Zupflügen schützt die Jungreben vor Frost

Junge Reben gut über den Winter bringen

Die Frostfestigkeit junger Reben ist allgemein geringer als in einem Altbestand. Zwar gibt es deutliche Sortenunterschiede, aber selbst bei frostharten Sorten wie Riesling sind Jungreben im ersten Winter nach der Pflanzung empfindlich gegen Winterfröste insbesondere am jungen Stamm. In Frostlagen hat sich, zumindest in den ersten beiden Jahren, ein Zupflügen der Veredlung bewährt, um Totalausfälle nach Frösten zu verhindern.

Eine Abdeckung im Spätherbst sollte gerade bei jungen Reben in gefährdeten Lagen beherzigt werden. Der Aufwand ist allemal vertretbar, im Vergleich zu den Schäden, die ohne Schutz entstehen können.

Foto: Matthias Zink

Ein später Pflanztermin - Ende Juni, Anfang Juli - führt zu einer verkürzten Vegetationszeit und notgedrungen zu einer unausgereiften Entwicklung. Sind die Reben erst im Spätsommer kräftig in die Länge gewachsen, ist der Entwicklungszeitraum bis zum Vegetations­ende zu kurz, um eine genügende Holzreife zu erlangen. Auch Pilzkrankheiten wie Oidium oder Peronospora führen zu einer verminderten Holzreife. Deshalb sind die einjährigen Junganlagen bis in den September gegen Oidium und Peronospora zu behandeln.

Gut gepflegte Reben kommen leichter durch den Winter

Die Rebe muss in der Lage sein, genügend Assimilate in den Holzkörper einzulagern, nur dann sind ein sicherer Austrieb und eine befriedigende Winterfrosthärte gegeben. Starker Trockenstress während der Hauptvegetation führt zu Wuchsstillstand mit teilweisem Blattfall im Sommer und beeinträchtigt erheblich die Holzreife. Oftmals ist nicht die extreme Witterung die eigentliche Ursache, sondern Nachlässigkeit in der Pflege. So kann regelmäßige Lockerung des Bodens um die Rebe herum die Wasserverdunstung wesentlich senken, ein massiver Beikrautbewuchs hingegen einen Wasser- und Nährstoffmangel bewirken. Derartig gestresste Jungreben haben Mühe, gut über den Winter zu kommen. Bei Schwachwuchs wird kein Stämmchen angeschnitten. Es erfolgt ein Rückschnitt ab März auf maximal zwei sichtbare Augen für einen neuen Stammaufbau im Folgejahr.

Jährlich ist mit einem Prozent Nachpflanzreben über die Standzeit eines Weinberges zu rechnen. Vor allem Nachpflanzreben in Ertragsanlagen brauchen mindestens ein Jahr länger bis der Stockaufbau abgeschlossen ist. Diese erfahren einen verminderten Pflegeaufwand (Wässern, Bodenbearbeitung) als Jungfelder und leiden unter der Wuchsdominanz der Altreben im Bestand sowie der Begrünung. Daher sind die Ausfälle bei Nachpflanzreben häufig überproportional hoch. Im betrieblichen Umtriebsplan sollten gezielt Nachpflanzaktionen in den Jahren stattfinden, in denen keine großen Neuanlagen anstehen. Eine jährliche Ersetzung der Fehlstellen aller Ertragsanlagen – etwa bei Escabefall - ist meist unökonomisch, konzentrierte Maßnahmen einzelner Anlagen sind arbeitstechnisch besser zu bewältigen.

Mittelstarke Stämmchen sind das Optimum

Eine gute Frostfestigkeit weisen Stämmchen auf, mit etwa bleistiftstarkem (acht bis neun mm) und relativ engknotigem Trieb. Die Sommertriebe im ersten Jahr sollten im Durchschnitt das obere Drahtpaar erreicht haben, somit ist die Ausreife bis zu Stammhöhe, welche im ersten Winter den Anschnittbereich darstellt, garantiert. Lediglich bei sehr gut gewachsenen Reben ist ein verlängerter Schnitt in Erwägung zu ziehen. Die dadurch überstehenden zwei bis vier Augen werden als kleiner Flachstrecker angebunden. Beim Ausbrechen im Frühjahr kann auf die endgültige Triebzahl, drei bis vier Triebe pro Stock, eingestellt werden. Ein zu starker, mastiger Wuchs im Pflanzjahr führt zu Problemen bei der Holzreife. Manchmal kommt es am Holz auch zu Dehnungsrissen, die in den meisten Fällen später überwallt werden. Bedenklicher ist die ungenügende Holzreife des jungen Stammes, der lediglich einjähriges Holz darstellt.

