Am Donnerstag vergangener Woche fand im Sitzungssaal der Winzergenossenschaft Ruppertsberg die Jahreskreisversammlung des Kreises Bad Dürkheim und der Stadt Neustadt an der Weinstraße im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd (BWV) statt. Kreisvorsitzender Martin Fußer konnte im gut besuchten Sitzungssaal den Hauptreferenten BWV-Präsident Eberhard Hartelt sowie die Ehrengäste Norbert Schindler und Edwin Schrank begrüßen.
Nun nach der Wahl, mitten in den Sondierungsgesprächen hoffen alle Landwirte auf bessere Zeiten und eine Bundesregierung, die die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe und die Versorgungssicherheit des Landes wieder in den Vordergrund stellt, betonten Hartelt und Martin Fußer, der Kreisvorsitzende von Bad Dürkheim. In Brüssel liegen alle Hoffnungen auf dem neuen EU-Agrarkommissar Christophe Hansen, der auf der IGW in Berlin von der Branche bereits gefeiert wurde. Es werde intern darüber diskutiert, die erste Säule der GAP weiter abzusenken. Der Deutsche Bauernverband (DBV) machte darauf aufmerksam, dass in gleichem Maße dann die Konditionalitäten und Verbote abgesenkt werden müssen. Das sei bei den Umweltverbänden gar nicht gut angekommen, denn dann sei das Druckmittel weg. Man werde sich zukünftig auch nicht mehr auf politische Versprechen einlassen, betonte Hartelt wie vor 30 Jahren als es um die Ausweisung von Flora-Fauna-Habitaten in Europa ging. „Damals wurde von hochrangigen Politikern zugesagt, dass dies keine Auswirkungen auf die Bewirtschaftung haben wird. Nun werden Bewirtschaftungspläne aufgestellt, um bestimmte Arten zu schützen, die ohnehin nur durch die bisherige Bewirtschaftung dort anzutreffen sind. Die Bewirtschaftungspläne gehen weit über das hinaus, was Landwirte und Forstwirte in ihrem Eigentum tolerieren können. Denn sie müssen weiterhin von ihrem Grund und Boden leben“, betonte Hartelt.
Landschaften wie in den 50er-Jahren herstellen?
Das Nature Restoration Law (NRL) oder Naturwiederherstellungsgesetz führt nun für die FFH-Gebiete zu einem Paradigmenwechsel. Es solle nicht mehr wie bislang ein Verschlechterungsgebot gelten, sondern ein Verbesserungsgebot. Es sollen Kontrollen kommen und anhand von Artenzahlen Klagen folgen. „Da müssten Flurbereinigungen rückgängig gemacht werden. Da müssten manche Flughäfen und viele Gebäude abgerissen werden“, gab Hartelt zu bedenken. Auf der Grünen Woche hat Hartelt zu diesem Thema ein Forum geleitet mit dem Titel „Naturwiederherstellung – Kooperation statt Kampf um die Fläche“. Dr. Jochen Gebauer Abteilungsleiter Naturschutz, Nachhaltige Naturnutzung, Natürlicher Klimaschutz vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) hat sich dabei für den kooperativen Ansatz ausgesprochen. Auch bei der EU wolle man weg von Verboten hin zu Kooperativen. „Da erwarte ich nun Vorschläge aus Berlin und Mainz für die Umsetzung dieser Ziele“, sagte Hartelt, doch es komme nichts.
Schulterschluss Artenvielfalt von Ministerien blockiert
Der NABU Rheinland-Pfalz habe vor vier Jahren bereits darauf hingewiesen, dass 148 Mio. Euro im Jahr zusätzlich für Umweltmaßnahmen vom Land zur Verfügung gestellt werden müssten, um die Landwirte für die Umsetzung von Umweltmaßnahmen zu entlohnen. „Der NABU und der BWV weisen im Schulterschluss Artenvielfalt immer wieder darauf hin, es passiert nichts in Rheinland-Pfalz. Dabei haben Bayern, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen bereits solche länderspezifischen Abkommen“, sagte der BWV-Präsident. Müsse man erst ein Bürgerbegehren auf den Weg bringen, fragte er.
