Die Landwirtschaft braucht Fairness

Sich vorrangig der Düngeverordnung widmen

Am 9. Januar 2020 trafen sich Landwirte und Winzer auf Einladung der CDU-Bundestagsabgeordneten Ursula Groden-Kranich mit der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Gitta Connemann in Stadecken-Elsheim zum Austausch über die aktuell brisante Lage der Landwirtschaft.

Gitta Connemann (l.) und Ursula Groden-Kranich (r.) in Stadecken-Elsheim.

Foto: I.Willersinn

Connemann machte zu Beginn der Veranstaltung vor allem eines deutlich: „Wenn ich eines der Landwirtschaft ankreide, dann, dass sie die letzten Jahre geschlafen hat.“ Und damit meine sie nicht die Verbände, denn diese haben vieles versucht. Zur Wahrheit gehöre, dass die Resonanz auch innerhalb der Branche sehr gering war. Diese harte Wahrheit sahen auch die anwesenden Landwirte und Winzer ein. „Aber ich bin froh, dass die Landwirte jetzt auf die Straße gehen“, sagte Connemann und machte damit deutlich, dass sie eindeutig hinter der Landwirtschaft und ihren Anliegen steht.

Erst Probleme der Düngeverordnung

Vor allem die Diskussion über die Düngeverordnung (DÜV) vereinnahmte einen Großteil des Abends. Connemann kreidet es der EU an, dass die Düngeverordnung nicht auf allen Ebenen greift. So seien beispielsweise ausschließlich Nitrateinträge aus tierischen Exkrementen im Blickfeld. Alle anderen (wie der Nitrateintrag von menschlichen Exkrementen oder aus dem Straßenverkehr) werden nicht beachtet. Auch sieht sie einen Fehler darin, dass kein einheitliches EU-Messstellennetz vorgegeben wird, sondern dass die Messstellen von den Ländern festgelegt werden können.

Nun ist der Bund Empfänger einer Anlastung durch den EU-Gerichtshof: Wenn sich die Nitrat-Messwerte nicht verbessern, drohen immense Strafzahlungen. Aber „wir sehen, dass die DÃœV 2017 wirkt, wir sind im Zieleinlauf“, freute sich Connemann nur kurz, denn es seien nicht die aktuellen Zahlen, die dem EU-Gerichtshof vorliegen, sondern Werte aus den Jahren 2007/2008, auf denen die Forderung der Nachjustierung fuße „und nun sollen Sie 20 Prozent des benötigten Düngers einsparen“, berichtet die Bundestagsabgeordnete enttäuscht. Soweit hätte es ihrer Ansicht nach nicht kommen müssen. Pflanzenbaulich sei das niemandem zu erklären und führt über kurz oder lang zu Lebensmittelimporten, da Deutschland viele Kulturen verlieren wird. Darum fordert Connemann, dass die EU-Nitratrichtlinie entsprechend der zuvor genannten Punkte geändert wird. Viel Zeit ist nicht mehr, denn die neue DÃœV soll bereits im April verabschiedet werden. Sie selbst könne dabei leider nicht mitentscheiden. Sie zeigte aber auf, dass die CDU/CSU-Fraktion an dieser Stelle auch eine dezidiert andere Meinung habe als die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die übrigens kein Fraktionsmitglied ist.

Ãœber die Länder gäbe es noch die Möglichkeit, sich gegen den Referentenentwurf auszusprechen. Deshalb forderte sie die Landwirte und Winzer auf, weiterhin Druck zu machen. Dieser Druck müsse aber gezielt eingesetzt werden und darf nicht zu sehr die Bevölkerung treffen. Eine Änderung des Messstellennetzes hält sie auch für sinnvoll und wichtig: „Aber aus der akuten Problematik bringt Sie dies nicht heraus.“

Aus der Runde meldeten sich dann die Obstbauern und wollten wissen, wie die CDU/CSU-Fraktion zu dem Thema Insektenschutzprogramm steht, denn ein Wegfall von Insektiziden würde an vielen Stellen ein Aus für den Obstanbau bedeuten.

Insektenschutzprogramm erstmal hintenanstellen

Connemann erklärte, dass es sich dabei erst einmal nur um eine Absichtserklärung handle. Diese sei deshalb so scharf formuliert, weil Bundesumweltministerin Svenja Schulz daran mitarbeitete. Klöckner hätte bereits einige Punkte zu Gunsten der Landwirtschaft verhandeln können. Diese Absichtserklärung müsse aber erst noch durch Dialogforen mit Fachleuten und dann noch durch viele weitere Institutionen und könne dann immer noch gekippt werden. Für sie sei das Insektenschutzprogramm ebenfalls ein Schlag ins Gesicht. „Wir warnen davor, dass dieses Aktionsprogramm verabschiedet wird. Es ist ein Vertrauensbruch mit der Landwirtschaft“, denn bei der damaligen Einrichtung der Natura 2000 Gebiete wurde den Landwirten gesagt, dass ihnen keine Nachteile in diesen Gebieten entstehen würden. Das Insektenschutzprogramm sieht immense Einschränkungen vor. Connemann plädiert dafür, sich nun auf die Düngeverordnung zu konzentrieren und für die fachliche Praxis in den politischen Entscheidungen zu werben, auch bei den Demonstrationen.

Sich weiterhin in der Politik engagieren

Alle Anwesenden waren sich einig darüber, dass es vor allem auch an Öffentlichkeitsarbeit in der Landwirtschaft fehlt. Hier sei sowohl bei „Land schafft Verbindung“ als auch bei den Bauernverbänden noch viel Luft nach oben. Es kam der Wunsch, nach einer nationalen Marketingagentur auf. Connemann sprach den Landwirten und Winzern zu, dass Sie sich auch zukünftig nicht aus der Orts- und Gemeindepolitik zurückziehen dürfen. „Engagieren Sie sich vor Ort“, nur so könnten Landwirte nachhaltig zur Sprache kommen.

iw – LW 3/2020