Sehr mastig gewachsene Stämmchen mit einem weiten Markkanal gelten als Frost anfällig, da ein gutes Nährstoff- und Wasserangebot die Pflanze zu lange am Wachsen hält. Die Umstellung auf Holzreife und Wuchsstopp erfolgt durch kürzer werdende Tage (Seneszenz). Die Rebe stellt sich damit auf den Winter ein. Erfolgt die Umstellung abrupt, durch üppige Wuchsbedingungen in den September oder durch frühen Frosteintritt Anfang Oktober, so wird die Holzreife negativ beeinflusst. Daher sind gerade kräftig gewachsene einjährige Reben meist in der Holzausreife verzögert oder zeigen im oberen Teil des Triebes keine Verholzung auf. Durch Gipfeln der Triebspitze sowie Drosselung des Wasser- und Nährstoffangebots ab August kann die Holzreife verbessert werden, durch Einsaat einer rasch auflaufenden Winterbegrünung und Verzicht auf mineralisierende Bodenbearbeitung.

Zupflügen schützt die Veredlung vor Winterfrostschäden

Bekanntermaßen wurde früher auf einen Schutz der Veredlung durch Zupflügen großen Wert gelegt. Die so genannte Winterfurche hatte den Zweck, dass bei kalten Wintern die Veredelungsstelle keinen Schaden nimmt. Selbst wenn die Stämmchen komplett erfroren sind, wird der Austrieb gesichert und der Stock kann neu aufgebaut werden. Die Erde muss im Frühjahr wieder mechanisch abgeräumt werden. Durch milde Winter, weite Standräume und Begrünungseinsaaten in den Gassen hat sich diese klassische Winterbodenbearbeitung seit vielen Jahren größtenteils aus dem Weinbau verabschiedet. Auch Erosion und Nitratauswaschung waren gute Gründe, davon abzurücken.

In Frostlagen hat sich zumindest in den ersten beiden Jahren ein Zupflügen der Veredlung bewährt, um Totalausfälle zu verhindern. Hier sei an die Tiefsttemperaturen vom Dezember 2010 erinnert, wo am 2. Weihnachtsfeiertag verbreitet Temperaturen unter minus 20°C aufgetreten sind. Geschädigte Reben sind unter den Spätfolgen der Stammschäden im Laufe des Sommers abgestorben. Auch im Februar 2012 trat ein Kahlfrost auf, der zu Schäden an jungen Reben führte. Typische Symptome sind eine im Laufe des Sommers aufgeplatzte Rinde, knollenartige Verdickungen am Stamm (maukeähnliche Symptome) oder Stammbereiche an der Basis, die im Laufe der Vegetation kein Dickenwachstum erfahren.

Schnee oder angehäufelte Erde schützt die Veredlung, die oberen Augen sind erfroren.

Foto: Matthias Zink

Aufgerissener basaler Stammteil einer zweijährigen Rebe nach vorherigem Winterfrost.

Foto: Matthias Zink

Das Schadbild: Bei den geschädigten Rebstöcken ist der untere Bereich des Stammes oberhalb des Pfropfkopfes auf einem Abschnitt von 10 bis 15 Zentimeter Länge abgestorben. Beim Querschnitt am unteren Teil des Stammes wird das vom Frost zerstörte, braun bis schwarz gefärbte, Kambiumgewebe sichtbar. In diesem Bereich unterbleibt das Dickenwachstum des Rebstammes. Durch die Leitbahnschäden ist der Transport von Wasser, Mineralstoffen und Assimilaten unterbrochen und der Stock stirbt nach einiger Zeit ab. Das Leitgewebe des oberen Stammteiles dagegen ist bis zum Welken der Blätter noch lebensfähig. Weil keine Verbindung zwischen Unterlage und dem oberen Stammbereich bestand, bilden sich dort auch zum Teil „Luftwurzeln“, also Wurzelgewebe, das ohne Bodenkontakt wieder eintrocknet.