„Wir spüren die Auswirkungen der reduzierten Düngung auf den Feldern und die mangelnde Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln im Obst- und Weinbau“, klagte Fußer. Es werden bereits Marktanteile bei Getreide verloren und die globale Konsumzurückhaltung der Verbraucher führt zu nicht auskömmlichen Preisen für die Winzer. Fußer fürchtet für den Weinmarkt die seit Jahrzehnten auf dem Gemüsemarkt herrschenden Zustände – wenige globale Lebensmittelketten, die die Preise diktieren. „Diese Marktmacht muss endlich reduziert werden“, mahnte Fußer. Die Situation sei alarmierend, Winzer und Obstbauer fahren Investitionen zurück oder brechen diese ab. Und andererseits liegen da rund 10 Mio. Euro von der Umstrukturierung der Rebflächen beim Land, die für keine anderen Zwecke genutzt werden dürfen. Er hoffe auf eine Wende mit der neuen Politik.
Doch nicht nur auf nationaler und Landesebene gebe es Probleme, auch auf Landkreisebene wurden den Winzern beim Bauen im Außenbereich Hürden in den Weg gelegt. Fußer sprach den anwesenden Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld direkt an, folgende Maßnahmen zu überdenken: So sollen Vinotheken angeblich nicht über 60 m² groß sein dürfen, Straußwirtschaften sollen nicht in Neubauten untergebracht werden dürfen, es sollen keine festen Unterbringungen für Landarbeiter an den Höfen zulässig sein – nur noch Container oder Mietunterbringung im Dorf, es soll keine Betriebsleiterwohnung mehr für einen zweiten Betriebsinhaber(-nachfolger) genehmigt werden und es soll angeblich nur eine Veranstaltung aus besonderem Anlass nach § 12 Gaststättenverordnung an einer Außenhofstelle zulässig sein.
„Und dies in Zeiten, in denen der Direktabsatz ab Hof noch eine Einnahmequelle ist, die die Winzer über Wasser hält“, betonte Fußer. Er verwies auf Widerspruchsverfahren zu den genannten Punkten im Landkreis.
Brücken und Durchlässe sind marode
Man habe auch zunehmend Probleme mit der Infrastruktur im Land, so werden die Überfahrtslasten an Brücken herabgesetzt, sodass Landwirte weite Umwege fahren müssen, um auf die Äcker zu kommen. Durchlässe sind marode, sodass sich Wasser staut. Grundsätzlich sei die Kommunikation mit den Gewässerzweckverbänden gut, die Starkregenkonzepte in vielen Kommunen wurden erstellt und es werde mit dem Gewässerzweckverband demnächst Arbeitskreissitzungen geben für Prioritätensetzung zum neuen wasserwirtschaftlichen Gesamtkonzept Vorderpfalz. In diesem Rahmen forderte Fußer die Landwirte und Winzer auf, Mängel der Grabenpflege und Hindernisse an Abflüssen dem BWV oder der LWK mit genauer Ortsangabe zu melden, diese werden den Gewässerzweckverband informieren. Fußer wies in der Kreisversammlung auch darauf hin, dass Krähenschäden weiterhin auf dem Portal des DLR gemeldet werden sollten unter www.pflanzenbau.rlp.de/Pflanzenbau/Vogelschaeden, damit die SGD Süd dann zeitnah Abschüsse genehmigen kann.
Reinhold Hörner, der Weinbaupräsident der Pfalz, zeigte sich in Rage über die schlechte Berichterstattung einer pfälzischen Tageszeitung, die aufbauend auf Aussagen von Prof. Dr. Carsten Brühl von der Uni Landau passend zum Start der Freiluftsaison die Pflanzenschutzmittelrückstände in der Landschaft kritisierte. Wir werden bei weiterhin fortschreitendem Strukturwandel 30 Prozent der Kollegen verlieren, wenn dann solche Artikel erscheinen, gehe das noch schneller. Erste Winzer haben im vergangenen Jahr ihre Lebensversicherung gekündigt, um in dem nassen Jahr Pflanzenschutzmittel bezahlen zu können, zahlreiche Weinberge werden aufgegeben und nicht mehr bewirtschaftet. „Die Faßweinbetriebe leiden am meisten unter der aktuellen Marktlage. Es wurden nur Grundweine und Verarbeitungsweine aufgenommen“, bemerkte Hörner. Und da nehmen sich die Ministerialbeamten einen halben Tag Zeit, um zu erklären, weshalb die rund 10 Mio. Euro der Umstrukturierung nicht umgewidmet werden können. „Sie sollten sich einen Tag Zeit nehmen, um eine Lösung zu finden“, mahnte Hörner.Die Werbung müsse gestärkt werden, daher sei eine Erhöhung der Werbeabgaben auf 100 Euro pro Betrieb unumgänglich.