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Prognosemodelle helfen bei der Terminierung

Früher Fungizideinsatz im Getreide

Sobald die Vegetation im Frühjahr loslegt und die Getreidebestände aus der Bestockung ins Schossen übergehen, beginnt auch die Zeit, in der man die Bestände auf Pilzbefall kontrollieren und gegebenenfalls die ersten Behandlungen in den Kulturen setzen muss. Um den bestmöglichen Ertrag zu erzielen, ist es notwendig, die Bestände von Schossbeginn an weitestgehend gesund zu halten.

Schon bei Maßnahmen zum ersten Termin (T1) sollte an den Wirkstoffwechsel zur zweiten Behandlung gedacht werden. Foto: landpixel
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Zur Gesunderhaltung der Pflanzen sollte man ein grundlegendes Wissen über die verschiedenen Blattkrankheiten und deren Infektionsbedingungen besitzen; gleichzeitig sollten regelmäßig Feldbeobachtungen durchgeführt werden, um den aktuellen Krankheitsbefall einschätzen zu können. Zusätzlich ist ein Überblick über die verfügbaren Wirkstoffe und Pflanzenschutzmittel erforderlich, um eine möglichst effektive Behandlung sicherzustellen. Nur durch die konsequente Umsetzung all dieser Maßnahmen kann eine Bestandesführung im Sinne des Integrierten Pflanzenschutzes gewährleistet werden.

Getreidekrankheiten, auf die zu T1 geachtet werden muss

In der Wintergerste treten während des Schossens hauptsächlich vier Krankheiten auf. Ein Erreger, der vor allem in Frühsaaten und anfälligen Sorten auftritt, ist der Echte Mehltau (Blumeria graminis). Die Symptome sind weiße, watteartige Pusteln vorwiegend an der Oberseite von jungen Blättern, an den Blattscheiden und Halmen. Fördernd für einen Befall sind neben der Sortenanfälligkeit vor allem frühe Aussaatzeitpunkte, eine hohe Gerstenanbaudichte (Übertragung durch luftübertragene Sporen möglich), Ernterückstände und eine hohe N-Versorgung.

Neben dem Mehltau treten in der Gerste vor allem Netzflecken (Pyrenophora teres) und Rhynchosporium (Rhynchosporium secalis) auf. Symptome von Netzflecken sind braune netzartige oder runde Blattflecken auf den Blattspreiten. Oft sind diese Flecken von einem gelben Hof umgeben. Die Befallsvoraussetzungen für Netzflecken sind unter anderem befallene Ernterückstände oder erkrankte Nachbarflächen. Für die Infektion sind dann einerseits Temperaturen von etwa 15 und 25 °C und Blattnässe von Nöten. Tritt ein Wechsel von Tagen mit hoher Sonneneinstrahlung und Tageshöchsttemperaturen von über 20 °C und ein- bis mehrtägigen Niederschlagsperioden auf, sind dies ideale Infektionsbedingungen.

Die Rhnychosporium-Blattflecken zeichnet sich durch ovale, wässrig-graue Flecken auf den Blattspreiten und Blattachseln aus. Für eine Infektion benötigt Rhynchosporium Blattnässe und Temperaturen von etwa 10 bis 20 °C.

Als vierte Krankheit tritt in Wintergerste zudem noch Zwergrost (Puccinia hordei) auf – vor allem bei feucht- warmer Witterung. Das Befallsbild sind punkftörmige, orangebraune Rostpusteln auf den Blattspreiten. Zur Infektion benötigt dieser Pilz neben Feuchtigkeit vor allem Temperaturen von 18 bis 25 °C. Die Gefahr dieser Krankheit besteht vor allem in der raschen Entwicklung und Vermehrung des Pilzes.

Halmbruch, Septoria und Roste im Winterweizen

Im Weizen liegt der Fokus in der T1 Behandlung vor allem auf den Krankheiten Halmbruch, Septoria tritici sowie dem Gelb-/Braunrost. Halmbruch (Pseudocercosporella herpotrichoides) ist die wichtigste Halmbasiserkrankung, die im Winterweizen auftritt. Der Erreger wächst während des Schossens in den Stängel ein und führt dort zu einer Besiedelung der Leitbahnen und einer Vermorschung des Halmes. Zu BBCH 31-32 ist ein Befall nicht zu sehen, sodass nur eine Risikoeinschätzung (z.B. ISIP-Modell) zur Entscheidungsfindung durchgeführt werden kann.

Halmbruch führt im Verlauf der Vegetation zu Symptomen wie Vermorschungen der Halmbasis und daraus resultierendem Lager und zu Weißährigkeit (Notreife). Die Infektionsbedingungen, die gegeben sein müssen und somit auch die Basis der Risikoabschätzung darstellen, sind eine kühlfeuchte Witterung zum Ende Bestockung und Anfang Schossen mit Temperaturen von etwa 5 bis 15 °C.

