ZBH: alle Investitionen aus eigenen Mitteln

Mitgliederversammlung von ZBH und HVL

Auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2013 kann die Zucht- und Besamungsunion Hessen (ZBH) zurückblicken, wie sich auf der Mitgliederversammlung vergangene Woche in Alsfeld zeigte. Unter anderem mit sinkenden Fördermitteln hat dagegen der Hessische Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht (HVL) zu kämpfen. Der Agrarjournalist Michael Schlag, Butzbach, berichtet.

60 Prozent der Betriebe und 85 Prozent der Milchkühe in Hessen sind der Milchleistungsprüfung angeschlossen. „Das sind die Betriebe, die den Strukturwandel durchhalten werden“, prognostiziert HVL-Geschäftsführer Dr. Jens Baltissen.

Foto: Michael Schlag

Die Zahl der Milchviehhalter in Hessen ist weiterhin rückläufig, im vergangenen Jahr sank sie um über fünf Prozent, auf weniger als 3500 Betriebe. Der Rückgang des Tierbestandes allerdings hat sich nicht fortgesetzt, im Gegenteil: Erstmals stieg die Zahl der Rinder und darin auch die Zahl der Milchkühe im Vergleich zum Vorjahr wieder an, auf jetzt 146 000 Kühe, das entspricht einem Plus von fast zwei Prozent. Ganz anders die Tendenz in der Sauenhaltung: In Hessen gab es erneut ein Minus von 16 Prozent auf nur noch 500 Betriebe mit insgesamt 44 000 Zuchtsauen. In Rheinland-Pfalz und im Saarland sind es noch 300 Sauenhalter mit insgesamt 16 000 Sauen. Die Zucht- und Besamungsunion Hessen e.G. (ZBH) konzentriert sich bei der Rinderbesamung auf Hessen, bei der Schweinebesamung ist der Kundenkreis erweitert auf Rheinland-Pfalz und das Saarland.

Die weiteren Tendenzen zeigen sich an den Zahlen der Investitionsförderung: Im Rahmen einzelbetrieblicher Förderung wurden in Hessen im vergangenen Jahr 69 Projekte genehmigt, davon entfielen 58 Prozent auf die Milchviehhaltung, aber nur 4 Prozent auf die Sauenhaltung. Tendenzen, die sich auch auf die Geschäfte der Tierzucht, Besamung und Leistungsprüfung auswirken.

Einbruch bei Fördermitteln für den HVL

Der Hessische Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht e.V. (HVL) erzielte im vergangenen Jahr Umsatzerlöse von 6,6 Mio. Euro. Größter Ausgabenposten in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung 2013 war der Personalaufwand in Höhe von 4 Mio. Euro. Allerdings decken die Einnahmen nicht vollständig die Ausgaben, der HVL beendete das zurückliegende Geschäftsjahr mit einem Fehlbetrag von 38 000 Euro. Hauptgrund, so Geschäftsführer Dr. Jens Baltissen: „Wir haben einen klaren Einbruch bei den Fördermitteln und das wird sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen.“ So ist auch die Prognose für das laufende Jahr 2014 verhalten: „Wir rechnen nicht damit, dass wir das Jahr positiv abschließen können.“

2 100 Betriebe in Hessen (alle Zahlen in diesem Bericht sind gerundet) mit 125 000 Kühen nehmen an der Milchleistungsprüfung (MLP) teil, damit sind 60 Prozent der Betriebe und 85 Prozent der Milchkühe erfasst. „Das sind die Betriebe, die den Strukturwandel durchhalten werden“, sagt Baltissen. Die „Kontrolldichte“ der MLP ist in den vergangenen Jahren im Ãœbrigen stetig angestiegen.

