N/ha verringern sich die Vorfruchteffekte. Die positiven Effekte der Vorfrucht werden jedoch durch die N-Düngung und durch Pflanzenschutzmaßnahmen nicht vollständig kompensiert. Man kann davon ausgehen, dass durch Leguminosen-Vorfrüchte beim Weizen Mehrerträge von fünf bis acht dt/ha und Einsparungen an N-Dünger von etwa 20 bis 30 kg N/ha (im Vergleich zu Weizen nach Weizen) möglich sind.
Greening-Vorgaben mit Zwischenfrüchten erfüllen
Als geeignete Zwischenfrüchte nach der Getreideernte kommen vor allem Kreuzblütler (Weißer Senf, Ölrettich) in Frage. In Betrieben, in denen Zuckerrüben oder Raps angebaut werden, sollten vor allem Nematoden-resistente Sorten ausgewählt werden. Daneben können auch Leguminosen (Perserklee, Seradella, Alexandriner-Klee) oder Phacelia, Futtermalve, BuchÂweizen (leichte Böden) angebaut werden. Beim Greening sind im Zwischenfruchtbau nur Mischungen zulässig. Zum Thema „Greening – Worauf ist beim Saatgut zu achten?“ sprach Dr. Jürgen Bestajovsky vom Saatzuchtunternehmen Feldsaaten Freudenberger. Für die Erfüllung der Greening-Vorgaben mit Zwischenfrüchten ist nur der Anbau von Mischungen (keine Reinsaat) von mindestens zwei Zwischenfruchtarten möglich. Dabei hat die Mischungen Folgendes zu erfüllen: es müssen mindestens zwei Arten genutzt werden, die im Verzeichnis der zugelassenen Arten aufgeführt ist, der Anteil bezieht sich auf die Anzahl der Körner pro Art und eine Art darf maximal 60 Prozent nicht übersteigen. Der Anteil an Gräsern in einer Mischung darf ebenfalls 60 Prozent (bezogen auf die Samen) nicht überschreiten. Von Herstellern werden zurzeit Mischungen angeboÂten, die den Greeninganforderungen entÂsprechen. Lieferschein und Sackanhänger müssen sechs Jahre aufbewahrt werden, um bei einer Kontrolle den entsprechenÂden Nachweis zu erbringen. So ist man auf der sicheren Seite.
Rückstellmuster bei eigenen Mischungen
Bei Erstellung von eigenen Mischungen im Betrieb, muss auf alle Fälle ein Rückstellmuster bis Ende des nächsten Kalenderjahres aufbewahrt werden. Es wird empfohlen, sich den Lieferschein sowie die Rechnung für die hier eingekauften Arten sowie Sorten von dem Händler gesondert ausstellen zu lassen.
Für die Brache ist eine aktive Begrünung zu empfehlen. Für das diesjährige Greening müsste also bis zum 1. April eine Einsaat erfolgen. Eine Mischung aus Leguminosen bringt dabei einen sehr guten Vorfruchtwert in Höhe von circa 200 Euro pro ha. Außerdem ist die Aussaat von Gräsermischungen und anderen möglich. Auch spezielle Blühmischungen zur Begrünung von PufÂferstreifen, Feldränder und weiteren werden vom Handel angeÂboten. Düngung, Pflanzenschutz und eine Nutzung ist generell nicht möglich. Vielleicht sollte man diese doch für die nachfolgende Saison planen und für dieses Jahr die ökologischen Vorrangflächen mit Zwischenfrüchten oder auch Körner- und Futterleguminosen erbringen. Die Nachfrage Saatgut für Körnerleguminosen (Ackerbohnen, Erbsen, Sojabohnen, Lupinen) ist jedoch sehr groß und es sind Saatgutengpässe zu erwarten.