Reben, die abgedeckt waren, erlitten aufgrund der tiefen Temperaturen in den beiden Vorwintern in gefährdeten Lagen zwar ebenfalls Schäden am Stamm, konnten aber durch einen Neuaufbau wieder vollständig regeneriert werden. Bei einem Teil der geschädigten Reben trat jedoch unterhalb der Veredlungsstelle in der Unterlage ein Frostriss auf. Von außen ist der Schaden kaum erkennbar, erst wenn die Unterlage bodenerdig unter der Veredlungsstelle abgeschnitten wird, zeigen sich die tiefen Querrisse. Das Wachstum der Rebe wird nachhaltig gestört. Möglicherweise ist mit weiteren Ausfällen oder Kümmerwuchs zu rechnen. Diese Reben sollten ersetzt werden.

Beim Zupflügen der Stammbasis sollte darauf geachtet werden, dass die Pfropfstelle ganz abgedeckt ist. Wurde die Rebe bei der Pflanzung höher gesetzt, so ist oft keine vollständige Abdeckung über die Wintermonate möglich. Gerade in frostgefährdeten Lagen sollte die Veredlung nicht höher als 5 cm über dem flachen Erdboden liegen. Bei zu tiefer Pflanzung, ist die Bildung von Edelreiswurzeln Pflanzung wahrscheinlicher und Ausbrecharbeiten an Bodennähe sind erschwert. Sich bildende Edelreiswurzeln sind in den ersten Jahren konsequent zu entfernen. Das Freiräumen der Pfropfstellen im zeitigen Frühjahr nach wie vor eine wichtige Funktion.

Hochstammreben sollten in Frostlagen nicht zum Einsatz kommen, denn hier ist kein Schutz der Veredlungsstelle möglich. Zwar erträgt die Unterlage tiefere Temperaturen, dies nützt aber kaum, wenn das Edelreis Schaden erleidet. Pflanzrohre sollten vor dem Zuwerfen der Veredlung unbedingt entfernt werden, die beigeschaffte Erde sollte direkt die Veredlung abdecken. Lockere Böden lassen sich auch mit einer Hacke oder Schaufel gut an die Rebe heranziehen, tonreiche schwere Böden sollten mittels eines Scheibenpflugs oder einer starr angebauten Schar beigepflügt werden. Nach dem Herbst, spätestens bis zum Eintreten starker Fröste ab Mitte Dezember sollte die Veredlung so geschützt werden. Abdeckmaterialien wie Stroh oder Komposte sind hier nicht optimal und sind zu teuer und aufwändig bei der Ausbringung im Unterstockbereich. Spätestens bis zum Austrieb der Reben ist die Veredlungsstelle wieder freizuräumen, um die Bildung von Edelreiswurzeln zu unterbinden. Der Reblausgefährdung sollte damit nicht weiter Vorschub geleistet werden.

Zwei- und dreijährige Reben auf Stammschäden kontrollieren

Beim Rebschnitt in jüngeren Anlagen, die bereits einige Ausfälle durch Fröste aufzeigen, sollten die Stöcke auf Auffälligkeiten am Stammbereich kontrolliert werden. Im Frühsommer zeigen latent geschädigte Reben oft rillenartige Verdickungen an der Basis. Die Aufreissungen der Rinde am Stamm werden nachfolgend durch Kallusgewebe verschlossen. Optisch kann dieses Kallusgewebe nicht eindeutig von Mauke unterschieden werden. Der Nachweis von Mauke kann nur mit Hilfe einer labortechnischen Untersuchung geführt werden. Bei einem laufenden Forschungsprojekt soll am DLR Rheinpfalz ein Testverfahren entwickelt werden, um zukünftig auch latenten Befall sicher erkennen zu können.

Die am Stamm geschädigten Stöcke weisen im Spätsommer mitunter eine auffällige Vergilbung auf und die Trauben sind vielfach unmittelbar vor oder während der Reife verwelkt. Das einjährige Holz schneidet sich im Winter trocken, muss aber noch nicht ganz dürr oder verbräunt sein. Meist zeigen diese Reben keinen Austrieb mehr oder sterben im Laufe des Folgejahrs ab. Falls sich kräftige Triebe unter der Schadstelle bilden, kann der Stamm daraus neu aufgebaut werden, die Rebe kann vollständig gesunden. In Zweifelsfällen sollte beim Ausbrechen ein Trieb vorläufig belassen werden, der als Ersatzstamm mitgezogen werden kann, denn Rückgangserscheinungen und Stockausfälle können sich noch im Spätsommer zeigen. Wird kein Ersatztrieb belassen, stirbt die Rebe im Laufe des Sommers meist komplett ab.

Netzrohre schützen vor Kaninchen, ohne die Frostproblematik zu verschärfen.