HVL geht von weiter sinkenden Einnahmen aus

Zwar rechnet der Haushaltsvoranschlag des HVL für 2014 mit höheren Einnahmen aus Mitgliederbeiträgen für die MLP von 2,75 Mio. Euro, das ist ein Plus von 19 000 Euro. Bei den Schweinkontrollringen werden aber mit 255 000 Euro deutlich niedrigere Einnahmen erwartet (minus 11 000 Euro), weshalb Baltissen andeutete: „Wir werden das Schema der Gebührenerhebung ändern müssen“. Der HVL erwartet im laufenden Jahr 28 000 Euro weniger Zuschüsse nach dem Milch-Fett-Gesetz, sinkende Einnahmen auch bei Tierkennzeichnung und Qualitätssicherung. Während die Personalausgaben steigen, sind bei allen Sachkosten zwar Kürzungen von insgesamt 200 000 Euro vorgesehen, doch auch im HVL-Haushaltsplan für 2014 bleibt ein Fehlbedarf von 35 000 Euro.

HVL-Vorsitzender Günther Friedrich meint dennoch: „Wir haben eine Zukunft, aber im Moment das Problem, dass die Fördergelder nicht kalkulierbar sind“. Man werde künftig wirtschaftlich arbeiten müssen, früher oder später auch um eine Beitragserhöhung nicht herumkommen, aber „das wollten wir Ihnen in diesem Jahr noch nicht zumuten,“ so Friedrich.

„Wir haben im Moment das Problem, dass die Fördergelder nicht kalkulierbar sind“, sagt HVL-Vorsitzender Günther Friedrich. Man werde früher oder später auch um eine Beitragserhöhung nicht herumkommen.

Foto: Michael Schlag

Fortschritte macht die Anwendung der Trächtigkeitsanalyse mit PAG-Test („pregnancy-associated glycoproteins“) bei Rindern. Sie wurde 2013 in Hessen von 85 Betrieben mit 4 800 Tieren genutzt. Der HVL plant, in Kürze auch einen PAG-Schnelltest anzubieten, den der Landwirt als „Stallgassentest“ selbst anwenden kann. Die Blutprobe muss dann nicht mehr wie bisher in ein Labor verschickt werden, sondern soll innerhalb von 12 Minuten ein Ergebnis liefern mit einer Sicherheit von 96 Prozent. Anwendbar sei der Test ab dem 30. Tag nach Belegung, man könne mit dem Test auch länger abwarten, da nach dem 30. Tag ja noch natürliche Abgänge stattfinden könnten, so Baltissen. Es habe bereits ein Feldtest in zwölf hessischen Milchviehbetrieben stattgefunden und der neue PAG-Test werde den hessischen Milchviehbetrieben demnächst „zu günstigen Bedingungen“ angeboten.

An dem im November 2013 gestarteten Gesundheitsdatenprojekt des HVL nehmen mittlerweile 70 Betriebe in Hessen mit Herdengrößen zwischen 20 und 300 Kühen teil. Ein Drittel dieser Betriebe werte die Gesundheitsberichte in Zusammenarbeit mit dem Tierarzt aus und dann, so Baltissen, „ist auch der Nutzen für den Betrieb da“. Das Projekt stieß damit auf deutlich mehr Zuspruch als erwartet, man hatte zu Beginn nur mit etwa 20 teilnehmenden Betrieben gerechnet.

Stabile Gewinne bei der ZBH

Anders als der HVL weist die ZBH für 2013 wieder stabile Gewinne aus. Die Umsatzerlöse lagen bei 22 Mio. Euro, das ist zwar knapp eine Mio. Euro weniger als im Jahr zuvor, man erzielte damit aber einen Jahresüberschuss von 560 000 Euro. Den größten Anteil hat der Handel mit Zuchtvieh, er erreichte Erlöse von 9 Mio. Euro, das ist ein Plus von fast 7 Prozent. Verkauft wurden insgesamt 6 900 Zuchttiere, fast die Hälfte davon (3200 Tiere) ging in den Export, dieser Anteil legte sehr deutlich zu, um 25 Prozent. Wichtigste Importländer für Zuchtvieh aus Hessen sind Türkei und Italien, weitere wesentliche Abnehmer waren Polen, Marokko, Rumänien und Usbekistan.

