Wachsen über mehr Wertschöpfung

Zukunftsforum Milch von Hochwald zum Thema Milchmarkt 2020

Gut gewählt war der Titel „Zukunftsforum Milch“. Denn in der Tat ging es beim 1. Zukunftsforum Milch, zu dem die Erbeskopf Eifelperle eG am Dienstag vergangener Woche ihre Mitglieder nach Ochtendung eingeladen hatte, um die Zukunft der Milch. Genau gesagt ging es um den Milchmarkt 2020 und darum, worauf sich die Milcherzeuger und die Hochwald-Molkerei einstellen müssen. In jedem Fall kommen auf die Milchbranche eine Reihe von Änderungen zu. Unter anderem werden die Molkereien gefordert sein, künftig verstärkt den Weltmarkt zu bedienen und Exportchancen zu nutzen.

Diskutierten über die Zukunft des Milchmarktes (v.l.n.r.): Sebastian Wolff von der Rabobank International, Eckhard Heuser vom Milchindustrie-Verband, Dietmar Pech-Lopatta von der Gesellschaft für Konsumforschung, Moderator Anselm Richard, Hochwald-Lieferant Mark Trageser und Hochwald-Hauptgeschäftsführer Dr. Karl-Heinz Engel.

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Auf die Bedeutung des Weltmarktes für die Erlöse der deutschen Milcherzeuger wies Eckhard Heuser, Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbandes (MIV), hin. Bereits jetzt würden über 40 Prozent der in Deutschland produzierten Milchprodukte exportiert. Einer Gesamtmenge von 12,6 Mio. t ausgeführter Milch pro Jahr stünden jedoch 10 Mio. t Importe gegenüber, sodass ein Nettoexport von gut 2,6 Mio. t verbleibe.

Chancen liegen im Export

Der MIV-Hauptgeschäftsführer sieht daher im Export noch Chancen für Deutschland und auch Europa. „Wenn die EU nicht liefert, springen andere Länder ein und werden den Markt besetzen“, warnte er. Deutschland sei bislang der größte Milchproduzent in Europa, aber nur im Export bei Käse führend und nehme bei Kondensmilch den zweiten Platz ein. Mehr Exportdynamik wäre wünschenswert, meinte Heuser. Für die deutschen Molkereien sei es unverzichtbar, in andere Länder der EU sowie in Drittländer zu exportieren. Besondere Bedeutung maß er dabei Russland und den asiatischen Staaten bei. In punkto Käse sagte er einen steigenden Absatz voraus. „Käse wird immer gegessen“, meinte auch Jannes Oosterveld, Generaldirektor von DOC Kaas in Hoogeveen, nach Friesland-Campina zweitgrößter Käsehersteller der Niederlande. Die Genossenschaft setzt voll und ganz auf Käse. Oosterveld sieht in der Spezialisierung seines Unternehmens Risiken, aber auch große Chancen. Um den Ein-Produkt-Produzenten vor extremen Preisabstürzen zu schützen, habe das Management zusammen mit einem anderen Molkereiunternehmen – den Namen des Unternehmens wollte Oosterveld nicht nennen – die Bildung eines Milchpools vereinbart. Falls Käse in eine außergewöhnlich schlechte Verwertung rutschen sollte, könne DOC einen Teil seiner Rohmilch an das andere Unternehmen liefern und so von einer besseren Verwertung, zum Beispiel von Magermilchpulver und Butter, profitieren. Umgekehrt funktioniere es genauso. Sei mehr Milchgeld für Käse zu erzielen, könne das Partnerunternehmen Rohmilch zu DOC leiten und dort eine bessere Verwertung erreichen.

Nach Aussagen des Generaldirektors hat sich DOC Kaas ein großes Ziel gesetzt: „Wir wollen unseren Mitgliedern mindestens den Milchpreis von Friesland-Campina auszahlen“. DOC Kaas hat sich außerdem auf die Fahnen geschrieben, auch nach 2015 und dem Auslaufen der Milchquotenregelung, sämtliche Milch der insgesamt 1 200 Mitglieder aus den Niederlanden und Deutschland zu verarbeiten. Dabei geht das Unternehmen von einem Anstieg der Milchmenge ab 2015 von 10 bis 20 Prozent aus. „Dies hat eine Befragung unter unseren Mitgliedern ergeben“, erläuterte Oosterveld. Um sich auf die Mehrlieferungen einzustellen, sollen die Milcherzeuger jeweils eine Sechsmonatsprognose für ihre Milchmenge abgeben. „Mit diesen Prognosen starten wir bereits 2012, damit wir bis 2015 Erfahrungen sammeln können“, stellte hierzu der Generaldirektor fest.

„Mengenkonsum bei Milch wird langfristig zurückgehen“

Langfristig wird der Mengenkonsum bei Milch zurückgehen. Dies wurde im Vortrag von Dietmar Pech-Lopatta von der Gesellschaft für Konsumforschung (GFK) in Nürnberg deutlich. Allein aufgrund des demografischen Wandels würde der Verbrauch der Milch und Milchprodukte 2020 sinken. „Im günstigsten Fall sind es 5 Prozent und im ungünstigsten Fall 11 Prozent“, betonte der Konsumforscher. Die einzelnen Segmente im Bereich Milch und Milchprodukte seien jedoch davon unterschiedlich betroffen, je nach Bedeutung der Zielgruppe Kinder. Die Bandbreite reiche dabei von minus 12 Prozent bis plus 12 Prozent, erläuterte Pech-Lopatta.

