Der Eichhof wird zum hessischen Biogaszentrum

Fraunhofer-IWES bezieht Außenstelle am Landwirtschaftszentrum des LLH

Anlässlich der Aktionswoche „Mit neuer Energie“ gaben letzte Woche der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) und das Fraunhofer-Institut IWES (Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik) bekannt, dass eine dauerhafte Außenstelle des IWES am Landwirtschaftszentrum Eichhof, Bad Hersfeld, eingerichtet wird. Organisatorische Aspekte und die Nähe zur Praxis haben das Institut dazu veranlasst, die Abteilung Bio­energiesystemtechnik von Hanau nach Bad Hersfeld zu verlegen, sagte Abteilungsleiter Dr. Bernd Krautkremer bei einer Podiumsdiskussion vor Ort.

Walter Zerr, Dr. Bernd Krautkremer und Klaus Wagner vor der Mikrogasturbine.

Foto: Becker

„Die Struktur des Landwirtschaftszentrums Eichhof mit Wohnungen, Büros und Werkstätten weist ein Energiebedarfsprofil wie ein kleines Dorf auf und ist daher ein idealer Standort für unsere Untersuchungen“, erläuterte Krautkremer. Zusätzlich sei der angegliederte landwirtschaftliche Betrieb mit Viehhaltung und einer Biogasanlage ein zusätzlicher Standortvorteil. Die Einrichtung der festen Außen­stelle sei daher nur eine logische Folge aus der schon länger bestehenden Kooperation mit dem LLH und dem Landesbetrieb Hessische Landeslabore (LHL), der ebenfalls am Eichhof verschiedene Versu­che zum Thema Biogas durchführt.

Ziel der IWES-Untersuchungen ist die Integration von Biogasanlagen in ein Energielastmanagement, wobei der Strom aus Biogas gezielt Regelenergie zu Bedarfsspitzen bereitstellen soll. Denn Biogas ist im Gegensatz zu Wind- und Solarenergie speicherbar und damit flexibel.

IWES wurde 2009 gegründet und ist unter anderem aus dem Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) in Kassel hervorgegangen.

Zwei Millionen Euro aus dem Konjukturpaket II

Rund 2 Mio. Euro werden laut LLH-Direktor Andreas Sandhäger in den Neubau eines Versuchstechnikums für nachwachsende Rohstoffe und den Ausbau der Biogasanlage investiert. Diese Kooperation sichere den Standort Eichhof nachhaltig und betone den hohen Stellenwert landwirtschaftlicher Energieerzeugung. Der Leiter des Eich­hofes, Klaus Reinhardt, sprach von einem Meilenstein für die Entwicklung des Standortes, denn neben neuen Arbeitsplätzen werde eine stärkere wissenschaftliche Ausrichtung des Landwirtschaftszentrums die Folge sein.

Eine Führung über das Gelände zeig­te, wie intensiv die Themen nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien in Bad Hersfeld bearbeitet werden. Neben der Biogasanlage wird Sonnenenergie genutzt und ein Heizkraftwerk mit Holzhackschnitzeln betrieben. Bei­des soll ebenfalls in das Energiemanagement des Eichhofes integriert werden. Auch der Anbau verschiedener Energiepflanzen geschieht direkt vor Ort.

In Bad Hersfeld leistet man Pionierarbeit

Der Energiepflanzen-Schaugarten am Eichhof.

Foto: Becker

Interessante und praxisnahe Versuchsanordnungen konnte man in den Räumen des LHL besichtigen. Laborleiter Walter Zerr zeigte, wie in 160 Kleinfermentern die Gasausbeuten verschiedener Kosubstrate ermittelt werden. „Wir erhalten hier zahlreiche Pro­ben aus aller Welt, die auf ihre Bio­gaseignung untersucht werden sollen. Beispielsweise Schlachtabfälle aus Italien oder Reste der Fruchtsafterzeugung aus Indien.“ Wegweisend für den effizienten Betrieb von Biogasanlagen könnte auch die hier entwickelte Nutzung der Nah-Infrarot-Spektroskopie (NIRS) im laufenden Fermenterbetrieb sein. Dabei werden mehrmals pro Sekunde Parameter wie der pH-Wert, der Gehalt verschiedener Gase und die Zusammensetzung von Mikroorganismen durch eine Glasscheibe gemessen.

Erstmals ist am Eichhof auch der Betrieb einer Mikrogasturbine mit Biogas gelungen. „Wir haben es geschafft, das Fermentergas so weit aufzubereiten, dass es in dieser sehr energieeffizienten Anlage verstromt werden kann“, sagte Klaus Wagner, Fachgebietsleiter Nachwachsende Rohstoffe. „Die Turbine läuft seit vier Jahren problemlos und ist extrem wartungsarm.“ Sie versorgt etliche Gebäude des Zentrums – wie zum Beispiel die Schule mit 60 Betten – mit Wärme; bei Bedarf heizt eine konventionelle Gasheizung zu.

Wagner appelierte an die Landwirte, sich an der Wertschöpfung landwirtschaftlicher Energieerzeugung zu beteiligen und nicht als reine Substratlieferanten abspeisen zu lassen: „Verkaufen Sie nicht Tonnen, sondern Kilowattstunden“, lautet sein Kredo. KB