Eine Sortenauswahl bei Braugerste, sei es Sommerbraugerste, aber auch Winterbraugerste, ist bei weitem nicht so schwierig wie bei anderen Getreidekulturen. Das liegt zum einen daran, dass das Angebot an Sorten längst nicht so vielfältig wie bei Weizen, Roggen, Triticale, aber auch Futtergerste ist. Zum anderen spielt die verarbeitende Seite eine wesentlich größere Rolle als bei anderen Kulturen, da es sich um den Rohstoff für nur einen einzigen Verwendungszweck handelt. Über die Ergebnisse der aktuellen Landessortenversuche berichtet Rainer Cloos vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Beratungsstelle Friedberg.
Damit man seine Ware erfolgreich vermarkten kann, spielen die Ansprüche der aufnehmenden und verarbeitenden Seite eine wesentliche Rolle bei der Sortenentscheidung. Wenn daher Mälzer und Brauer signalisieren, dass sie an dieser Ware interessiert sind, werden die Anbauer aufgefordert, die entsprechenden Sorten unter Beachtung der Besonderheiten in der Produktionstechnik dieser speziellen Kultur anzubauen, um dauerhaft erfolgreiche Ware anbieten zu können.
Seitens der Verarbeitenden Seite sind dazu jedoch auch eindeutige Bekenntnisse hinsichtlich der Aufnahme wie auch entsprechende preisliche Absicherungen erforderlich, um einen wirtschaftlichen Anbau dieser ertragsschwächeren Gerste-Form zu gewährleisten und auch ein gewisses Anbaurisiko hinsichtlich der der Qualität lukrativ zu gestalten. Seitens der Anbauer ist jedoch eine grundsätzliche Anforderung, nur reine Sortenware der gewünschten Sorte, dass heißt kein Sortengemisch, anzudienen (siehe Kasten, Qualitätsanforderungen für Braugerste).
Anteil der Winterform nimmt kontinuierlich zu
Traditionell war die Erzeugung von Braugerste der Sommerform vorbehalten. Aber seit Mitte der 90er Jahre etablierte sich auch ein Anbau von Winterbraugersten. In der jüngeren Vergangenheit nimmt der Anteil der Winterbraugerste am Braugerstenmarkt, wenn auch langsam, so doch kontinuierlich zu. Bundesweit gehen Schätzungen von einem Anteil knapp über 10 Prozent aus. Dabei ist für den Anbauer vor allem das höhere Kornertragsvermögen, aber auch die sich besser gestaltende Ertragssicherheit der Winterform, vor allem basierend auf der damit verbundenen längeren Vegetationszeit, ein ausschlaggebender Grund.
Vor allem auf schwächeren Standorten (leichte, flachgründige Standorte oder durchlässige Verwitterungsstandorte), die regelmäßig unter Frühsommertrockenheit leiden oder in Wärmelagen hitzebedingt vorzeitig und schnell abreifen, deuten sich Vorteile an. Das lässt sich durchaus am diesjährigen in den Winterbraugersten-Versuchen erzielten Vollgersteanteil (s. Tabelle 4) ableiten. So lag im Mittel der Versuche der Vollgersteanteil mit 90,8 Prozent um 14,1 Prozentpunkte höher als im vergangenen Anbaujahr.
Rohproteingehalt ist entscheidend
Aber im alles entscheidenden Merkmal, dem zulässigen Rohproteingehalt (Handelsübliche Anforderung im Rohprotein-Gehalt für Braugerste 11,5-9,5 Prozent, s. Kasten), besteht das gleiche Anbaurisiko wie für Sommerbraugerste, was sich auch am diesjährigen Versuchsergebnis durchaus ablesen lässt. So kann auf keinem Standort eine der Sorten diese Anforderung für dieses wesentliche Qualitätsmerkmal in diesem Jahr erfüllen. Hieran lässt sich die, trotz ständigem Zuchtfortschritt und stetiger Weiterentwicklung im Anbau-Know-How, starke Abhängigkeit der Qualitätssicherheit von den begleitenden klimatischen sowie Standort-Bedingungen erahnen, durchaus schon in Verbindung und Beeinflussung durch die Entwicklung der Vorfrucht.
In der Vegetation 2017 zeichnen sich für das vielerorts überschreiten der 11,5 Prozent-Rohproteingrenze vor allem die stark überhöhten Nitrat-Werte zu Vegetationsbeginn verantwortlich. Aber auch der insgesamt zu trockene Vegetationsverlauf mit extremen Hitzetagen in der ersten Junihälfte, dem Zeitpunkt der Hauptkornbildungsphase, zeichnet sich hierfür mit verantwortlich.
Schwieriger Witterungs- und Vegetationsverlauf
Nach dem zu trockenen August war es auch im September 2016 fortwährend zu trocken bei deutlich über den Durchschnittswerten liegenden Temperaturen. Dies erschwerte zwar die Bestellungsarbeiten, dennoch konnte vielerorts die Aussaat problemlos durchgeführt werden. Eine noch ausreichende Restfeuchte im Boden sowie ausreichend Niederschläge zum Monatsbeginn Oktober sorgten für ein recht gleichmäßiges Auflaufen und eine anfänglich zügige Entwicklung der Bestände.
Ein anfänglicher Blattlauseinflug entwickelte sich infolge deutlich zurückgehender Temperaturen nicht entsprechend weiter, so dass, je nach Region, auf Insektizideinsätze überwiegend verzichtet werden konnte. Im weiteren Monatsverlauf Oktober blieb es überwiegend trocken.
Zu Beginn des Monats November kam es zu einer kurzen Regenperiode, die Regional bis zu 70 mm Niederschlag brachten, bei weiter deutlich zurück gehenden Temperaturen. Hierdurch konnten sich die Gerstenbestände recht gut weiterentwickeln. Es folgte ein trockener Dezember. Die kühle Phase in den Monaten November und Dezember mit einzelnen kurzen Frostabschnitten sorgten, vor allem durch Wasserentzug bei den Pflanzen und einer damit verbundenen Zellsafteindickung, für eine gute Winterabhärtung.
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