Pferdebetriebe managen

Haltung im Fokus von Wissenschaft und Wandel

Bei der landwirtschaftlichen Woche Nordhessen 2014 ging es auch um das Thema Pferdehaltung. Zum „Betriebsmanagement bei unterschiedlichen Haltungsformen: Fütterung, Gesundheitsvorsorge und Tierschutz“ sprach Christa Finkler-Schade (Verden). Prof. Dr. Sc. agr. Engel Hessel erläuterte Versuchsergebnisse der Georg-August-Universität in Göttingen und sprach über „Einstreumaterial, Entmistungsintervall, sowie Ammoniak- und Staubentwicklung“ in Pferdeställen. Natascha Klinkel, LLH, fasst wichtige Aussagen zusammen.

Bei der Landwirtschaftlichen Woche Nordhessen wurde zum Thema Pferdezucht und -haltung informiert.

Foto: Theresa Schneider, Viernheim

Die Debatte um eine tiergerechte Haltung nimmt auch in der Pferdehaltung deutlich zu. Ein im April 2012 gefallenes Urteil in Starnberg verurteilt eine Pferdebesitzerin wegen der Einzelhaltung in Boxen in Verbindung mit unzureichender Bewegung zu einer Geldstrafe. Neben der Haltung verstieß ebenfalls die vorzufindende Reitweise gegen das Tierschutzgesetz. Christa Finkler-Schade sieht hier die Notwendigkeit für ein proaktives Handeln mit sehr hohem Aktualitätsbezug. Weiterhin greift auch im Pferdesport ein Wandel von weniger reiterlichem Nachwuchs, rückläufigen Bedeckungs­zahlen und weniger Pensionspferdebetrieben.

Daraus resultieren zukünftig Pensionsbetriebe mit wirtschaftlicher Größe oder eine private Haltung als Selbstversorger.

In jedem Fall haben das ehemalige Steppentier und dessen Besitzer mehr Anforderungen an eine Haltung, als Sauberkeit und Ordnung. Bedarf an Bewegung äußert sich zunehmend in der Wahl des Haltungssystems. Die Möglichkeit Pferden eine Form des Sozialkontaktes zu bieten, fachliche Kompetenz, sowie ein optimiertes und abwechslungsreiches Bewegungsangebot entscheidet zukünftig am Markt.

Rechtliche Grundlagen zur Pferdehaltung finden sich lediglich in Paragraph 1 und 2 des Tierschutzgesetzes. Empfehlungen finden sich zudem in den „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ des BMELV. Eine Sachkunde wird für die Haltung von Pferden im Eigentum nicht gefordert.

Gesundheit ist mehr als das Freisein von Krankheit (WHO, 1946) Gesundheit wird viel mehr von Haltung, Fütterung und Gesundheitsvorsorge beeinflusst. Dem Tagesablauf von Wildpferden der Camargue oder in Dülmen kommt die Laufstallhaltung am nächsten.

Haltungsbeeinflusste Schäden wie Verdauungsprobleme durch verminderte Bewegung und Erkrankungen des Bewegungsapparates durch hohe Standzeiten sind nur zwei Gründe für ein Um­denken in der Gestaltung von Haltungssystemen. Wurden vor zehn Jahren noch mehr als 90 Prozent der niedersächsischen Pferde in Einzelhaltung gehalten, so ist diese Zahl rückläufig. Da das verminderte Bewegungsangebot und die fehlende Teilnahme an der Umwelt for­derten auch in der Schweiz Veränderungen. Hier wurde die Dokumentation von freiem Bewegungsangebot zur Pflicht. Bevor auch in Deutschland eine solche Regelung greifen könnte, werden schon heute alternative Konzepte zur alternativen Pferdehaltung umgesetzt. Die Umgestaltung von Hofarealen zur Aktivhaltung von Gruppen, die Umnutzung alter Fahrsiloanlagen oder das Aufbrechen dunkler Gebäudehüllen durch Lichtbänder sind Beispiele für den kreativen Einsatz. Nicht zu vergessen ist dabei das Einstellerprofil. Hier gilt es eine gute Balance zu finden, so Christa Finkler Schade. Auch als Betriebsleiter muss eine Veränderung im Haltungssystem gut durchdacht und akzeptiert sein. Neue Herausforde­rungen im Management der Grup­penzusammenstellung und -führung, der Dominanzbeurteilung, sowie der Liegeflächengestaltung gehören dazu.

