Agrarmarketing nach dem „Aus“ für die CMA

Wertschöpfung durch Wertschätzung

Nach der Liquidation der CMA fehlt ein wichtiger Partner im Agrarmarketing. Wo ist die Branche jetzt selbst gefordert? Welche Anschlusslösungen gibt es? Wo kann das Land einspringen? Diesen Fragen ist Jörg Wagner, Referent für Agrarmarketing im rheinland-pfälzischen Landwirtschaftsministerium, im Jahr 1 nach dem „CMA-Urteil“ für LW nachgegangen.

In bestimmten Fällen sind Werbe- und PR-Maßnahmen förderfähig – zum Beispiel für Produkte mit dem "Qualitätszeichen Rheinland-Pfalz".

Foto: Wagner

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 3. Februar 2009, wurden CMA und ZMP aufgelöst. Quasi über Nacht standen der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft die bis dahin an den Absatzfonds abgeführten Mittel zur Verfügung – je nach Umsatzentwicklung der einzelnen Produktgruppen zwischen 80 und 100 Millionen Euro pro Jahr. Auf der anderen Seite gingen liebgewonnene Serviceleistungen verloren – die Palette reicht vom Spargelplakat für den Direktvermarkter bis hin zum Firmensprechtag für exportorientierte Unternehmen.

Info-, Image- und Werbemaßnahmen

Dem Land Rheinland-Pfalz fehlen mindestens 200 000 Euro pro Jahr von der CMA allein für gemeinsame Info-, Image- und Werbemaßnahmen. Projekte, die früher zu 60 Prozent mit CMA-Mitteln und zu 40 Prozent mit Landesgeld finanziert wurden, müssen seit 2009 zu 50 Prozent vom Projektträger bezahlt werden. Das Land hat umgehend seinen Anteil auf 50 Prozent aufgestockt. Einige frühere Projektträger haben sich zurückgezogen oder ihre Vorhaben deutlich verschlankt, neue Akteure sind dazugekommen. Erfreulicherweise hatte das CMA-Urteil keine Auswirkungen auf laufende Projekte im Land, niemand ist auf unvorhersehbaren Kosten sitzen geblieben.

Das Angebot des Landes im Agrarmarketing richtet sich nicht unmittelbar an landwirtschaftliche Betriebe in der Primärerzeugung. Für betriebsindividuelle Investitionen oder Beratung im Bereich Marketing sowie für Messeauftritte gibt es andere Fördermöglichkeiten. Dagegen können Informations-, Image- und Werbemaßnahmen unterstützt werden, wenn sie von Marketinggesellschaften, Verbänden, Erzeugergemeinschaften, Verarbeitern etc. durchgeführt werden und damit einen „mittelbaren Nutzen“ für die einzelnen Landwirte haben.

Was geht? Was geht nicht?

Förderfähig sind zum Beispiel die Verbreitung allgemeiner wissenschaftlicher Informationen bei Erzeugern, Verarbeitern oder Vermarktern landwirtschaftlicher Erzeugnisse einschließlich erforderlicher Umfragen, Markt­analysen und -forschung sowie Entwicklungs-, Machbarkeits- und Konzeptstudien.

Im Programm stehen ebenfalls Veröffentlichungen wie Kataloge oder Internetseiten mit Sachinformationen über Erzeuger aus bestimmten Regionen oder von bestimmten Produkten.

Förderfähig sind Projekte zur Information und Aufklärung der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland hinsichtlich einer gesunden Ernährung, des ernährungsphysio­logischen Wertes bestimmter Lebensmittel sowie deren Herstellungsverfahren, aber auch Projekte zu saisonalen oder traditionellen Anlässen.

In bestimmten Fällen können werbliche Maßnahmen sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gefördert werden. Das gilt zum Beispiel für Öko-Produkte, Erzeugnisse mit einem anerkannten Qualitätszeichen oder Produkte mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g. U.) oder geschützter geografischer Angabe (g. g. A.).

Zuschüsse gibt es ferner für die Durchführung von Informationsveranstaltungen, -messen und -aus­stellungen. Bei Unternehmen aus den Bereichen Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse ist zudem die erstmalige Teilnahme an einer bestimmten Messe oder Ausstellung förderfähig. Nicht förderfähig sind dagegen institutionelle Zuschüsse jeder Art, also regelmäßige Überweisungen zur Deckung der laufenden Kosten einer Institution.

Vorsicht beim Maßnahmebeginn

Auf keinen Fall darf mit einer Maßnahme ohne Zustimmung des Ministeriums begonnen werden. Bei einem vorzeitigen Maßnahmebeginn, also wenn Aufträge erteilt oder sogar Rechnungen bezahlt werden, kann das Projekt nicht mehr gefördert werden. Ansonsten können die förderfähigen Kosten mit bis zu 50 Prozent bezuschusst werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Förderung besteht nicht.

In jedem Fall empfiehlt es sich, mit dem zuständigen Referat im rheinland-pfälzischen Landwirtschaftsministerium Kontakt aufzunehmen (Adresse siehe Kasten). Dort gibt es nicht nur die exakten Förderkonditionen und ein Antragsformular, sondern auch fundier­ten Rat. Das gilt zum Beispiel für die Ausschreibeschwellen und -modalitäten. Die Fördermaßnahmen im Agrarmarketing des Landes sind unter der Nummer N 381/2009 von der EU-Kommission notifiziert worden.