Winterweizenanbau im ökologischen Landbau
Dr. agr. habil. Hartmut Spieß vom Dottenfelderhof in Bad Vilbel stellte fest Winterweizen stelÂle im Öko-Landbau eine ebenso bedeutsame Marktfrucht wie in der üblichen Landwirtschaft dar und nimmt einen entsprechend großen Anteil in der Fruchtfolge ein. Aufgrund der unterschiedlichen Bewirtschaftung beider Systeme unterscheidet sich erwartungsgemäß das Krankheitsspektrum.
Während im konventionellen Getreideanbau mit sehr dichten Beständen die Blattkrankheiten dominieren, sind es im Ökobau in erster Linie die Saatgut übertragbaren Krankheiten, die aufgrund fehlender hoch wirksamer Beizmittel Probleme bereiten. In einzelnen Jahren können jedoch auch Blattkrankheiten verstärkt auftreten, die – wie aktuell der Gelbrost – zu Ertragseinbußen führten. Zur Bekämpfung der Krankheiten kommt neben der primären Beachtung vorbeugender Maßnahmen dem Einsatz reÂÂsistenter Sorten große Bedeutung zu.
Da in der Vergangenheit keine Züchtung auf Brand- und andere Saatgut übertragbare Krankheiten stattgefunden hat und diese nicht Teil der SortenzuÂlasÂsung sind, gibt es seit einiger Zeit Bemühungen in der Bio-Züchtung, Sorten mit entsprechender Widerstandsfähigkeit zu züchten. Auch wurde ein Öko-LandÂbau konformes Saatgutbehandlungsmittel entwickelt.“
Integrierter Pflanzenschutz
Zum Thema „Ährenfusarien bekämpfen und Mykotoxine reduzieren im Rahmen eines Integrierten Pflanzenschutzsystems“ sprach Dr. Bernd Rodemann vom Institut für Pflanzenschutz im Ackerbau und im Grünland des Julius-Kühn-Instituts (JKI) in BraunÂschweig. Die Bekämpfung von Ährenfusariosen im Getreide und damit verbundene Reduktion von Mykotoxine kann nur im Zuge eines Integrierten BeÂkämpfungsansatzes erfolgen. Es gilt durch pflanzenbauliche Maßnahmen und Verfahren des Pflanzenschutzes das Risiko der Einflussfaktoren wie Vorfrucht, Bodenbearbeitung, Sortenwahl, Fungizidwahl und Witterungseinfluss zu minimieren. Besonders durch den Anbau geringanfälliger Weizensorten wie Toras, Bussard, Meister und Opal kann erheblich die Gefahr eines Fusariumbefalls und der Toxinkontamination mit Deoxynivalenol verringert werden. Auch kann unter Befallssituationen durch Anwendung von zugelasseÂnen Fungiziden wie Prosaro, Osiris, Ampera, Folicur, Caramba, Input oder Mischungen der Bekämpfungserfolg erhöht werden.
Aktuelle Trends in der Pflanzenschutztechnik
Professor Dr. Jens Karl Wegener vom Institut für Anwendungstechnik im JKI sagte, der Trend zu immer größeren, breiteren und präziseren Pflanzenschutzgeräten sei ungebrochen. Die Landtechnikindustrie biete mit vielen technischen Innovationen verschiedenste Optionen, um das bereits hohe technische Niveau des Pflanzenschutzes in Deutschland noch sicherer für den Anwender und die Umwelt zu gestalten. Mit der jüngsten Entwicklung eines praxistauglichen DirektÂeinspeisungssystems kann die teilflächenspezifische Applikation von Pflanzenschutzmitteln in naher Zukunft umgesetzt werden. Auch bei Sägeräten und Granulatstreuern ist technischer Fortschritt hinsichtlich der Einhaltung von Auflagen zur Minderung der Abdrift zu beobachten, so dass die Gesamttendenz eine gute Basis für die Möglichkeit der Zulassung weiterer wichtiger Mittel bietet.
Im Jahr 2012 wurde das JKI-Erklärungsverfahren für Pflanzenschutzgeräte durch eine Selbstzertifizierung (CE) seitens der Hersteller ersetzt. Da diese Neuerung nicht immer problemÂlos abläuft, sollten Praktiker beim Kauf darauf achten, dass das Neugerät vom JKI geprüft und gelistet wurde.