Leitkrankheit im Weizen war in den letzten Jahren eindeutig die Septoria-Blattdürre (Zymoseptoria tritici). Die Krankheit bildet oval, gelbgrün bis wässrige Flecken mit schon früh sichtbaren dunklen Punkten (Pyknidien). Oft befinden sich in den Beständen im Frühjahr schon Infektionen auf den alten Blättern aus dem Herbst. Befallsfördernd für diese wichtige Krankheit sind Infektionen von Ernterückständen, anfällige Sorten und Frühsaaten.

Durch Niederschlag werden die Sporen des Pilzes von den unteren auf die oberen Blattetagen befördert, wo diese neue Infektionen auslösen können. Dafür sind mindestens 20 Stunden Blattnässe und Temperaturen um die 15 bis 25 °C notwendig. Für eine sichere Bekämpfung ist es wichtig, die Krankheit vor dem Befall der neuen Blattetagen zu bekämpfen, weshalb innerhalb der Inkubationszeit nach einem Infektionsereignis behandelt werden muss.

Zusätzlich zu den genannten Krankheiten treten auch Roste verhältnismäßig oft im Getreide auf. Zu unterscheiden ist dort vor allem in Gelb- und Braunrost. Ein Gelbrostbefall (Puccinia striiformis) ist an den zufällig verteilten orangen Pusteln, die im weiteren Krankheitsverlauf perlschnurartig zusammenlaufen, zu erkennen. Wegen des geringeren Wärmebedarfs ist eine Gelbrostinfektion in der frühen Phase des Schossens wahrscheinlicher als eine Braunrostinfektion. Während Gelbrost schon ab etwa 5 °C Infektionen setzen kann (das Optimum liegt aber doch um einiges höher), sind optimale Bedingungen für den Braunrost (Puccinia triticina) hohe Tagestemperaturen von um die 25 °C in Kombination mit kühleren Nächten (unter 15 °C). Der Braunrost ist an den braunen Pusteln zu erkennen und tritt vornehmlich zum späteren Termin auf.

Krankheiten in Triticale und Roggen

Neben Weizen und Gerste sind Triticale und Roggen weitere wichtige Getreidekulturen, die geschützt werden müssen. Da beide Kulturen meistens nach Getreide angebaut werden besteht für die Bestände ein erhöhtes Risiko für Halmbruch.

Neben Halmbruch muss beim Roggen vor allem auf Braunrost und Rhynchosporium geachtet werden. Bei Triticale eher auf Mehltau und Gelbrost, wobei hier im frühen Stadium auch Rhynchosporium-Blattflecken auftreten können.

Terminierung der Behandlung

Der erste Fungizidtermin (T1) sollte im Getreide, solange keine frühere Infektion mit Echten Mehltau oder Rost-Arten auftritt, nicht vor dem Zweiknotenstadium (BBCH 32) liegen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Zeitspanne bis zur nächsten Behandlung in BBCH 39 zu groß wird und der fungizide Schutz nicht ausreichend ist, um die Zeitspanne zu überbrücken.

Um die Bekämpfungswürdigkeit festzustellen, müssen im Feld die Bekämpfungsschwellen überprüft werden. Dabei gelten bei den Getreidekrankheiten die in der Tabelle aufgeführten Schwellenwerte.

Eine weitere Hilfe bei der Entscheidungsfindung sind die Getreide-Fungizid Modelle auf der ISIP Seite. Dabei gibt es eigentlich drei Modelle, die Hilfreich zur Terminierung und Entscheidungsfindung sein können. Zuerst gibt es den Überblick über die Infektionsbedingungen der verschiedenen Krankheiten in einer Kultur. Zudem sind zwei Modelle zu speziellen Krankheiten empfehlenswert. Dabei handelt es sich einmal um das Halmbruchmodell (Simcerc) und die Septoria Prognose (Sep-tri) an Winterweizen.

Das Halmbruchmodell gibt aufgrund der Schlaginformationen wie Sorte, Aussaatdatum und Vorfrucht zusammen mit den Infektionswahrscheinlichkeiten Befallsklassen an, die angeben, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass Halmbruch in dem Bestand auftritt und zu BBCH 32 behandelt werden muss.

Die Idee hinter dem Septri-Modell ist, dass die Infektion pro Blattetage berechnet und dann die Inkubationszeiten der Krankheit simuliert werden. Die Inkubationszeit ist die Zeit, die es dauert, bis die Krankheit nach der Infektion die Pflanze infiziert hat. Wichtig ist, dass nur innerhalb 30 Prozent Inkubationszeit die Krankheit durch einen Fungizideinsatz noch gestoppt werden kann. Deshalb gibt das Modell auch als Empfehlung an, dann zu behandeln, wenn auf dem F-2 eine Neuinfektion stattgefunden hat und die Inkubationszeit von 30 Prozent noch nicht abgelaufen ist.

