Gesunde Tiere auf leistungsfähigen Weiden
Herausforderung Düngeverordnung
Die Weidehaltung hat über Jahrzehnte deutlich abgenommen und ist regional schon fast völlig aus dem Landschaftsbild verschwunden. Zunehmend größere Bestände, verzettelte Flächenausstattung und die für Familienbetriebe unabdingbare Rationalisierung der Arbeitsabläufe haben die ganzjährige Stallhaltung - verbunden mit Silage-Fütterung - zum vorherrschenden System in der Milchviehhaltung werden lassen. In den letzten Jahren ist allerdings wieder ein Trend zur Beweidung erkennbar.
Die Ursachen für die Wiederbelebung der Weidehaltung sind vielfältig. Einerseits kann eine gut organisierte Beweidung die Futterkosten minimieren, andererseits spielen gesundheitliche Aspekte eine immer bedeutendere Rolle. Eine Jungviehaufzucht auf der Weide wirkt sich im Hinblick auf Gesundheit, Konstitution und Langlebigkeit bei der späteren Milchkuh sehr positiv aus. Auch laktierenden Herden wird wieder verstärkt eine stallnahe Auslauf-weide angeboten. Der Tierwohlaspekt sowie die gesellschaftliche Akzeptanz, aber verstärkt auch Vorgaben von Molkereien sind hierfür als Gründe zu nennen. Eine Besonderheit stellt immer noch das Haltungssystem der Kurzrasenweide dar. Betriebe, die nach durchaus schwierigen Umstellungsphasen einen guten Kurzrasenweidebestand etabliert haben, sind von diesem Haltungskonzept der Milchviehhaltung überzeugt. Aber auch die Weidemast mit oder ohne Mutterkuhhaltung nimmt deutlich zu, der Verbraucher schätzt vor allem in der Direktvermarktung die hervorragende Fleischqualität dieser Tiere.Erhöhte Anforderungen der Grünlandbewirtschaftung
Alle Weidehaltungssysteme erfordern vom Betriebsleiter erhöhte Aufmerksamkeit in Bezug auf Weideplanung, Bestandszusammensetzung, Wettersituationen und jährliche Pflegemaßnahmen. Die dauerhafte Etablierung einer ertragreichen und beweidungstoleranten Grasnarbe ist entscheidend für den nachhaltigen Erfolg des Betriebes und einen gesunden Tierbestand. Viehhaltung, ob auf der Weide oder im Stall, ist immer mit dem Anfall organischer Dünger verbunden. Die neue Düngeverordnung bringt besonders für tierhaltende Betriebe erhöhte Anforderungen bei der Düngeplanung und Bilanzierung mit sich. Auch bei Weiden ist eine schlagbezogene Düngebedarfsermittlung vor einer jeden Ausbringung von Stickstoff- oder Phosphor-haltigen Düngern notwendig.
Versorgungsstufe C für Grundnährstoffe anstreben
Unabhängig von der neuen Düngeverordnung sollte bei den Grundnährstoffen Calcium, Phosphat, Kali und Magnesium die Versorgungsstufe C angestrebt werden. Besonders in viehstarken Betrieben entstehen oft auf Grund der hohen organischen Düngung Missverhältnisse der Nährstoffe zueinander. Mangel- oder Überschusssituationen beeinflussen sowohl den Ertrag als auch die Qualität des Grünlandaufwuchses und damit direkt die Tiergesundheit und Leistungsfähigkeit. Eine optimale Nährstoff- und Mineralstoffversorgung der Tiere ist nur bei einer ausgeglichenen Versorgung der Böden möglich. Dafür sind regelmäßige Bodenuntersuchungen unabdingbar.
Calcium und Phosphor für Boden, Pflanze und Tier
Calcium flockt im Boden die Tonminerale aus und fördert die Bildung stabiler Ton-Humus-Komplexen. Das sorgt für eine gute Bodenstruktur. Damit wird einerseits der Verschlämmung vorgebeugt und andererseits ein gutes Verhältnis von Grob- und Feinporen im Boden erreicht. Infolge dessen erhöhen sich das Wasserhaltevermögen, die Trittfestigkeit und die Regenverdaulichkeit. Zugleich können die Pflanzenwurzeln bei einer guten Basensättigung des Bodens andere wichtige Pflanzennährstoffe besser verwerten. Zusätzlich ist Calcium als essenzieller Nährstoff am Aufbau des Knochengerüstes der Tiere beteiligt und fördert damit die Leistungsfähigkeit der Tiere. Phosphor ist an vielen pflanzlichen Stoffwechselprozessen und Enzymaktivitäten beteiligt. Phosphor beschleunigt und verbessert das Graswachstum und spielt dabei eine wichtige Rolle für den Erhalt eines hohen Anteils wertvoller Gräser mit hohen Futterwertzahlen im Bestand. Phosphor ist als Nährstoff gemeinsam mit dem Calcium stark am Knochenaufbau der Tiere beteiligt. Gleichzeitig hat er einen großen Einfluss auf die Fertilität und Fruchtbarkeit des Weideviehs. Bei Mangelsituationen können sich Probleme wie beispielsweise geringe Futteraufnahme, Nachgeburtsverhalten, geringere Aktivität, Abmagerung, niedriger P-Blutspiegel, Lecksucht, Durchfälle, Müdigkeit, atypisches Festliegen, struppiges Haarkleid oder Entzündungen im Zwischenklauenbereich einstellen.