Eine Liste solcher Geräte, welche die Anforderungen nach Paragraf 16 PflSchG erfüllen und weitergehende Informationen finden sich unter www.jki.bund.de. Zudem sollten Praktiker nur solche Neugeräte kaufen, die bereits beim Kauf mit Kontrollplakette versehen sind.
Über neue Erkenntnisse zum Auftreten von Getreiderosten in Deutschland sprach Dr. Nicole Sommerfeldt-Impe, Dr. Kerstin Flath, JKI, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland aus Kleinmachnow. Rostkrankheiten gehören weltweit zu den wichtigsten Getreidepathogenen und können erhebliche Ertrags- und Qualitätseinbußen verursachen. In Deutschland sind in den Getreidebeständen Gelbrost (Puccinia striiformis), Braunrost (Puccinia recordita) und Schwarzrost (Puccinia graminis) zu finden. Diese treten vom Frühjahr bis zum Sommer auf: Gelbrost ab März, Braunrost ab April und Schwarzrost ab Mai. Getreideroste werden aufgrund der Klimaveränderungen immer häufiger zu einem Problem. Im vergangenen Jahr breitete sich der Gelbrost an Weizen und Triticale nach einem milden Winter und einem ungewöhnlich warmen Frühjahr über ganz Deutschland aus. Die Epidemie wurde auch durch Ausbreitung der neuen, aggressiven Warrior-Rasse begünstigt. Die Rasse tritt seit 2011 in Europa auf, befällt Weizen und Triticale und produziert mehr Sporen als die bisher bekannten Gelbrost-Rassen.
Braunrost an Weizen, Triticale und Roggen und Zwergrost der Gerste sind die häufigsten RostÂarten in Deutschland. Roggenbraunrost tritt im Vergleich zu Gerstenzwergrost und Weizenbraunrost bereits bei niedrigeren Temperaturen und somit früher im Jahr. Braunrost kann gut mit Fungiziden bekämpft werden. Aber auch hier kommt es zu Veränderungen in der Virulenz. Sorten wie Tobak, die bisher als braunrostresistent galten, wurden 2014 stark befallen. Roggenschwarzrost, kommt seit einigen Jahren regelmäßig in kontinentalen Gebieten Deutschlands vor und kann erhebliche Ertrags- und Qualitätseinbußen verursachen. Besonders der ökologische Landbau ist von der zunehmenden Ausbreitung des Erregers betroffen, da resistente Roggensorten bisher nicht zur Verfügung stehen. Im konventionellen Anbau kann die Krankheit aufgrund ihres späten Auftretens nur schwer bekämpft werden. Zudem ist die Wirkung der Fungizide im Vergleich zu Braunrost oft unzureichend.
Weizenschwarzrost trat nach einer Periode mit ungewöhnlich hohen Vorsommertemperaturen im Juni 2013 erstmals seit Jahrzehnten in einigen Zuchtgärten in Mitteldeutschland auf. Der Erreger besitzt enormes Schadpotenzial. Besonders die Rasse Ug99, welche 1998 erstmals in Uganda auftrat, hat sich seither schnell verbreitet. Neunzig Prozent der weltweit angebauten Weizensorten sind anfällig für diese Rasse. Wichtige Faktoren zur Befallsminimierung sind der Anbau von resistenten Sorten, das Unterbrechen der Infektionskette (späte Aussaat, Ausfallgetreide vermeiden, Stoppelbearbeitung) und rechtzeitige Bestandskontrollen. Die gezielte Bekämpfung der Getreideroste sollte frühzeitig zu Beginn einer epidemischen Ausbreitung und bei günstigen Vermehrungsbedingungen erfolgen. Weitere Infos zur Tagung sind erhältlich bei Dipl.-Ing. agr. Thomas Jäger, ALR Bad Homburg sowie VLF Höchst unter 06172/9996129, E-Mail: Thomas.Jaeger@Hochtaunuskreis.de.
alr/vlf – LW 11/2015