Der Umsatz aus Rinderbesamungen betrug 4,4 Mio. Euro, verkauft wurden an die Mitglieder 173 000 Spermaportionen aus eigener Produktion, zusätzliche 47 000 Portionen stammten aus dem Zukauf im Inland und 33 000 aus dem Zukauf im Ausland. Bei den Erstbesamungen dominierten 2013 bei der ZBH die Schwarzbunten mit 66 000, Rotbunte (20 000) und Fleckvieh (18 000), die Zahlen sind im Wesentlichen unverändert. Auffallend angestiegen, wenngleich auf viel niedrigerem Niveau, sind die Zahlen bei Charolais mit 750 (plus 16 Prozent) und Angus mit 630 (plus 9 Prozent) Erstbesamungen. Bei diesen Rassen gab es auch Zuwächse im Herdbuch.

Anteil der genomischen Selektion bei 50 Prozent

Die ZBH verfügt über einen Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten von gut 4 Mio. Euro, und Geschäftsführer Rudi Paul sagt: „Bei der Zahlungsfähigkeit haben wir keine Probleme.“

Foto: Michael Schlag

Bei der Anwendung der genomischen Selektion liegt die ZBH im Vergleich mit anderen Organisationen im Mittelfeld, bei den Holsteins beträgt der Anteil um 50 Prozent (bei Schwarzbunt etwas höher). Unter den sechs am meisten verwendeten Schwarzbunten Bullen finden sich vier genomisch geprüfte Jungbullen, bei den Rotbunten stehen vier Genomics an der Spitze. Beim Fleckvieh ist der Anteil mit 30 Prozent einstweilen niedriger, das liege an der späteren Anwendung der Technik bei dieser Rasse, so Baltissen. Die ZBH verkaufte auch gesextes Sperma, von sieben eigenen Bullen waren es im vergangenen Jahr laut Geschäftsbericht 14 000 Portionen.

Stolz ist man in Alsfeld auf den ZBH-Bullen Goldday, er war im vergangenen Jahr der meistverwendete Bulle in Deutschland mit 40 000 Erstbesamungen und „wenn er mehr produziert hätte, hätten wir auch mehr verkauft.“ Die Nachfrage ist anhaltend, so Baltissen: „Wir schieben einen Block von 10 000 Bestellungen aus dem Ausland vor uns her,“ aber „wichtig ist, dass Sie Ihre Portionen bekommen, das steht im Vordergrund.“

Auf große Nachfrage treffen die Kurse für Eigenbestandsbesamer. Deren Anteil an den Besamungen beträgt aktuell 48 Prozent und Baltissen erwartet, „das nimmt zu, da muss man kein Hellseher sein.“ Die ZBH möchte dieses Angebot für Eigenbestandsbesamer ausweiten, sucht dafür Tiere und Baltissen bat die Mitglieder „stellen Sie uns Schlachtrinder zur Verfügung.“

Ganz anders als bei den Rindern sah es 2013 bei den Schweinebesamungen aus. 300 000 verkaufte Portionen, das waren 9 Prozent weniger als im Jahr zuvor, im gleichen Maß fiel der Umsatz aus der Schweinebesamung auf 1,1 Mio. Euro. Der Jahresvergleich ist indes beeinflusst von außergewöhnlichen Faktoren, so war der Absatz 2012 besonders hoch, weil in einer Station in Norddeutschland PRRS aufgetreten war, und die ZBH war mit Lieferungen aus Hessen eingesprungen. Allerdings „2013 hat es uns dann selbst erwischt“, sagt Baltissen, am Jahresanfang musste in Hessen der Besamungsverein Neustadt an der Aisch aushelfen, um den Produktionsstopp in der Eberstation Lohfelden zu überbrücken. Auf längere Sicht ist die Schweinebesamung aber anhaltend rückläufig, vor sechs Jahren waren es noch über 350 000, und „der Rückgang der Sauen wird weitergehen“, sagt Baltissen, das lasse sich schon an den Investitionen ablesen: „Wenn ein Stall beantragt wird, dann ist es meist ein Maststall.“

Wahlen bei ZBH und HVL

Die Mitgliederversammlung bestätigte Harald Hamel, Buchenberg, Manfred Seib, Alsbach-Hähnlein, und Volker Siefert, Airlenbach, als Vorstandsmitglieder sowohl im HVL als auch in der ZBH. Im Aufsichtsrat der ZBH wurden Horst Kraft, Ottrau, Bernd Meier, Wetterburg, und Peter Seeger, Nieder-Klingen, in ihren Ämtern bestätigt. Hubert Hofmann, Gersfeld, schied mit Erreichen der Altersgrenze aus dem ZBH-Aufsichtsrat aus, an seine Stelle rückt Andreas Mötzung, Nüst.