Kali mit Magnesiumkainit ergänzen
Kali ist als Pflanzennährstoff generell am Wachstum beteiligt. Die Bildung von Kohlenhydraten, Zucker, Stärke, Vitaminen oder Pflanzenenzymen wird durch Kali gefördert. Kali verbessert zusätzlich die Wassereffizienz als auch die Krankheitsabwehr der Pflanzen. Kali ist im tierischen Organismus ein lebensnotwendiger Elektrolyt, unverzichtbar für viele Zellfunktionen und sehr wichtig für die Muskel und Nervenfunktionen. Bei hohem Viehbesatz wird der Bedarf über die im Betrieb anfallenden organischen Dünger meist weitgehend gedeckt. Ist eine Ergänzungsdüngung in mineralischer Form erforderlich, so wird diese bei weidehaltenden Betrieben idealer Weise mit Magnesiumkainit im Frühjahr durchgeführt. Neben Kali werden mit diesem Dünger gleichzeitig Magnesium, Schwefel und Natrium zugeführt. Natrium ist zwar kein essentieller Pflanzennährstoff, aber ein wichtiger Mineralstoff für die Tiere. Bei der Verwendung von Natrium-haltigen Düngemitteln steigt nicht nur die Schmackhaftigkeit des Weidefutters, sondern über die Grünfutteraufnahme wird auch die Versorgung der Tiere mit diesem wichtigen Mineralstoff deutlich verbessert.
Stickstoffdüngung und Nutzung aufeinander abstimmen
Stickstoff wird auch als Motor des Pflanzenwachstums bezeichnet. Nur durch den Stickstoff ist die Eiweißbildung der Pflanzen möglich. Dieses pflanzliche Eiweiß ist schlechthin essentiell für alles Leben auf der Erde. Je nach Ertragsziel und Artenzusammensetzung ist die Bemessung der Stickstoffdüngung auf dem Grünland sehr wichtig. Stickstoffdüngung und Nutzungsintensität müssen sich in einer ausgewogenen Balance befinden: Standorte mit höheren Kräuteranteilen sind verhaltener mit Stickstoff zu versorgen, um die gewünschten Arten zu erhalten. Intensivgrünland sollte entsprechend höher mit Stickstoff gedüngt werden. Grundsätzlich sind alle StickstoffÂformen für die Düngung des Grünlandes geeignet.
Weidehygiene mit Kalkstickstoff
Weidehaltung ist immer anfällig für einen erhöhten Infektionsdruck durch Eingeweideparasiten. Untersuchungen eines Milchprüfrings in Bayern haben ergeben, dass fast alle weidehaltenden Betriebe mit Leberegelbesatz zu kämpfen haben. Aber auch Lungen-, Magen- und Darmwürmer spielen eine nicht unbedeutende Rolle. Ein Parasitenbefall beeinträchtigt die Gesundheit der Tiere und sorgt für einen Leistungsabfall bei Milch und Aufzucht und damit verbunden zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen. Eine Strategie zur Parasitenbekämpfung ist nur dann erfolgreich, wenn die medikamentöse Behandlung der Tiere mit nachhaltiger Weidehygiene kombiniert wird. Wird die mineralische Ergänzungsdüngung im Frühjahr in Form von Kalkstickstoff gegeben, unterbricht dieser Dünger durch seine Nebenwirkung auf die Wurmlarven und die Zwergschlammschnecken sowohl den Infektionskreislauf beim Leberegel als auch bei den Eingeweidewürmern. Eine Düngung mit 300 bis 350 Kilogramm Kalkstickstoff zum Zeitpunkt der Forsythienblüte mit 14 Tagen Wartezeit bis zum Weideauftrieb beugt somit einer Neuinfektion des Weideviehs mit Parasiten vor. Der nachhaltig verfügbare Stickstoff und die intensive Kalkwirkung stärken zusätzlich die Grünlandnarbe und verbessern die Bodenstruktur. Breitblättrige Unkräuter wie Löwenzahn, Hahnenfuß und Jakobskreuzkraut werden durch Verätzung der Blattspreiten und Vegetationskegel nachhaltig geschädigt und im Pflanzenbestand erkennbar zurückgedrängt.
Ewald Ebert, AlzChem Trostberg GmbH, LAD Hessen, Rheinland Pfalz, Saarland – LW 14/2018