Eintritt frei – Management im Milchviehstall per Leitsystem

Rindertag-Praxisteil zum Thema „gelenkter Kuhverkehr“

Zum Konzept des Waldeck-Frankenberger Rindertages gehört der Besuch innovativer Betriebe in der Region. Im Anschluss an den Vortrag hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, den neuen Milchvieh­stall für 120 Kühe mit Doppel-Melkroboteranlage und gelenktem Kuhverkehr der Familie Rummel am Ortsrand von Usseln zu besichtigen. Betriebsleiter Achim Rummel, staatlich geprüfter Landwirt, erläuterte die Abläufe.

Der interessante Betrieb liegt im Upland auf 600 m über Normalnull.

Foto: Moe

Vor der Entscheidung zur Investition hat Achim Rummel viele Betriebe besichtigt, unter anderem einen bei Frankfurt an der Oder mit 17 Melkrobotern im Einsatz. Für ihn standen mit dem Plan des neuen Milchvieh­stalles zwei Ziele im Mittelpunkt:

Tiergerechtheit und Arbeitswirtschaft.

Beides wurde realisiert. Der Stall ist hell, der Laufgang breit, die Tiefboxen sind mit beweglichen Bügeln ausgestattet und mit gekalkter Strohstreu gefüllt. Außerdem gibt es einen 300 qm großen Laufhof. Zum Schutz des Stalls vor dem Aufheizen im Sommer ist das Dach isoliert. Mit Blick auf die Arbeitswirtschaft kam für ihn eigentlich nur der Melkroboter in Frage. „Das Ziel mit dem Bau des neuen Stalles bestand darin, dass unser Fa­mi­­lienbetrieb wachsen kann. Und dass vor allem am Wochenende eine Person allein den gesamten Bestand von 120 Kühen plus 120 Jungtieren weiblicher Nachzucht managen kann.“

Aus diesen Gründen hat sich Achim Rummel, der den Betrieb gemeinsam mit Vater Albert und Mutter Marga bewirtschaftet, für das Kuhleitsystem „Feed-First“ von Delaval mit gelenktem Kuhverkehr entschieden. Er ist der Ansicht, dass dieses System gut in seinen Betrieb hineinpasst. So spart er Zeit, da Treibearbeiten entfallen. Die beiden Melkroboter sind gleichmäßig ausgelastet. Die Kühe haben kaum Stress, die Tiere sei­en noch ruhiger, als es sonst bereits in Roboterherden der Fall ist, berichtete Rummel. Kern des Leitsystems sind Funk­tionsbereiche im Stall. Es star­tet mit dem Melkanrecht der Kuh vor der Melkbox. Hat sie es nicht, wird sie in den Laufstall zurückgeführt. Hat sie Melk­anrecht, darf sie zum Roboter. Nach dem Melkvorgang öffnet sich für sie das Tor zum Fressbereich. Will sie entspannen, kann sie direkt oder an weiteren Ãœbergän­gen aus dem Futterbereich zum Ruhebereich mit Liegeboxen wechseln. Ordnet das System aus irgendwelchen Gründen wie Brunst oder Klauenpflege die Separation der Kuh aus der Her­de an, ist für sie nach dem Besuch der Box weder der Weg in den Futter-, noch in den Ruhebereich frei. Dann öffnet sich für sie nur das Tor zum Selektionsabteil.

Der Stall besteht weiterhin aus einem Trockensteher- und einem Kalbebereich. Das Ab­kalbeabeil ist mit Blick auf die Arbeitswirtschaft neben dem Melk­ro­bo­ter gebaut. Von dort wird die frisch ge­kal­bte Kuh in die Melkbox geführt. Die Biestmilch wird eine Woche lang separat aufgefangen. Die Anlage wird danach sofort gespült und der Robo­ter kann weiter die Herde melken. Mit circa 9 000 Euro je Kuh, ohne Silageraum und Güllelager, liegen die Kosten für die Investi­tion in diesem Stall wegen des Leit­systems etwas höher als üblich. Achim Rummel überzeugen aber die arbeitswirtschaft­lichen Aspekte im Betrieb, so dass sich das System für ihn rechnet. Martin Schäfer aus Rattlar, Be­zirksvorsitzender der Zucht- und Besamungsunion Hessen sowie des Hessischen Verbandes für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht, stellte das En­­ga­­­ge­ment der Familie Rummel heraus. Am Veran­stal­tungs­tag glänzte der Betrieb auch mit einer 100 000-Liter-Kuh; darüber berichten wir noch.

Moe – LW 48/2016