Bekämpfung der einzelnen Krankheiten

Mehltau: Muss früh gegen Mehltau behandelt werden und die Infektion ist schon gesetzt, eignen sich zum einen die Wirkstoffe Proquinazid und Cyflufenamid für eine Behandlung aufgrund der Stopp- und Dauerwirkung. Eine Kombination aus Azol plus Cyprodinil, Metrafenone oder Spiroxamine hat zudem auch eine gute Wirkung. Zusätzlich kann mit dem Wirkstoff Schwefel im Mittel Thiporon protektiv eine Leistung gegen Mehltau erzielt werden.

Roste: Gegen Roste kann vor allem mit Wirkstoffen aus den Gruppen der Azole und der Strobilurine eine gute Wirkung erzielt werden. Aber auch die Wirkstoffe Fenpicoxamid und Solatenol haben eine ordentliche Rost-Wirkung. Azole haben eine hervorragende Stoppwirkung gegen Roste bei schon vorhandenen Infektionen mit einer zusätzlichen Dauerwirkung. Diese Dauerwirkung ist bei Strobilurinen deutlich ausgeprägter, jedoch haben Strobilurine nur eine schwache Stoppwirkung.

Halmbruch: Zur Halmbruch-Bekämpfung stehen die Wirkstoffe Cyprodinil, Prothioconazol und Fluxapyroxad im Vordergrund. Die Kombination aus Prothioconazol und Cyprodinil zeigt oft die beste Wirkung. Wichtig ist die passende Terminierung, da die Behandlung bis spätestens BBCH 33 abgeschlossen sein muss. Ähnlich wie auch bei anderen Krankheiten kann vor allem der Halmbruch-Befall durch die Wahl einer nicht anfälligen Sorte verhindert werden. Dies hat den Vorteil, dass man mit der ersten Behandlung nicht zwingend an das BBCH-Stadium gebunden ist und auf den Befall mit Blattkrankheiten reagieren kann.

Septoria tritici: Zur Septoria-Bekämpfung steht neben Azolen, Strobilurinen, Carboxamiden und Picolinamiden auch der Kontaktwirkstoff Folpet zur Verfügung. Dieser hat eine rein protektive Leistung, kann aber für den Resistenzschutz ein wichtiger Baustein sein. Aus der Gruppe der Azole zeigt neben Prothio- und Tebuconazol auch das Mefentrifluconazol (Revysol) eine gute Wirkung gegen Septoria. Mit der Kombination aus Azol plus Fenpicoxamid, einem Carboxamid, kann ein wichtiger Wirkstoffwechsel hinsichtlich Resistenzschutz gelegt werden.

Netzflecken: Die Netzflecken in Gerste können ebenfalls mit Azolen behandelt werden. Vorrangig eignen sich die Azole Prothioconazol und Mefentrifluconazol in Kombination mit den Wirkstoffen Cyprodinil, Spiroxamine oder in Kombination mit Strobilurinen (außer Azoxy).

Rhynchosporium: Bei der Bekämpfung von Rhynchosporium sollte dagegen vor allem auf eine Kombination von Prothioconazol oder Mefentrifluconazol mit Carboxamiden (Bixafen, Fluxapyroxad, Isopyrazam) gesetzt werden.

Eine Übersicht von verfügbaren Mitteln inklusiver Wirkungseischätzung in Bezug auf die im Artikel genannten Krankheiten sind in der aktuellen Broschüre „Pflanzenschutz im Ackerbau und Grünland 2025“ auf den Seiten 23 bis 26 zu finden.

Maßnahmen zum Resistenzmanagement

Grundsätzlich sollte versucht werden, in einer Saison jeden Wirkstoff nur einmal einzusetzen beziehungsweise immer Wirkstoffkombinationen zu verwenden. Die Gruppe der Carboxamide sollte nur einmal in der Gesamtstrategie eingesetzt werden und ähnlich wie Strobilurine nur in Mischung mit Wirkstoffen anderer Gruppen eingesetzt werden.

Wenn also jetzt in der T1-Maßnahme schon ein Azol/Strobilurin/Carboxamid eingesetzt wurde, muss zu T2 gewechselt werden, auch wenn die Variationsmöglichkeiten begrenzt sind. Deshalb sollte bei einer T1-Behandlung schon die Mittelwahl so ausgerichtet werden, dass zur folgenden Abschlussbehandlung ein passender Wirkstoffwechsel vollzogen werden kann.

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