Intensive Gespräche mit der Gesellschaft notwendig

Dialog mit Verbrauchern wird wichtiger

Bei der Kreisversammlung Alzey-Worms im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd in der Stadthalle in Alzey zeigten sich die Landwirte und Winzer besorgt über die Entwicklung in der Gesellschaft. Das abnehmende Wissen um die Arbeit der Landwirte sei nur ein Aspekt, die hohen ökologischen Anforderungen und die geringe Bereitschaft die hochwertigen Produkte fair zu bezahlen sind weitere. Weniger als zehn Prozent ihres Einkommens nutzen die deutschen Bundesbürger mittlerweile für den Einkauf von Lebensmitteln und in keinem anderen Land ist die Dichte der Discounter so hoch wie in Deutschland.

BWV-Präsident Eberhard Hartelt sieht die Zeit für „Grünwesten“ gekommen, um der Gesellschaft zu zeigen, was Landwirte tun.

Foto: Setzepfand

„Beim Rheinland-Pfalz Tag in Worms haben wir das Gespräch mit den Verbrauchern gesucht. Wir waren bestens vorbereitet. Ob Insektensterben, Neonicotinoide oder Glyphosat, wir wussten auf alles eine Antwort“, sagte Holker Pfannebecker, der BWV-Kreisvorsitzende Alzey-Worms. „Die Leute haben zugehört und zeigten viel Verständnis. Wenn jeder Ortsverein in der nächstgelegenen Stadt solche Gespräche führt, dann können wir diesem Unverständnis gegensteuern“, zeigte sich Pfannebecker überzeugt. BWV-Präsident Eberhard Hartelt berichtete von der Internationalen Grünen Woche in Berlin. „Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner zeigt sich volksnah und betont immer wieder die Bedeutung der Landwirtschaft für die Welternährung.“ Das passt manchen Naturschutzverbänden und NGOs nicht, in deren Sprachgebrauch der Begriff Lebensmittelproduktion keine Verwendung findet. Stattdessen geht es um Biodiversität, Luftreinhaltung, Wasserschutz und Erholung. Selbst bei der guten Rede von Bundespräsident Walter Steinmeier beim Zukunftsforum Ländliche Entwicklung kam das Wort Landwirtschaft nicht vor, bemerkte Hartelt.

Lebensmittelhandel ohne Verantwortung

Klöckner versuche die Menschen an Runden Tischen zusammenzubringen, ob Umweltverbände oder der Handel, um neue Wege zu finden. „Der Handel hat eine sehr unrühmliche Stellung und übernimmt keinerlei Verantwortung. Wenn es keine so billigen Angebote gäbe, würden die Verbraucher diese nicht nutzen können“, sagte Hartelt.

Auch beim Insektensterben haben sich die Naturschutzverbände auf die Landwirtschaft eingeschossen. „Und ja, wir müssen den Hinweis der Krefelder Forscher ernst nehmen, aber es kann nicht sein, dass wir alleine dafür geradestehen. Wir sind auf dem richtigen Weg mit Blühstreifen und mehr Zwischenfrüchten. Da lass ich mir diese Aktionen nicht als Alibi von Umweltverbänden und Umweltministerin Svenja Schulze diskreditieren“, betonte Hartelt. Für das Projekt FRANZ hat der Deutsche Bauernverband (DBV) mit anderen Institutionen den Nachhaltigkeitspreis erhalten. Von diesem Projekt erhoffe sich der DBV wissenschaftliche Daten und vor allem praktische Anleitungen für viele weitere Betriebe.

„Wir müssen selbst aktiv werden. Wir müssen uns im Ländlichen Raum mit anderen Verbänden zusammentun und Grüne Westen überziehen. Wir dürfen nicht länger Angriffsfläche für städtische Boomregionen sein. Ich rechne hier mit ihrer Unterstützung“, forderte Hartelt.

Dieter Möllinger (r.) aus Osthofen stellte sich aus Altersgründen nicht mehr zur Wahl. Über viele Jahre war er einer der Aktivposten im Kreisvorstand.Holker Pfannebecker dankte ihm für seine konstruktive Mitarbeit und sein langjähriges Engagement.

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In Bezug auf die neue GAP bemerkte Hartelt, dass die Säulenstruktur erhalten bleiben soll, dass er jedoch die Gefahr sehe, dass mit der zunehmenden Eigenverantwortung der Mitgliedsstaaten, in Deutschland 16 verschiedene Systeme geben werde. Schon jetzt sträuben sich die ostdeutschen Kollegen beim Thema Deckelung und verlangen, dass die gekürzten Gelder im eigenen Land bleiben.

