Jetzt zeigt sich, was die Proteste wert sind

KV SÜW und GER im Licht der Koalitionsverhandlungen

Die Koalitionsverhandlungen, die aktuelle Situation im Weinbau und die Presseberichterstattung über Pflanzenschutz und Alkoholkonsum standen im Mittelpunkt der gemeinsamen Versammlung der Kreisverbände Germersheim und Südliche Weinstraße im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V. (BWV). Die Kreisvorsitzenden Rolland Bellaire und Karl-Friedrich Junker waren sich mit BWV-Präsident Eberhard Hartelt einig, dass erst die Ergebnisse der Gespräche zwischen Union und SPD zeigen werden, was die Bauernproteste vor gut einem Jahr tatsächlich wert sind.

BWV-Präsident Hartelt sah in den Verhandlungsergebnissen der Arbeitsgruppe „Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt“ Licht und Schatten für den Berufsstand.

Foto: BWV

Kurz vor Beginn der Veranstaltung in Neupotz waren die Ergebnisse der Verhandlungsgruppe „Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt“ bekannt geworden. BWV-Präsident Hartelt betonte, dass es sich um ein Arbeitspapier handelt, das noch viele Unstimmigkeiten enthält, die auf höherer Verhandlungsebene ausgeräumt werden müssen. „Ich sehe Licht und Schatten, aber wir können festhalten, dass sich CDU/CSU mit großem Sachverstand in die Verhandlungen eingebracht haben und einiges erreichen konnten.“ Mit der vollständigen Wiedereinführung der Agrardiesel-Rückvergütung werde eine zentrale Forderung des Berufsstandes erfüllt und auch die Befreiung von alternativen Kraftstoffen in der Land- und Forstwirtschaft von der Energiesteuer sei positiv zu bewerten. Die Abschaffung der Stoffstrombilanz und eine Befreiungsmöglichkeit von Düngeauflagen in Roten Gebieten seien absolut zu begrüßen. In das Papier habe es auch die Einführung einer Risikoausgleichsrücklage geschafft, ebenso wie die Prüfung der Förderung einer Mehrgefahrenversicherung. Aus Sicht des Weinbaus wichtig sei die Orientierung an den Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe der EU zur Zukunft des Weinbaus und die Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit der Schutzgemeinschaften.

15 Euro Mindestlohn nicht zu verkraften

„Brandgefährlich“ hingegen sei das von der SPD geforderte Naturflächenbedarfsgesetz, das ein Vorkaufsrecht für Naturschutz mit sich bringen könnte. Dagegen müsse die Union deutlich Position beziehen und sich weiterhin für eine produktions- und betriebsintegrierte Kompensation einsetzen. Bei der Erhöhung des Mindestlohns auf 15 EUR pro Stunde bestand Einigkeit im Saal: „Für viele Sonderkulturbetriebe würde eine solche Kostensteigerung das Aus bedeuten!“ Eine Sonderregelung für die Landwirtschaft ist zwingend erforderlich, sei aber im Ergebnispapier der Arbeitsgruppe ein sehr strittiger Punkt. „Jetzt sind die Chefverhandler gefragt, endlich einen Politikwechsel für eine starke Landwirtschaft auf den Weg zu bringen“, so Hartelt. In Brüssel deute sich mit dem neuen Agrarkommissar Christophe Hansen, der aus der Landwirtschaft stammt, eine solche Neuausrichtung bereits an. In seiner vorgelegten Vision für Landwirtschaft und Ernährung stehen Wettbewerbsfähigkeit und Ernährungssicherung wieder im Vordergrund. Die in den Luxemburger gesetzten Hoffnungen seitens des Berufsstandes seien groß, aber auch er müsse sich an seinen Taten messen lassen. In diesem Zusammenhang sprach Hartelt auch die Landesebene an. Hier gebe es ihm zuviele Bedenkenträger. Es brauche frischen Wind in der Agrarverwaltung und gestalterische Kräfte, die etwas bewegen wollen. In einem Jahr sind Wahlen und der Unmut über die Untätigkeit in manchen Bereichen steige.

Vor dem Hintergrund der hohen agrarpolitischen Themendichte des vergangenen Jahres erinnerte Roland Bellaire auch an die großen Herausforderungen in der Bewirtschaftung und bezüglich Raumordnung: Flächenkonkurrenz durch den Ausbau Erneuerbarer Energien, Nutzungskonflikte auf den Wirtschaftswegen, Krähen- und Gänseschäden, Auswirkungen der Afrikanischen Schweinepest, Düngebeschränkungen und nicht zuletzt die wechselhafte, nasse Witterung verlangte den Betrieben viel ab. Karl-Friedrich Junker wurde deutlich: „Gerade das vergangene Jahr hat gezeigt, dass Pflanzenschutz unsere Ernten und damit unsere Ernährung sichert, in der Presse wird das Thema aber verteufelt, das kann nicht sein!“ Insbesondere die Regionalzeitung vor Ort würde immer wieder den notwendigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln infrage stellen und damit auch den gesamten landwirtschaftliche Berufsstand in Verruf bringen.

Pflanzenschutz und Weinkonsum werden verteufelt

BWV-Präsident Hartelt, der eine jüngst veröffentlichte Studie zur „Pestizidbelastung der Landschaft im Oberrheingraben“ argumentativ entkräftete, informierte darüber, dass es ein Gespräch mit dem Chefredakteur und den zuständigen Mitarbeitern der Zeitung mit dem Verband geben werde. Dabei werde auch die negative Berichterstattung über Wein- und Alkoholkonsum thematisiert. Der Präsident des Weinbauverbandes Pfalz, Reinhold Hörner, sprach von einer regelrechten Kampagne gegen das Weintrinken, welche die Winzer in einer sowieso schon äußerst herausfordernden Lage treffe und die Verbraucher verunsichere. Durch den nachhaltigen Absatzrückgang gibt es aktuell zuviel Wein – deutschland-, europa- und weltweit. Der Verband habe sich deshalb erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Möglichkeit zur Neuanpflanzung in Rheinland-Pfalz jetzt auf das geringstmögliche Maß von 0,05 Prozent pro Jahr beschränkt ist, Pflanzrechte verlängert wurden und sanktionsfrei zurückgegeben werden konnten. Außerdem soll die Weinwerbeabgabe erhöht werden, um Marktanteile zu gewinnen. Der Verband macht sich weiterhin für die Einführung der sogenannten Rotationsbrache stark, fordert einen europaweiten Anbaustopp und den flexiblen Einsatz von Fördermitteln, damit keine Gelder ungenutzt an Brüssel zurückgegeben werden müssen. „Am Ende kann uns aber nur der Markt helfen und wir müssen attraktiv am Markt sein. Die Pfalz steht noch gut da und wir haben eine hervorragend ausgebildete, innovative junge Generation. Das stimmt mich trotz der aktuellen Lage doch ein wenig optimistisch für die Zukunft.“

bwv – LW 14/2025