Seiner Einschätzung nach ist Wachstum im Milchabsatz zukünftig nur über höhere Wertschöpfung möglich. Der deutsche Verbraucher sei zwar, so Pech-Lopatta, ein „Pfennigfuchser“, allerdings auch bereit, höherpreisige Angebote wahrzunehmen. Dies zeige der Absatz von Biomilchprodukten und laktosefreier Produkte. So liege der Anteil laktosefreier Milchprodukte am Gesamtabsatz inzwischen deutlich über dem Prozentssatz laktoseunverträglicher Personen. Der Konsumforscher appellierte an die Molkereien, sich auf die Änderungen im Konsumverhalten einzustellen. Mit kleineren Packungsgrößen könne dem Trend zu kleineren Haushalten begegnet werden. Vor allem ältere Menschen seien eine attraktive, kaufkräftige und wachsende Zielgruppe, aber auch Haushalte mit Kindern dürften nicht vernachlässigt werden, denn insbesondere die Kinder sollten frühzeitig an Molkereiprodukte herangeführt werden.

Vernünftige Mischung aus Eigen- und Fremdkapital

Jannes Oosterveld, Generaldirektor des niederländischen Käseherstellers DOC Kaas stellte beim Zukunftsforum Milch die Marktausrichtung und Unternehmensstrategie seines Unternehmens vor.

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Auch ein Bankfachmann war beim ersten Zukunftsforum Milch in Ochtendung dabei. Sebastian Wolff, Firmenkundenbetreuer der Molkerei-Industrie bei der Rabobank International, der einzigen internationalen Bank für die Agrar- und Lebensmittelindustrie, informierte über verschiedene Wachstumsstrategien und Finanzierungsmöglichkeiten für Molkereien. Die zunehmende Volatilität der Märkte fordert seiner Einschätzung zufolge eine stabile Finanzierungsbasis von Molkereien. Wolff ist dabei der Auffassung, dass Landwirte, die auch bis und nach 2015 wachsen wollen, in die Vermarktung ihrer Milch investieren und sich an der Finanzierung ihrer Molkerei beteiligen müssen.

Molkereien, die wachsen wollen, empfahl er eine vernünftige Mischung aus Eigen- und Fremdkapital. Für die Genossenschaften existieren dabei mehrere Möglichkeiten, das Geld der Mitglieder zu nutzen: Zusätzliches Kapital könne über die Aufstockung von Geschäftsanteilen, die Bildung von Rücklagen, die Nutzung stiller Reserven oder auch über Genussrechtskapital beschafft werden. Dass Landwirte durchaus bereit seien, sich verstärkt an der Finanzierung ihrer Molkereigenossenschaft zu beteiligen, zeigte Wolff anhand der Finanzierungsmodelle der Molkereien Friesland-Campina, Arla und Fonterra auf.

„Milchviehbetriebe werden wachsen, und auch Hochwald muss größer werden“

Welche Erwartungen haben die Milcherzeuger an die Hochwald-Molkerei als Vermarktungspartner 2020? Antwort hierauf gab Hochwald-Lieferant Mark Trageser, der zusammen mit seinem Vater im hessischen Linsengericht einen 230 ha großen Gemischtbetrieb mit zurzeit 100 Kühen bewirtschaftet. Der 25-Jährige geht davon aus, dass die Milchquote ab 2015 ausläuft und die Milch­menge ansteigt. Die Milchviehbetriebe würden wachsen und auch Hochwald müsse größer werden, meinte der Landwirt. Außerdem sei das Molkereiunternehmen gefordert, etablierte Produkte im Sortiment zu haben und neue zu entwickeln. Hochwald müsse innovativ und kreativ sein sowie in die Standorte investieren. „Natürlich gehe ich davon aus, dass unser Molkereiunternehmen dauerhaft einen überdurchschnittlichen Milchpreis auszahlt. Es muss nicht der höchste Preis sein, aber er muss deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegen“, betonte Trageser.

Hochwald setzt weiter auf Wachstum. Dies wurde in der abschließenden Podiumsdiskussion mit den Referenten und Dr. Karl-Heinz Engel, dem Hauptgeschäftsführer der Hochwald Nahrungsmittel-Werke, deutlich. „Wir dürfen nicht stehen bleiben, sonst fallen wir zurück und daher müssen wir weiter wachsen“, betonte Engel. In der deutschen Milchwirtschaft würden nach wie vor noch nicht alle Möglichkeiten der Zusammenarbeit bei der Milcherfassung, der Produktion oder der Vermarktung genutzt und hier seien noch erhebliche Kosteneinsparungen möglich. In punkto Kooperation sei Hochwald offen für Gespräche mit anderen Molkereien – regional, national und international. „Allerdings wollen wir nicht wachsen um jeden Preis, sondern dies geht nur mit mehr Wertschöpfung“, erläuterte der Hauptgeschäftsführer. Und Wertschöpfung gehe nur über Marken und neue innovative Produkte.

„Unser Ziel bleibt nach wie vor, unseren Milcherzeugern einen höchstmöglichen Milchpreis auszuzahlen“, betonte Engel. Wie man das künftige Wachstum der Molkereigenossenschaft finanzieren will, ließ der Hauptgeschäftsführer weitgehend offen. „Bislang finanzieren wir uns über die Geschäftsguthaben unserer Mitglieder. Dies ist ein recht konservativer Weg, und wir werden sicherlich über neue Methoden der Finanzierung nachdenken müssen“, kündigte Dr. Engel an. Und wird Hochwald zukünftig verstärkt auf das Käsegeschäft setzen? In ein eigenes neues Käsewerk jedenfalls will das Unternehmen nach Aussagen des Hauptgeschäftsführers nicht investieren: „Dies ist ein viel zu teurer Weg, hier bieten sich dann eher Fusionen oder Kooperationen mit anderen Unternehmen an. Und da sehe ich durchaus noch Möglichkeiten.“ Dr. Elisabeth Legge