Weiden und Schnittwiesen im „Niederschlagsjahr“ 2016

Ergebnisse einer Grünlandbegehung im Odenwald

Bei einer Grünlandbegehung im Odenwald erläuterte der Grünland­experte Dr. Richard Neff (LLH) die Auswirkungen des niederschlagsreichen Frühjahrs auf das Grünland. Angela Mögel, LLH, berichtet.

Welsches Weidelgras gehört nicht in die Grünlandnachsaat.

Foto: Angela Mögel

Die Flächen von drei Grünlandbetrieben mit unterschiedlicher Nutzungsrichtung (einer Milchkuh-Halbtagsweide, einer Mutterkuh-Standweide sowie Vier-Schnittnutzungsgrünland) zeigten sich unterschiedlich. Es zeigte sich, dass bei den meisten Flächen sowohl das Ertrags- als auch das Qualitätspotenzial noch nicht ausgeschöpft ist. Hierfür ist eine dem Bestand und dem Standort angemessene Pflege erforderlich.

Kurzrasenweide konnte Dauerregen standhalten

Viele Weidebetriebe, ob mit Mutterkuh- oder Milchviehhaltung, hatten im Frühjahr Mühe, dem wachsenden Grünlandbestand mit der Beweidung nachzukommen. Die anhaltenden Niederschläge und die wassergesättigten Böden führten häufig zur Verschmutzung des Weidefutters. Unter diesen Bedingungen konnte die Kurzrasenweide ihre Trittfestigkeit aufgrund der dichten Grasnarbe unter Beweis stellen. In der Tankmilch zeigt sich erneut, dass trocken gewachsenes Weidefutter wie im Jahr 2015 besser „melkt“, als sehr wüchsiges Futter in einem nassen Jahr. Mutterkuhhalter, die ihre Absetzer selbst vermarkten, bestätigen das. Die Absetzergewichte sind unter eher trockenen Bedingungen merklich höher. Auch auf den Schnittflächen sind nach dem trockenem Sommer 2015 und dem nassen Frühjahr 2016 einige Dinge zu beachten.

Weidepflege und Management

Auf einigen Standweiden sind derzeit überwachsene Geilstellen zu beobachten. Dr. Neff betonte, dass jede Weideform mit Ausnahme der gut geführten Kurzrasenweide mindestens eine Nachmahd benötigt. In diesem Jahr kann das mehrmals notwendig sein. Ziel der Weidenutzung ist es, zu jedem Zeitpunkt weidefähiges Futter zu haben. Häufig ist jedoch zu beobachten, dass gewisse Areale ungern gefressen werden. Das kann zum Beispiel die ebene Teilfläche am Hang sein. Die Kühe koten dort vermehrt ab und das Gras wächst dicht und üppig. Dieser Bereich muss in Abständen nachgemäht werden. Überwachsene Geilstellen (bis zu 30 Prozent der Gesamtfläche) können mit einem Scheibenmäh­werk in einer Schönwetterperiode abgemäht werden. Dieser anwelkende Weiderest wird dann häufig von den Kühen gefressen. Ist der Anteil der Geilstellen zu hoch, muss das Mähgut abgefahren werden. Getrocknet kann dieses Heu zur Rinderfütterung im Winter genutzt werden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Kühe auf eine andere Fläche umzutreiben, die Kothaufen bei feuchtem Wetter zu verteilen und den folgenden Aufwuchs als Silage zu ernten. In dem nassen Frühjahr wurden besonders die Weidezugänge großflächig verschmutzt. Auch dort fraßen die Kühe in den folgenden, trockenen Tagen das Futter nicht mehr. Diese Areale müssen nachgemäht werden. Füttern Weidebetriebe wegen der begrenzten Fläche zu oder mussten die Kühe in der nassen Periode aufgestallt werden, erhöhte sich der Anteil überständigen Weiderestes weiter.

Weidetypen und Weidepflanzen

Je nach Nutzung der Weide (Stand- oder Umtriebsweide, Mähweide) und Düngung findet man unterschiedliche Gräser und Kräuter auf den Flächen. So zeigen intensiv genutzte Standweiden einen hohen Anteil an Deutschem Weidelgras, Wiesenrispe und Weißklee. Der Weißklee kann auf diesen Flächen wegen der immer kurz gehaltenen Grasnarbe sogar massiv auftreten. Generell gilt, dass bis zu 30 Prozent Weißklee in der Narbe jedes zusätzliche Prozent ein Gewinn ist. Bei einem Weißkleeanteil von über 30 Prozent überwiegen die Nachteile, denn Weißklee bringt kaum Masse und wenig Energie im Vergleich zu den wertvollen Gräsern. Eine massenhafte Ausbreitung ist daher nicht erwünscht. Im Gegensatz dazu setzen Gräser den aufgenommenen Stickstoff nicht in Rohprotein, sondern in Masse um. Deshalb ist ein gewisser Anteil Weißklee erwünscht. Findet man keinen Weißklee auf Dauergrünland, sollte der Phosphor- und Kaliumgehalt im Boden kontrolliert werden. Leguminosen reagieren sehr stark auf einen Mangel dieser Grundnährstoffe. Anderseits liefern Leguminosen bei ausreichender Bodenversorgung den Wiederkäuern diese wichtigen Mineralstoffe.

