Robust und ertragreich, aber schwächerer Futterwert

Rohrschwingel statt Weidelgras gegen Trockenheit und Nässe?

Die Dürre 2018 hat die Grünlandbestände auf vielen Standorten an seine Gren-zen geführt. Kann in solchen Situationen der als robust geltende Rohrschwingel den Ertragsausfall auffangen? Christoph Brenner vom DLR Westerwald-Osteifel stellt hierzu die Ergebnisse einer Praxiserhebung vor.

Im Taunus konnten 2017 vier Schnitte eingebracht werden.

Foto: Brenner

Rohrschwingel liefert hohe Erträge. Ein über die Zeit aufgebautes tiefreichendes Wurzelwerk soll den hochwüchsigen Horstbildner weniger anfällig gegen Trockenperioden machen. Ebenfalls besteht eine hohe Toleranz gegenüber zeitweiliger Vernässung. Hinzu kommt eine relativ hohe Winterfestigkeit.

Problem: vom Vieh nur „zurückhaltend“ angenommen

Diese Eigenschaften lassen den Rohrschwingel für schwierige Standorte geeignet erscheinen. Dennoch ist seine Anbaubedeutung dort und im Allgemeinen relativ gering. Dies erklärt sich vor allem aus seinen Futtereigenschaften. Vielen ist der Rohrschwingel nämlich in erster Linie als eine Grasart mit derben, rauhen Blättern und hohen Rohfasergehalten geläufig, welcher frisch vom Vieh eher verschmäht wird.

Durch Züchterischen Bearbeitung konnten mittlerweile Härte, Zähigkeit und Verkieselung der Blätter reduziert werden, und es sind sogenannte feinblättrige Zuchtsorten erhältlich. Ein dadurch vermuteter Zusammenhang zwischen Blattfeinheit und Verdaulichkeit besteht allerdings nicht. Vielmehr scheint es sich bei der Verdaulichkeit um eine sortenabhängige Eigenschaft zu handeln (Tabelle 1 zeigt einige Sortenbeispiele). Trotz Feinblättrigkeit wird Grünfutter vom Vieh immer noch „zurückhaltend“ angenommen.

Wie wird Rohrschwingel angebaut?

Rohrschwingel läuft zögerlich auf und hat eine sehr langsame Jugendentwicklung. Deshalb sollte er nach Möglichkeit spätestens Mitte bis Ende August ausgesät werden, um eine gute Vorwinterentwicklung zu erreichen. Dazu werden 50 kg/ha in ein für Feinsämereien geeignetes Saatbett ausgebracht und mit einer Rauwalze rückverfestigt. Eine Nachsaat von Rohrschwingel kommt aufgrund der vorgenannten Eigenschaften nicht in Betracht.

Die Saattiefe liegt bei maximal 1,5 cm, die N-Startgabe bei 40 kg/ha. Die Nährstoffentzüge eines etablierten Bestands liegen je nach Nutzungsintensität (bis 5 oder 6 Schnitte) bei 2 bis 2,5 kg N, 0,7 bis 1 kg P2O5 und 2,5 bis 3 kg K2O jeweils pro dt Trockenmasse.

Bedarfsweise wird bei etwa 15 cm Wuchshöhe ein Reinigungsschnitt durchgeführt. In dieser Auflauf- und Etablierungsphase ist der Rohrschwingel konkurrenzschwach, gewinnt danach jedoch mit zunehmender Zeit an Konkurrenzkraft.

Im Gegensatz zu Frischgras wird Silage vom Vieh „normal“ aufgenommen. Dazu wurde in Versuchen herausgefunden, dass die Futterkonservierung als Heu oder Silage die Blattrauheit reduziert. Grafik 1 zeigt die diesbezüglichen Relationen. Da der Gehalt an Strukturfasern rasch ansteigt, ist bei qualitätsorientierter Erzeugung eine frühe erste Nutzung erforderlich. Hinsichtlich der Nutzungsreife kann eine Orientierung an Knaulgras erfolgen.

 – LW 17/2019