Schlag

Die dominierende Rasse mit 162 Ebern in den beiden Stationen Griesheim und Lohfelden ist die Rasse Piétrain mit einem Anteil an der Schweinebesamung von über 90 Prozent, geringe Anteile entfallen noch auf BHZP, Deutsche Landrasse und Duroc, alle anderen liegen unter einem Prozent. Immer stärker verbreitet sich nachkommengeprüfte Genetik in der hessischen Schweinezucht, 37 Prozent der Eber fielen vergangenes Jahr in die Einstufungen „Qualitätsgenetik“ und „TOP-Genetik“. Eine wünschenswerte Tendenz, folgt man Baltissen: „Vielleicht fordert auch einmal ein Mäster, wenn ich Ferkel abnehmen soll, dann bitte von nachkommengeprüften Ebern.“ Zur Nachkommenprüfung von Ebern siehe auch LW 24/2012.

Besamungsstationen: Kooperationsgespräche

Trotz des rückläufigen Marktes versichert Baltissen: „Wir wollen auch in Zukunft Sperma in Hessen produzieren“, zumal man mit beiden Stationen im Bundesvergleich Spitzenpositionen einnehme. Eines aber soll sich ändern: Wie schon lange bei den Rindern üblich, will man bei den Schweinen nicht weiter alles alleine machen, sondern führe Gespräche über eine Kooperation auch bei der Schweinebesamung. Baltissen bekräftigt aber auch dann: „Wir wollen nicht irgendwo in Deutschland produzieren und nach Hessen importieren, sondern die Produktion in Hessen erhalten.“

2013 investierte die Genossenschaft ZBH gut 700 000 Euro, darunter als größte Posten die Ergänzung des Zuchtviehbestandes mit 440 000 Euro und des Fuhrparks mit 180 000 Euro. Bemerkenswert ein Satz dazu aus dem Geschäftsbericht: „Alle Investitionen erfolgten unter ausschließlicher Nutzung eigener Mittel.“ Die ZBH verfügt über einen Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten von gut 4 Mio. Euro und Rudi Paul sagt: „Bei der Zahlungsfähigkeit haben wir über die ganze Zeit keine Probleme.“

Umsatz bei der STA auf 1,2 Mio. Euro gestiegen

Bei der Tochterfirma Service Team Alsfeld (STA) stieg der Umsatz auf 1,2 Mio. Euro, hauptsächlich aus Baubetreuung und Zuchtberatung. Mit Sorge schaue man derzeit nach Wiesbaden, derzeit gebe es keine gültigen Richtlinie für die Bauförderung, aber „wichtig sind die Klassifizierungsstichworte für die Einzelbetriebliche Förderung“, sagt Geschäftsführer Rudi Paul. „Normalerweise liegen sie bis März vor“, aber wenn sie erst im Juni kommen sollten, dann fürchtet Paul, „kommt die Bauberatung ins Hintertreffen.“

Die Mitgliederversammlung beschloss einige formelle Anpassungen in den Satzungen von HVL und ZBH, insbesondere wurde beim Zweck der ZBH neben Verbesserung der Qualität und Leistungen der Tiere neu eingefügt „Tiergesundheit, Robustheit und Langlebigkeit.“ Diese Stichworte erfüllen die neuen Fördervorgaben der Gemeinschaftsaufgabe GAK und sind notwendig zur Anerkennung als Züchtervereinigung bis Ende 2015. Ähnlich beim HVL, hier steht unter „Zweck des Verbandes“ jetzt auch: „Hierbei gilt es, die Robustheit und Gesundheit landwirtschaftlicher Nutztiere beziehungsweise Erzeugnisse zu verbessern.“ Auch dies eine Anpassung aufgrund geänderter Fördervoraussetzungen.

 – LW 17/2014