Auf ökologisch bewirtschafteten Mähweiden, ohne zusätzliche Stickstoffdüngung findet man dagegen häufig das Rote Straußgras und den Rotschwingel. Diese Untergräser wirken narbenbildend durch Ausläufer, können in trockenen Lagen überleben und sind winterhart. Diese Gräser sind an flachgründige Standorte in Hanglagen angepasst. Bei Beweidung der Fläche im frühen Aufwuchsstadium hat die geringere Futterwertzahl dieser Gräser kaum Nachteile. Reagieren muss man nur dann, wenn sich unerwünschte Gräser und Kräuter ausbreiten. So wird das Wollige Honigras von den Weidetieren gemieden. Das Gras ist schwer verdaulich und wird auch im Heu oder in der Grassilage möglichst von den Kühen aussortiert. Aufgrund der frühen Samenreife kann es sich in lückigen Beständen ausbreiten. Als Gegenmaßnahmen kommen ein früher Schnitt, regelmäßige Nachsaaten und eine ausgewogene Düngung (vor allem N, P und K) infrage. Moos wird ebenfalls auf extensiv bewirtschafteten Grünlandflächen gefunden.

Moose sind konkurrenzschwach und wachsen nur dort, wo sich Gräser und Kräuter aus einem besonderen Grund, zum Beispiel Nährstoffmangel, nicht etablieren können. Moose haben einen derart geringen Nährstoffanspruch, dass sie keine Wurzeln für die Nährstoffaufnahme ausbilden. Grünlandbestände mit Moos sollten gestriegelt, der herausgerissene Filz abgefahren und anschließend nachgesät werden. Die Nährstoffzufuhr für die Nachsaat muss entsprechend gesichert sein.

Schnittwiesen optimal nutzen

Die Weide-Qualität ist an den Tageszunahmen der Absetzer zu erkennen.

Dauergrünland, welches vier- bis fünfmal geschnitten wird, muss regelmäßig nachgesät werden. Dies gilt auch für Neuansaaten: ab dem zweiten Nutzungsjahr benötigen sie eine regelmäßige Nachsaat. Im sehr trockenen Jahr 2015 mit hohen Temperaturen im August vertrocknete das Deutsche Weidelgras auf flachgründigen Böden oder südexponierter Hanglage teilweise. Wurde im Spätsommer nicht nachgesät, haben tiefer wurzelnde Pflanzen wie das Wiesenlabkraut oder die Schafgarbe nesterweise diese entstandenen Lücken besetzt. Je nach Bedeckungsgrad muss über eine Herbizidmaßnahme nachgedacht werden. Eine solche Maßnahme reduziert jedoch auch wertvolle Kräuter und Leguminosen. Durch eine Nachsaat im Spätsommer kann die massenhafte Ausbreitung ebenfalls eingedämmt werden. Allgemein ist die Zunahme verschiedener Kräuter wie Spitzwegerich, Schafgarbe, Wiesenkerbel und Wiesenlabkraut auf den Schnittflächen zu beobachten. Diese Pflanzen profitieren von hohen Güllegaben mit mehr als 20 m³/ha je Einzelgabe. Im Gegensatz zu den Gräsern, deren Wurzeln hauptsächlich die oberen 10 cm Boden erschließen, nutzen tiefer wurzelnde Arten die Nährstoffe, dabei vor allem Stickstoff, aus tieferen Bodenschichten.

Welsches Weidelgras im Grünland

Welsches Weidelgras ist ein hochwertiges Gras im Ackerfutterbau mit hoher Nutzungs- und Düngungsintensität. Den Nachsaatmischungen für das Dauergrünland sollte es jedoch keinesfalls zugegeben werden. Der optimale Schnitttermin passt aufgrund der unterschiedlichen Reife nicht zu dem der anderen Grünlandgräser. Als nicht ausdauerndes Obergras produziert es anders als das Deutsche Weidelgras zu jedem Aufwuchs Samen. Es blüht vor allen anderen Grünlandgräsern und kann sich daher massiv ausbreiten. Leider können auch mit Ackerfuttersilagen gefütterte Kühe einzelne, unverdaute Samen ausscheiden. Bei optimalen Bedingungen keimen diese Samen dann nach Gülledüngung ungewollt auf den Schnittwiesen. Vereinzelt sieht man Schnittflächen, die zu 60 bis 70 Prozent mit Welschem Weidelgras bedeckt sind. Diese Flächen benötigen einen anderen Nutzungstermin als die restlichen Grün­landflächen. Die gemeinsame Ernte mit dem Ackerfutter kann eine Möglichkeit sein, diese Flächen optimal zu nutzen.

Auenstandorte und mittelschwere Böden

Die Folgen des nassen Frühjahrs sind aktuell besonders auf Auenstandorten an Bach- und Flussläufen und auf Flächen mit einem höheren Anteil Lehm oder Ton zu erkennen. Die Fahrspuren fallen durch den niedrigen Gräserbewuchs ins Auge. Bei genauerem Hinschauen erkennt man eine massive Ausbreitung der Gemeinen Rispe. Dieses Ungras wurzelt nur sehr flach und vermehrt sich vegetativ durch oberirdische Ausläufer. Schwere Maschinen auf nassen Böden verdichten trotz Nutzung von Breitreifen die obersten zehn Zentimeter. In dieser Tiefe wurzeln die Gräser. Die luftgefüllten Bodenporen werden zusammengepresst wie ein nasser Schwamm. Die Gemeine Rispe hat damit einen Konkurrenzvorteil, da sie noch flacher wurzelt und weniger Bodenluft als die andere Süßgräser benötigt. Mit mehreren Striegelüberfahrten sollte die Gemeine Rispe ausgerissen und vor der Nachsaat abgefahren werden. Eine Möglichkeit zur Vorbeugung wäre, diese Flächen gezielt im Herbst mit Gülle zu düngen, um dann im Frühjahr zum ersten Aufwuchs mineralischen Stickstoff zu streuen. Dadurch können besonders in einem feuchten Frühjahr Fahrspuren effektiv vermieden werden.

Mögel, llh – LW 31/2016