Bis in die späten Abendstunden wird gedroschen
Ernte auch an den Sonntagen – was ist zu beachten?
Die Getreideernte ist in vollem Gange. Bei schönem Wetter rücken die Mähdrescher auch an Sonn- und Feiertagen aus, um die Ernte trocken einzubringen. Oft wird bis weit in die Nacht hinein gearbeitet. Wenn sich die Nachbarn dadurch gestört fühlen, kann es Probleme mit der Polizei geben. Die Rechtslage hat Wolfgang Koch vom Hessischen Bauernverband zusammengefasst.

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Hessisches Feiertagsgesetz
1. Gemäß § 6 Absatz 1 dieses Gesetzes sind an den gesetzlichen Feiertagen Arbeiten verboten, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu beeinträchtigen. Dies gilt aufgrund § 6 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 dieses Gesetzes aber nicht für Arbeiten in der Landwirtschaft, die nicht aufgeschoben werden können, sowie für unaufschiebbare Arbeiten, die zur Abwendung eines erheblichen Schadens an Gesundheit oder Eigentum oder zur Vorbereitung der am folgenden Tag stattfindenden Märkte erforderlich sind. Aufgeschoben werden können Erntearbeiten in der Landwirtschaft beispielsweise dann nicht, wenn Gewitter und Regen zeitnah drohen. Aber selbst bei erlaubten Arbeiten sind unnötige Störungen und Geräusche zu vermeiden ( § 6 Absatz 3 Hessisches Feiertagsgesetz).
Lärm möglichst vermeiden, Bewertung im Einzelfall
2. Um sicherzugehen und Diskussionen über die Unaufschiebbarkeit von Arbeiten vorzubeugen, könnte die örtliche Ordnungsbehörde, das Ordnungsamt beim Magistrat oder Gemeindevorstand, nach § 14 Absatz 1 Hessisches Feiertagsgesetz von vornherein für einzelne Feiertage von den Verboten Befreiung gewähren. Aufgrund § 117 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten kann unzulässiger Lärm geahndet werden. Nach dieser Vorschrift handelt ordnungswidrig, wer ohne berechtigten Anlass oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen.
Ob diese Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und ist in jedem Einzelfall gesondert und sorgfältig zu prüfen. Dabei ist die Bußgeldbehörde nachweispflichtig.
Bürgerliches Gesetzbuch
3. Nach § 906 Absatz 1 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks die Zuführung von Gerüchen, Geräuschen oder Staub und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen verbieten. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Benutzung des Grundstücks durch die genannten Einwirkungen nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird.
Das Gleiche gilt aber nach § 906 Absatz 2 BGB auch insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art, zum Beispiel Landwirten, wirtschaftlich zumutbar sind. In diesen Fällen könnte der beeinträchtigte Nachbar von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt. Ob diese Voraussetzungen jeweils gegeben sind, ist ebenfalls eine Einzelfallfrage.
Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit
4. Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG): Nach § 1 Absatz 3 HSOG obliegt der Schutz privater Rechte den Polizeibehörden nach diesem Gesetz nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung der Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Bei polizeilichen Maßnahmen und der Wahl polizeilicher Mittel ist gemäß §§ 4, 5 HSOG der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Das bedeutet, dass diejenigen Maßnahmen zu treffen sind, die die einzelne Person und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.
Assessor Wolfgang Koch, HBV – LW 28/2015