Auch landeseigene Initiativen

Unabhängig von diesem Fördergeschäft realisiert das Ministerium eigene marketingrelevante Initiativen. Dazu gehören die Einführung und Pflege des „Qualitätszeichens Rheinland-Pfalz“, die jährlich stattfindende „Grüne Woche Rheinland-Pfalz“ oder die Herausgabe von Broschüren und Werbemitteln unter dem Motto „Appetit auf Rheinland-Pfalz“. In Kooperation mit den nachgeordneten Behörden werden Kampagnen in Eigenregie auf den Weg gebracht, wenn sie von besonderem öffentlichen Interesse sind. Dazu zählen beispielsweise die Imkerkampagne „HonigLand“ (Partner: Fachzentrum Bienen und Imkerei in Mayen) oder die Initiativen für den „Moselweinbergpfirsich“ (Partner: DLR Mosel). Im Ãœbrigen pflegt das Ministerium ein Netzwerk mit regionalen, sektoralen und berufsständischen Institutionen.

Exportmarketing und Messeförderung

Auf diesem früheren Arbeitsgebiet der CMA engagieren sich zwei Vereine: „Food made in Germany e.V.“ sieht sich als Interessensvertreter kleiner und mittlerer Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Mitglieder sind vor allem die Agrarmarketinggesellschaften verschiedener Länder. GEFA (German Export Association for Food and Agriproducts) ist ein „Verbund von Verbünden“ der Ernährungswirtschaft aus den Bereichen Obst und Gemüse, Süßigkeiten, Fleisch, Molkereiprodukte, Brauereien und Kellereien sowie wichtiger landwirtschaftsnaher Branchen (Landtechnik, Tier- und Pflanzenzucht). Für den Gang auf Drittmärkte bieten zudem das Landes- sowie das Bundeslandwirtschaftsministerium Hilfen und Unterstützung an. Am Export interessierte Unternehmen sollten sich nach den jeweiligen Angeboten der Messeförderung im In- und Ausland erkundigen.

Markt- und Preisberichterstattung

Die frühere ZMP hat regelmäßig Marktanalysen, Preisdaten, Marktgrafiken und Hintergrundberichte ausgearbeitet und damit einen wichtigen Beitrag zur Markttransparenz und zum Funktionieren des Wettbewerbs ge­leistet. Sie hat dabei unter anderem auf Leistungen sogenannter „Regio­nalmelder“ auch aus Rheinland-Pfalz zurückgegriffen und diese honoriert.

Bereits Anfang März 2009 wurde die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI) aus der Taufe gehoben, um die Markt- und Preisberichterstattung für die heimische Land- und Ernäh­rungswirtschaft zu übernehmen und um zusätzliche Geschäftsfelder zu erweitern. Bund und Länder haben Ende vergangenen Jahres eine Verwaltungsvereinbarung über die Beschaffung von Leistungen für die Markt- und Preis­berichterstattung getroffen und im Anschluss einen Vertrag mit AMI über die Bereitstellung von Marktdaten und -informationen einschließlich Analysen und Kommentierungen abgeschlossen. Den Marktbeteiligten sowie der Politik und Verwaltung stehen nun die erfor­derlichen Daten der Land- und Ernährungswirtschaft zur Verfügung. Gleichzeitig wird die Markttransparenz auf dem Agrarmarkt sichergestellt. (Internet: www.marktundpreis.de)

Werbemittel und IGW

Einen Teil ihrer „immateriellen Rechte“ – dazu zählen Plakate, Rechte an Texten, Slogans und Bildern, Internetdomains – hat die CMA im Zuge der Liquidation an Branchenverbände abgegeben. Ein Teil wurde an AgriKom in Bonn (www.agrikom.de) übertragen. Info- und PR-Material – auch für Schulen – gibt es bei i.m.a. in Bonn (www.ima-agrar.de) sowie beim Verein „5 am Tag“ in Mannheim (www.5amtag.de). Nützliche Informationen und Argumente für die Öffentlichkeitsarbeit liefert auch die Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft in Berlin (www.fnl.de). Weitere Ansprechpartner sind die Bauernverbände auf Bundes- und Landesebene, Branchenverbände sowie die Landwirtschaftskammer. Die Länderhalle auf der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin (Halle 20) fand 2010 ohne die Unterstützung der CMA statt. Dennoch haben sich alle 14 Bundesländer (bis auf Hamburg und Saarland) präsentiert. Das Angebot wurde buchstäblich von einer zweigeschossigen auf eine ebenerdige Bauweise abgestockt, die Mittelpunktschauen fehlten. Dennoch war die Länderhalle erneut ein Publikumsmagnet. Jörg Wagner, mwvlw

Ein Jahr nach dem CMA-Urteil

Ein Jahr nach dem CMA-Urteil hat sich der Pulverdampf weitgehend verzogen. Jetzt werden die Lücken offensichtlich, noch nicht überall sind Anschlusslösungen gefunden. Expertenwissen und zentrale Ansprechpartner für Interessenten aus dem In- und Ausland sind in einer gebündelten Form nicht mehr vorhanden. Mit der CMA fehlt zudem ein erfahrener Akteur zum Einwerben von EU-Fördermitteln. Diese Entwicklung sollte allen zu denken geben, die regionale und überregionale Weinwerbeeinrichtungen in Frage stellen.

Land und Bund können mit ohnehin knappen Steuermitteln nicht die Maßnahmen finanzieren, die früher mit parafiskalischen Mitteln von den einzelnen Branchen der Agrar- und Ernährungswirtschaft selbst bezahlt oder kofinanziert wurden. Hier ist die Wirtschaft zunächst selbst gefordert. Wenn allgemeine Imagebildung und spezielle Werbe- und Informationsveranstaltungen professionell konzipiert und durchgeführt werden, kostet das nun mal Geld. Punktuell kann und wird das Land jedoch weiterhin bei Informations- und Imagemaßnahmen helfen und eigene Initiativen ergreifen, damit aus Wertschätzung für unsere Lebensmittel Wertschöpfung für unsere Erzeuger wird. Jörg Wagner