Paten für Blühkisten werden noch gesucht

Unterstützung für die Aktion landgemacht benötigt auch die Landjugend. 70 Blühkisten möchten die Landjugendlichen in die Mainzer Innenstadt stellen. „Wir liefern Hummelwellness in die Städte mit unseren Blühkisten, die jeweils einen Landwirt vorstellen, der zuhause mindestens einen Blühstreifen eingesät hat“, erklärte David Spies, Vorsitzender der Landjugend RheinhessenPfalz. Damit wolle die Landjugend zeigen, dass die Landwirtschaft schon viel tut und dass da, wo heute Stadt ist, früher auch Landwirtschaft war.

Zwar sind die Landwirte im Kreis Alzey-Worms im Extremjahr 2018 noch gut weggekommen, doch mit dem Wegfall der Zuckermarktordnung, der kleinen Zuckerrübenernte von nur 63 t/ha und den niedrigen Preisen verliert eine wichtige Kultur der rheinhessischen Fruchtfolge ihre Bedeutung. Sie hat so manches Jahr in der betrieblichen Mischkalkulation noch für ein positives Ergebnis gesorgt. Nun liegt der Deckungsbeitrag ähnlich wie Gerste, hatte Prof. Dr. Thore Toews von der TH Bingen bei den Agrartagen vorgerechnet. Viele Landwirte sind verunsichert, ob sie im kommenden Jahr nochmals Zuckerrüben anbauen werden. Hiobsbotschaften von Werksschließung von Seiten der Südzucker tragen zur Verunsicherung bei ebenso wie die Ausnahmegenehmigungen der Neonicotinoide in Belgien, Polen und nun auch Frankreich. Hier forderte Hartelt einen europäischen Gleichklang.

Für viele Jahre ehrenamtliches Engagement im Weinbauverband Rheinhessen dankte Weinbaupräsident Ingo Steitz (l.) Andreas Hahn (Mitte) und Klaus Fellinger (r.).

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Gerade in Hinblick auf die Düngeverordnung sei die Zuckerrübe eine wichtige Kultur. Hartelt rechne in den kommenden Wochen damit, dass sich das Ministerium in Mainz zu den Maßnahmen in den Roten Gebieten äußern werde. Die Veröffentlichung der Nmin-Werte betriebsspezifisch konnte der Verband abwenden, diese werden nun anonym veröffentlicht.

„Profitiert von der Hitze und Trockenheit hat der Wein“, sagte Pfannebecker. Mit vollen Kellern und bester Qualität musste zwar noch Menge in den Weinbergen hängen gelassen werden, doch der Weinmarkt zeige, dass diese Entscheidung richtig war, ergänzte der rheinhessische Weinbaupräsident Ingo Steitz. Er nannte die Gründung der Schutzgemeinschaften, die alle eine einheitliche Satzung in den dreizehn Weinanbaugebieten verabschiedet haben, einen Meilenstein. Nun könne man vor Ort schneller reagieren. Ob dies das Mindestmostgewicht von Dornfelder betreffe, die Kirschessigfliege oder die Abgrenzung der Rebfläche. Beim letzten Punkt gebe es noch zahlreiche Gemeinden in Rheinhessen, die bisher keine Abgrenzung der Rebfläche haben und in denen dies nachgeholt werden solle.

Verbraucher muss Weinbezeichnung verstehen

Weitere weinbaupolitische Themen werden einheitliche Nährwertangaben für Wein sein, die Zutatenangaben, entalkoholisierte Weine sowie das Bezeichnungsrecht. „Wir können nicht in die erste Liga kommen, wenn wir uns bei der Bezeichnung nicht einig sind und uns die Verbraucher gar nicht verstehen“, betonte Steitz. Er sprach von der Initiative Weinmarketing und forderte die rheinhessische Agrarwirtschaft auf, mehr für die Region zu tun. „Südtirol erhält 3,5 Mio. Euro für die vier Produkte Wein, Speck, Obst und Käse. Wir werden doch zwei Produkte aus Rheinhessen finden, die wir ähnlich bewerben können. Ich denke hier an Spargel und Wein.“ Da müsse ein Konzept erarbeitet werden, um die potenziellen Gelder der EU abzuschöpfen, dass damit die Herkunftsbezeichnung der EU mit auf die Produkte komme, sei kein Nachteil.

Diskussionen gab es zu den Themen Einzellagen, die manche abschaffen und andere stärken wollen. Die sinkende Förderung der Pheromonanwendung wurde beklagt, obwohl dieses Verfahren im Sinne des Naturschutzes sei und das Insektensterben reduziere.

zep – LW 6/2019