„Nicht ohne Spannungen, aber vertrauensvoll“

WI-Bank zu Gast beim Hessischen Bauernverband

Bei der Sitzung des Erweiterten Präsidiums und des Erweiterten Verbandsra­tes des Hessischen Bauernverbandes vorigen Freitag in Friedrichsdorf standen aktuelle Themen der Landwirtschaft in Hessen auf den Gebieten der Betriebsführung, der Umsetzung der Agrarförderung und des landwirtschaftlichen Fachrechtes im Vordergrund. Doris Ebert, Dr. Micha­el Reckhard und Gottfried Milde von der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WI-Bank) informierten über die Abwicklung des Fördergeschäftes.

Viele aktuelle Sachfragen wurden bei der Tagung aufgegriffen, durch die der HBV-Präsident Friedhelm Schneider (2.v.l.) mit den HBV-Vizepräsidenten Heinrich Heidel (r.) und Armin Müller (2.v.r.) sowie HBV-Generalsekretär Peter Voss-Fels (l.) führte.

Foto: Moe

Die WI-Bank mit Sitz in Offenbach am Main ist als Nachfol­ge­institut der Investitions-Bank Hessen seit 2010 für die Auszahlung der Fördergelder an die Landwirtschaft in Hessen zuständig. Das Land Hessen hat ihr die Zahlstellenfunktion für den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäi­schen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) bis 2020 übertra­gen.

Ständiger Dialog wichtig

Friedhelm Schneider, Präsident des Hessischen Bauernverbandes, betonte, dass die reibungslose Umsetzung der Agrarförderung für Hessens Landwirte von entscheidender Bedeutung sei. Daher sei der re­gelmäßige Dialog zwischen der Berufsstandsvertretung und der WI-Bank wichtig. „Der Austausch zwischen dem Hessischen Bauernverband und WI-Bank ist nicht immer ohne Spannungen, aber er ist vertrauensvoll – und das ist der Punkt“, so der HBV-Präsident. Wenn es Probleme, beispielsweise bezüglich der rechtzeitigen Auszahlung von Fördermitteln gebe, müssten sie schnellstmöglich abgestellt werden. Seitens der WI-Bank infor­mier­ten Dr. Michael Reckhard und Gottfried Milde von der Ge­schäftsleitung über die Abwicklung der Agrarförderung in Hessen. Doris Ebert, Leiterin der EU-Zahlstelle, erläuterte den aktuellen Stand zu den ausgezahlten Förderbeträgen in Hessen. Insgesamt seien durch die WI-Bank im Vorjahr rund 298 Mio. landwirtschaftsnahe För­dergel­der ausgezahlt worden, davon rund 215 Mio. Euro an Betriebsprämien aus dem EGFL. Etwa 24 Mio. Euro wurden für die Agrar­umwelt­maß­nahmen HIAP, Hekul undHelp überwiesen (2011: 20,7 Mio. Euro) sowie 2,2 Mio. Euro zur Wein­bau­för­derung (2011: 1,7 Mio. Eu­ro). Außerdem sind in Hessen im Vorjahr seitens der zuständigen Be­hörden 81 Bewilligungen mit einem Gesamtvolumen von circa 10,5 Mio. Euro für die einzelbetriebliche Agrarinvestitionsför­derung (AFP) ausgesprochen worden. Das mittlere AFP-Fördervolumen lag damit bei rund 129 000 Euro. Schwerpunkte der AFP-Förderungen lagen mit gut 40 Prozent des Volumens für Investionen in Milchviehbetrieben. Weitere Schwerpunkte lagen beim Bau von Ställen für die Mastschweinehaltung, sowie für Zuchtsauen, Ferkel, Mutterkühe und Geflügelmastställen.

Doris Ebert, Dr. Micha­el Reckhard und Gottfried Milde (von rechts) informierten über die Abwicklung des Fördergeschäftes in Hessen durch die WI-Bank.

Foto: Moe

Sorgenkind Ausgleichszulage

Der Bedarf der Betriebe in Hes­sen habe 2012 die zur Verfügung stehenden Bewilligungsmittel überschritten. Weiterhin wurden 2,3 Mio. für die Flurneuordnung und 1,4 Mio. Euro für den Breitbandausbau in Hessen, gegenüber 2 Mio. Euro im vorangegangen Jahr von der WI-Bank ausgezahlt. Zur Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete (AGZ) erläuterte Ebert, dass das Hessen für dieses Programm jährlich 14,1 Mio. bereitstelle. Aus Sicht der Landwirtschaft in den Mittelgebirgslagen von Hessen sei im Vorjahr die AGZ ein „Sorgenkind“ gewesen, weil den Betrieben in den vergangenen zwei Jahren weniger AGZ überwiesen worden sei als im Jahr 2010 mit rund 26 Mio. Euro. Zur Begründung führte Ebert an, dass der Haushaltsansatz für das AGZ-Volumen in Hessen weiterhin 14 Mio. Euro betrage. 2012 seien gegenüber den Vorjahren aber keine Restmittel aus anderen Bereichen in die AGZ geflossen.

Konkurrenzfähig bleiben

HBV-Präsident Schneider gab ferner eine aktuelle agrarpolitische Bewertung zur Situation der Landwirtschaft ab. Hessens Bauern hätten mit der gegenwärtigen Regierung in Wiesbaden eine landwirtschaftsfreundliche Politik. In vielen Bundesländern sei das nicht mehr der Fall, beklagte der HBV-Präsident und sprach von eng gesteckten Rahmenbedingungen für die Betriebe, welche die einzelbetriebliche Entwicklung gefährdeten. Kritisch blickte Schneider in diesem Zusammenhang auf die gegenwärtige Agrarpolitik in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe beispielsweise im Stallbau werde mit unverhältnismäßig hohen Auflagen für die Abluftfilterung, wie es die rot-grüne-Landesregierung in NRW vorhabe, geschwächt (siehe S. 2).

Haltung von Tieren

Ein hoher Standard für die Haltung von Tieren und Erzeugung von Nahrungsmitteln sei auch ihm sehr wichtig. Bei allen politischen Forderungen müsse Augenmaß für die Praxis gewahrt bleiben, so Schneider. Der HBV achte darauf, dass die Interessen der Landwirte berücksichtigt werden, daher müsse früh angesprochen werden, was die Betriebe benötigen, damit Landwirtschaft in Hessen weiterhin funktioniere. „Wir müssen fair sein zu jedem Politiker. Aber wir müssen uns auch deutlich mit den Kritikern auseinandersetzen“, so der HBV-Präsident. Bezüglich des Pferdefleisch­skandals sagte Schneider „Das sind kriminelle Machenschaften, das hat mit Landwirtschaft nichts zu tun.“ Eine heftige Diskussion gab es um den Fragebogen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (das LW Hessen berichtete). Weitere Diskussionsthemen bezogen sich auf die EU-Agrarreform. In Bezug auf die Förderung von Bioenergie sei ihm wichtig, dass darin investierende Betriebe einen Bestandsschutz für die nach dem EEG vorgesehenen 20 Jahre hätten, so Schneider (siehe Beitrag unten) Gleichzeitig müsse darauf geachtet werden, dass Spannungen in der Landwirtschaft vermieden werden. Darüber hinaus wurde über den starken Anstieg der Berufsgenossenschaftsbeiträge gesprochen. Der Bund habe die Zuschüsse um weitere 25 Mio. gekürzt. Für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland seien es 3,5 Mio. Euro weniger (siehe LW Nr. 8, S. 6)

Moe – LW 9/2013