Trockenheit war das Thema

HBV-Erntegespräch Main-Kinzig

Die Ernte ist in vollem Gange und es kann ein erstes Zwischenfazit gezogen werden. Dazu hatte der Hessische Bauernverband letzten Freitag auf den Baiersröderhof der Familie Scheuerle eingeladen.

HBV-Präsident Friedhelm Schneider (2. v. l.) hatte die Presse zum Erntegespräch geladen.

Foto: Becker

„Der Juni war der fünfte zu trockene Monat in Folge“, führte HBV-Präsident Friedhelm Schneider vor Journalisten aus dem Rhein-Main-Gebiet aus. Von Februar bis Mai seien in Hessen im Durchschnitt nur 55 Prozent des langjährigen Mittels von 244 Millimetern gefallen. „Ganz besonders trocken war der Hauptwachstumsmonat Mai,

und das Frühjahr 2015 war im Rhein-Main-Gebiet das mit Abstand trockenste seit fast 70 Jahren.“ Die Trockenheit habe sich auf flachgründigen Standorten besonders stark ausgewirkt, so der HBV-Präsident.

Hagelschäden und Mindererträge

Nach der Hitzewelle habe es dann in fast allen Ackerkulturen am ersten Juliwochenende – insbesondere aber in Nord- und Osthessen Hagelschäden in Millionenhöhe gegeben. „Bei der Vereinigten Hagelversicherung in Gießen wurden Schäden auf einer Gesamtfläche von rund 8500 Hektar in Hessen gemeldet. Der Schadenumfang beläuft sich auf rund 6,5 bis 7 Millionen Euro“, so Schneider.

Beim Getreide rechnen wir in Hessen je nach Getreideart und Standort mit Ertragseinbußen bis zu 30 Prozent. Auf den schlechteren Standorten (flachgründige oder sandige Böden) mit extremer Trockenheit können die Ertragsverluste noch höher sein.

„Bei der Wintergerste sind die Erträge nach ersten Auswertungen vielerorts besser ausgefallen als zunächst befürchtet“, sagte Schneider weiter. Im Durchschnitt lägen die Erträge aber auch hier etwa 10 Prozent unter dem sehr guten Vorjahresniveau.

„Die Trockenheit hat beim hierzulande wichtigsten Getreide, dem Winterweizen, deutliche Spuren hinterlassen. Die ersten Erträge liegen im Durchschnitt 20 Prozent unter dem Vorjahresergebnis“, musste Schneider vermelden. Bei Sommergerste, Roggen, Triticale und Hafer rechne man aufgrund des Niederschlagsdefizits mit unterdurchschnittlichen Erträgen.

Winterraps fehlte Wasser und der Beizschutz

Der Winterraps habe ebenfalls sehr unter der frühsommerlichen Trockenheit gelitten. „Aufgrund des Verbots der Neonicotinoide fehlte außerdem ein wirksamer Beizschutz gegen den Rapserdfloh und die kleine Kohlfliege. Viele Betriebe mussten daher öfter als früher zur Spritze greifen. Auf Grund dieser Situation haben wir die Kontakte zu den Imkern vor Ort noch weiter ausgebaut“, betonte Schneider. Die bislang vorliegenden Ergebnisse liegen beim Raps bis zu 25 Prozent unter dem Vorjahresniveau.

Wegen der europaweit niedrigeren Ertragserwartungen bei Getreide und Raps, rechne man mit stabilen Erzeugerpreisen über dem Vorjahresniveau.

Grünes Licht für die Nutzung von ÖVF

„Die Dürre der letzten Monate bereitet insbesondere Rinderhaltern große Sorgen. Nach dem ersten Grünlandschnitt, der etwa 30 bis 50 Prozent unter dem Vorjahr lag, ist fast nichts mehr nachgewachsen. Deshalb wissen viele Bauern nicht, wie sie ihr Vieh im Winter versorgen sollen“, Beschrieb der Präsident die schwierige Situation. Der Hessische Bauernverband habe daher eine Grundfutterbörse eingerichtet.

Des Weiteren haben wir die politisch Verantwortlichen in Wiesbaden und Berlin gebeten, sich dafür einzusetzen, dass der Aufwuchs von sogenannten Ökologischen Vorrangflächen zur Beweidung und zu Futterzwecken genutzt werden kann. Seit dem vergangenen Dienstag

haben wir grünes Licht dafür.

Spargel, Erdbeeren, Milch- und Schweinepreise, die neue Düngeverordnung, der Mindestlohn und die öffentliche Diskussion über die moderne Landwirtschaft und Tierhaltung wurden ebenfalls thematisiert.

Bio-Produkte werden zu wenig nachgefragt

Bruno Wörner, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Main-Kinzig, betonte, dass die Landwirtschaft zur Erzeugung von Masse und Klasse auf Hilfsmittel wie Dünger und Pflanzenschutz angewiesen sei. Zur Diskussion um den Öko-Landbau bemerkte Wörner, dass viele Verbraucher es bei Lippenbekenntnissen beließen und die 10 Prozent Bio-Flächen im Landkreis – bereinigt um ohnehin schwache Extensivstandorte – wohl realistisch eher mit 2 Prozent zu beziffern seien.

Um die Journalisten Landwirtschaft hautnah erleben zu lassen, hatte Betriebsleiter Walter Scheuerle zunächst über den Hof geführt und die vielfältigen Anforderungen an die Erzeugung hochwertiger Nahrungsmittel erläutert. Vor Ort konnte die Aufbereitung und Absackung von Saatgut in Augenschein genommen werden.

KB – LW 31/2015