Die Belastungsgrenze der Betriebe ist erreicht

Kürzungen für die Landwirtschaft müssen vom Tisch

Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd (BWV) und Landwirtschaft verbindet Rheinland-Pfalz (LSV) fordern weiterhin die komplette Streichung der Sparpläne der Bundesregierung hinsichtlich Agrardieselentlastung und Kfz-Steuerbefreiung. Daran ändert auch die teilweise Zurücknahme durch die Ampel-Spitzen vergangene Woche nichts. Wie stark der Rückhalt in der Landwirtschaft ist, das zeigte bereits die enorme Mobilisierung am Montag dieser Woche.

Nur eine Aktion von vielen fand in Martinshöhe im Landkreis Kaiserslautern statt. Die BWV-Kreisvorsitzenden Gerold Füge, Marcel Müller, Uwe Bißbort und BWV-Vizepräsident Jürgen Vogelgesang diskutierten mit den SPD-Bundestagsabgeordneten Matthias Mieves und Angelika Glöckner. 100 Landwirte mit ihren Traktoren waren vor Ort, während rund um Kaiserslautern etwa 1 200 Fahrzeuge, davon 400 Traktoren die Autobahnzufahrten für eine Stunde blockierten und anschließend ein Mahnfeuer entfachten.

Foto: Franke

BWV-Präsident Ökonomierat Eberhard Hartelt sieht die Belastungsgrenze für die Betriebe erreicht: „Nach erheblichen Kostensteigerungen und Kürzungen in der Landwirtschaft innerhalb weniger Jahre ist das Maß jetzt voll!“

Schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Bundeshaushalt war der Etat des Landwirtschaftsministeriums um knapp 300 Mio. Euro gekürzt worden. Bei den anschließend vorgelegten Sparmaßnahmen zur Schließung der Finanzlücke wurde die Landwirtschaft laut LSV-Vorsitzendem Thilo Ruzycki unverhältnismäßig belastet, dies gelte auch nach den in der vergangenen Woche angekündigten Änderungen: „Die geplanten Kürzungen bringen das Fass zum Ãœberlaufen. Kein anderer Wirtschaftsbereich wird vom Vorhaben der Ampelkoalition höher belastet.“

BWV und LSV weisen in der gemeinsamen Online-Pressekonferenz darauf hin, dass schon der steigende CO2-Preis die Landwirte und Winzer bei allen Energiekosten doppelt trifft: privat und betrieblich. Trotzdem soll der Berufsstand darüber hinaus ein drittes Mal zur Kasse gebeten werden. Diese Dreifachbelastung sei nicht hinnehmbar. Denn trotz besserer Betriebsabschlüsse arbeiten viele Landwirte und Winzer unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns.

Agrarstandort Deutschland wird so abgeschafft

Unabhängig davon sei es vollkommen schleierhaft, wie die Kürzungen zusammenpassen mit den steigenden Anforderungen seitens Politik und Gesellschaft an die Landwirtschaft hinsichtlich Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz. Schon in der Zukunftskommission Landwirtschaft herrschte Einigkeit darüber, dass hierfür zwingend die Finanzmittel der öffentlichen Hand in der bisherigen Größenordnung erhalten bleiben müssen. Der geschrumpfte Agrarhaushalt und die geplante Abschaffung der Agrardieselentlastung sind aber das genaue Gegenteil und ein fatales Signal für den Agrarstandort Deutschland. Auch vor diesem Hintergrund halten die Landwirte und Winzer an ihrem Protest fest.

Bereits vor Wochen haben Landwirte ihre Gummistiefel an Ortsschilder und damit symbolisch ihre Arbeit an den Nagel gehängt. Zusätzliche Kosten werden wieder dazu führen, dass Höfe ihre Tore schließen. Die Folge wäre eine weitere Verlagerung der Produktion ins Ausland und eine deutliche Zunahme der Importe von Lebensmitteln, die unter schlechteren Standards produziert werden. Dies könne weder im Sinne der Politik noch der Verbraucher sein.

Auch wenn der Unmut in der Branche zu Recht sehr groß ist, betonen BWV und LSV, dass sie für entschiedenen, aber friedlichen und demokratischen Protest stehen: „Extreme Gruppierungen, Verschwörungstheoretiker und andere Radikale haben bei uns keinen Platz!“

Rund 20 km lang war die Schlange der Traktoren nach der Blockade am Montagmorgen auf der A 63 gen Mainz, wo sich rund 2 000 Landwirte mit ihren Traktoren einfanden. In Ludwigshafen haben sich 1 000 Landwirte mit 600 Traktoren eingefunden.

Foto: Bettina Siée

Stehen für friedlichen und demokratischen Protest

Es gehe darum, die Sorgen der Landwirtschaft in die Medien zu bringen und die notwendige Aufmerksamkeit zu erreichen. Dabei arbeiten BWV und LSV mit den amtlichen Behörden zusammen. Die Fahrten und die einstündigen Blockaden waren genehmigt. Bei den Blockaden wurde darauf geachtet, dass Personen in Ausnahmesituationen oder lebenswichtigen Berufen, dennoch passieren konnten und bei den Fahrten, dass Rettungsgassen frei blieben. „Wir wollen niemanden gefährden, sondern auf unsere immer schwerer werdende Situation hinweisen“, sagte der LSV-Sprecher Jan Ruzycki.

Die am Jahresende 2023 veröffentlichten Zahlen eines guten Verdienstes der Landwirte wurden von vielen Menschen falsch interpretiert, bemerkte Hartelt. „Das ist ein gutes Jahr nach zahlreichen miesen Jahren. Und manche Kollegen wie die Winzer und Gemüsebauern konnten gar nicht profitieren. Wir brauchen solche Jahre, um in die Betriebe zu investieren.“ Ruzycki ergänzte, dass diese Einkommen pro Betrieb gelten, was bedeute, dass davon mindestens drei Personen leben müssen. „Landwirtschaft ist ein Familienunternehmen, letztlich arbeitet jeder von uns unter dem Mindestlohn.“ Nachwuchs sei so, schwer auf den Höfen zu halten.

bwv/lsv/zep – LW 2/2024