Foto: Matthias Zink

Winterfrostschaden in der Röhre. Der Austrieb ist schwach, da die Pfropfstelle frei lag.

Foto: Matthias Zink

Pflanzröhren und -hüllen bilden über die Vegetation zwar meist günstige Wuchsbedingungen durch warmes (Treibhaus-) Klima, Schutz vor schädigenden Einflüssen (Hagel, Herbizide, Wild, Mehltau) und dienen der Arbeitserleichterung (Ausbrechen, Ausgeizen und Anbinden außerhalb der Arbeitsspitze). Über Winter kann sich ein aufgestülptes Pflanzrohr aber gegenteilig auswirken. Gravierende Schäden können durch Pflanzröhren verstärkt oder gar erst verursacht werden. Daher ist es in den meisten Fällen günstiger, die Pflanzröhren über Winter abzunehmen und nach dem Austrieb wieder auf noch schwach gewachsene Reben zu setzen.

Vorsicht bei Pflanzrohren

Durch Belassen der Röhren über Winter können Nachteile eintreten:

  • Falllaub, das in den Röhren verbleibt, fördert Botrytis am Holz.
  • Wo die Veredlung wegen Winterfrost zugepflügt wird, sollte vorher das Rohr entfernt werden. Verstärkt werden können Winterfröste durch die Luftschichtung, Kaltluft sackt in der Röhre ab. Vermutlich treten innerhalb der Pflanzröhren größere Temperaturschwankungen auf als an frei stehenden Reben. Zu stärkeren Schäden kann auch beitragen, dass das Wachstum in den Röhren durch die günstigeren Bedingungen während der Vegetationsperiode forciert wird.
  • Die Reben im Rohr treiben im Frühjahr früher aus und erfrieren schneller. Daher sollte das Rohr vor Winter­eintritt entfernt und erst nach den Eis­heiligen wieder über­gestülpt werden. Das gilt bei früh gepflanzten Nachpflanzreben als auch bei Reben vom Vorjahr, die auf ein Auge zurückgeschnitten wurden. Zwar ist ein Austrieb nach Spätfrost meist gegeben, die Reben werden sich aber schwächer entwickeln. Röhren mit offener Naht lassen sich über Winter an den Draht einhängen und müssen nicht eingesammelt werden.
  • Wo Wildschaden und Kaninchenfraß droht, kann es unter Abwägung der Risiken (Frost oder Fraß) sinnvoll sein, die Röhren über Winter dran zu lassen. Statt geschlossener Röhren sollten gelochte/halboffene verwendet werden, die einen Temperaturaus­gleich ermöglichen. Alternativ kann eine Umzäunung über Winter hefen, der Drahtzaun muss jedoch in den Boden eingegraben werden.

Jungreben sollten unmittelbar vor dem Austrieb geschnitten werden. Dann lässt sich ein Winterfrostschaden erkennen. Gegebenenfalls erfolgt ein Rück­schnitt auf die ersten beiden Basal­augen. Reben, die in den ersten Ertragsjahren nicht überlastet waren, zeigen eine bessere Frosthärte. Zu mastig gewachsene Reben führen auch nicht zum erwünschten Erfolg. Starker Ausfall kann auch mit Nährstoffunterversorgung zusammenhängen. Kalium und Magnesium sollten ausreichend verfügbar sein (Versorgungsstufe C).

Hochstammreben erfahren aufgrund der Arbeitserleichterung eine stete Zunahme bei Rebstockerneuerungen, kos­ten aber doppelt soviel. Meist zeigen Hochstammreben einen kräftigeren Wuchs im ersten Jahr, der nicht dazu verleiten sollte, Hochstämme generell auf kleine Bögen zu schneiden. Ein kurzer Strecker von 5 Augen sichert den Austrieb an der Basis, sodass sich die Rebe nicht schon in jungen Jahren hochbaut. Ist der Anschnitt im Nachhinein dennoch zu hoch, so ist kompromisslos beim Austrieb zu korrigieren oder früh Gescheine ausgedünnen.

Auch eine frühere Lese sichert die Holzreife. Aspekte der Traubenverarbeitung und Weinbereitung (Ascorbinsäurezusatz als UTA-Vorbeugung oder Verwertung als Saft) bei früher Lese sind zu berücksichtigen. Vorbeugen ist besser als heilen.

Gerd Götz und Matthias Zink, DLR Rheinpfalz – LW 49/2012