Tipps für die richtige Fütterung

Unabhängig vom Haltungssystem gelten für die Fütterung die gleichen Grundlagen. Kleine Mengen Futter, besonders von Kraftfutter über 14 bis 16 Stunden sorgen für eine gleichmäßige Sezernierung von Magensaft und eine aktive Verdauung. Auch in der Gruppenhaltung können Magengeschwüre zu einem Problem werden. Gerade rangniede­re Tiere neigen unter Stress zur Ausbildung von Magengeschwüren. Christa Finkler-Schade betonte die Grundlage jeder Fütte­rung: Ohne die Untersuchung (Futterwertbestimmung) von Grundfuttern sowie die folgende Rationsberechnung ist kei­ne angepasste Fütterung möglich. Empfehlungen zur Rationsgestaltung gibt die Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE). Auch die Umstellung der Energiebewertung von der „verdaulichen Energie (DE)“ hin zur „um­setzbaren Energie (ME)“ wird in nächster Zeit Neuerungen bringen.

Auch das Einstreu unter der Lupe

Der Markt für Einstreu erweitert sich in den letzten Jahren zusehends. Prof. Dr. Engel Hensel von der Georg-August-Universität in Göttingen testete Varianten im Labor und in der Praxis. Allgemein zielt jede Form von Einstreu auf die Bindung von Feuchtigkeit ab. Eine komfortable Liegefläche in ausreichender Dicke fördert den Liegekomfort. Welches Einstreu genutzt wird, ist von diversen Faktoren abhängig. Dabei sind insbesondere die Verfügbarkeit in Abhängigkeit von der Preiswürdigkeit, die Handhabung und das Vorhandensein allergener Anteile relevant. In freier Wildbahn trennt sich ein Pferd durch fortwährende Bewegung räumlich von Kot und Urin. In der Einzelhaltung auf wenigen Quadratmetern ist dies nicht möglich. Kot und Urin, sowie deren Abbauprodukte sind wenigstens über einige Stunden in unmittelbarer Nähe. Insbesondere der sofort entstehende Ammoniak ist in der Stallluft enthalten. Der durch die Harnstoffspaltung entstehende Ammoniak hat eine epi­thelschädigende Wirkung auf Schleimhautoberflächen, es reizt und irritiert die Schleimhäute. Das Atmungssystem des Pferdes reagiert besonders empfindlich auf Staub und Schadgase. Damit verbundene Erkrankun­gen treten in der Regel in freier Wildbahn nicht auf. Folglich sind diese dem Haltungssystem zuzuweisen.

Einfluss des Stallklimas auf die Gesundheit

Das Stallklima hat neben den Raumverhältnissen, verwendeten Stalleinrichtungen, der Betreuung und Fütterung, einen bedeutenden Einfluss auf die Tiergerechtheit eines Haltungssystems und ist ein entscheidendes Kriterien für eine erfolgreiche Pferdehaltung, so Frau Prof. Hensel. Faktoren des Stallklimas sind: physikalische Parameter wie Lufttemperatur, relative Luft­feuchte und die Luftbewegung, chemische Parameter wie Schadgase, sowie biologische Parameter wie Staub und Mikroorganismen. Stäube können dabei belebte Partikel wie Bakterien, Viren, Hefen und Pilze mit sich tragen. Da Staub in erster Linie durch Einstreumaterial und Futter im Stall entsteht, muss insbesondere die Einstreu möglichst arm an Schwebstoffen sein, da durch Kleinstbestandteile allergische Reaktionen verursacht werden können. Untersuchungen zur Reduktion der Schwebstaubkonzentration in Ställen zeigt, dass allein das Öffnen der Fenster während dem Misten und Einstreuen die Konzentration deutlich mindert. Im Vergleich von drei verschiedenen Einstreumaterialien (Weizenstroh, Strohpellets, Holzspäne) wies Weizenstroh die höchste Konzentration an lungengängigen Partikeln in der Stallluft auf. Insbesondere das Hinein- und Hinausführen der Pferde, das Einstreuen und Fegen zeigt einen deutlichen Konzentrationsanstieg.

Staubbelastung von Einstreumaterialien erprobt

In einem Laborversuch wurde der Anteil an alveolargängigem Staub von sechs Einstreumaterialien (Weizenstroh, Hanfstreu, Leinenstreu, Holzspäne, Papierschnipseln, Strohpellets) ermittelt. Im Vergleich wiesen insbesondere Hanf- und Leinenstreu eine deutlich erhöhte Partikelfraktion auf, die bis in die Lungenalveolen vordringt.

Ebenfalls im Labor wurde die Ammoniakfreisetzung in Abhängigkeit vom Einstreumaterial (Weizenstroh (ungehäckselt), entstaubte Holzspäne, Hanfstreu, Leinenstreu, Strohpellets, Papierschnipsel) untersucht. Durch tägliche Gabe von 220 g Pferdeharn/-kot-Gemisch konnte die Ammoniakfreisetzung kontinuierlich gemessen werden. Bis auf die Strohpellets verhielten sich die Einstreu recht einheitlich. Kam es in der Regel ab Tag elf. zu einer gleichbleibenden Ammoniakfreisetzung, so stagnierte die Freisetzung im Test der Strohpellets bereits ab Tag acht. Zudem war der absolute Ammoniakausstoß nur um etwa die Hälfte so stark wie im Rest der Versuche. Grund dafür ist die starke Oberflächenvergrößerung im Herstellungsprozess der Strohpellets. Hier können die für die Nitrifikation verantwortlichen Mikroorganismen deutlich schneller „Fuß fassen“, den Kohlenstoff der Pellets nutzen und den Stickstoff aus Kot und Urin schneller zu Nitrit und Nitrat abbauen, als das er als gasförmiger Ammoniak in die Stallluft entweicht. Im Versuch der drei Einstreumaterialien Weizenstroh, Holzspäne und Strohpellets im Stall wies jedoch das Weizenstroh die geringste Ammoniakfreisetzung auf.

Entmistungsintervalle im Vergleich

Im Praxisversuch wurden die drei Entmistungsintervalle Mistmatratze durchgeführt (nur tägliche Nachstreu mit 1kg/m²), tägliches komplettes Ausmisten (tägliche Neueinstreu mit 3,5 kg/m²) und tägliches Ausmisten (nur Kotent­fernung und tägliches Nachstreu mit 1 kg/m²) und bezüglicher ihrer Staub und Ammoniakfreisetzung verglichen. Die höchste Ammoniakfreisetzung wurde dabei beim täglichen kompletten Ausmisten gemessen, die geringste nur bei der Ent­fernung des Kotes. Bei der Messung der Partikelkonzentration wies die Mistmatratze mit geringen Mengen Nachstreu die geringsten Werte auf. Eine zweiwöchige Mistmatratze mit Stroh hat keinen negativen Einfluss auf die Ammoniakkonzentrationen im Stall. Sie bietet sogar Vorteile im Vergleich zum täglichen Misten bei der Partikel- und Gasgenerierung. Dabei muss das ausreichende Nachstreuen gewährleistet werden. Auch im Verlauf einer sechswöchigen Strohmistmatratze wurden keine kontinuierlich ansteigenden Ammoniakwerte im Stall erfasst.

Weitere Faktoren müssen berücksichtigt werden

Neben den vorliegenden Ergebnissen müssen weitere Faktoren berücksichtigt werden. Mögliche negative Aus­wir­kungen des Matratzeneinstreus können auch ein Anstieg des Parasitenbefalls, sowie eine starke Insektenvermehrung im Stall sein. Zudem können Mistmatratzen als ein idealer Nährboden für pathogene Krankheitserreger sein.

Natascha Klinkel, LLH – LW 8/2014