Die Wintergerste ist ein klimastabiles Fruchtfolgeglied

Landessortenversuche Winterfuttergerste 2022/2023

Die diesjährige Wintergerstenernte ist mit Kornerträgen der Verrechnungssorten von 4 bis 5 Prozent über dem fünfjährigen Ertragsdurchschnitt besser ausgefallen als erwartet. Katja Lauer und Dr. von Francken-Welz, Fachgruppe Pflanzenbau am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, fassen die Ergebnisse der Landessortenversuche Winterfuttergerste 2022/2023 zusammen.

Bordeaux (Stufe 2). Fungizidmaßnahmen in Stufe 2 am 4. Mai 2023 in BBCH 37-41: Elatus Era (1 l/ha) + Folpan (1,5 l/ha) + Proline (0,2 l/ha).

Foto: Katja Lauer.

Da die Wintergerste deutlich früher mit der Korneinlagerung beginnt als andere Getreidearten, hat sie offensichtlich am wenigsten unter der Frühsommertrockenheit ab Mitte Mai gelitten. Zwar ist die Spannbreite in den Ergebnissen je nach Standort und Niederschlagsverteilung recht weit, doch insgesamt wurden in den Landessortenversuchen gute Erträge und Qualitäten geerntet.

Fünf neue Sorten in der Prüfung

2023 wurden durch das Bundessortenamt fünf neue Wintergerstensorten in Deutschland zugelassen, wovon zwei Neuzulassungen in die Landessortenversuche aufgenommen wurden.

SU Virtuosa ist aktuell die ertragsstärkste mehrzeilige Prüfsorte, sie erreicht beim Kornertrag in Stufe 1 (ohne Fungizid, Wachstumsregler reduziert) die Ausprägungsstufe (APS) 6, in Stufe 2 APS 8. Sie verfügt über eine Resistenz gegenüber dem Gelbverzwergungsvirus (BYDV), das durch Blattläuse übertragen wird. Dies spielt vor allem bei Frühsaaten in Verbindung mit milder, sonniger Herbstwitterung eine Rolle. SU Virtuosa besitzt eine solide Qualität und eine ausgeglichene Blattgesundheit (ausgenommen: erhöhte Zwergrostanfälligkeit, APS 7). Schwächen der Sorte sind die starke Lagerneigung (APS 7) sowie die überdurchschnittliche Neigung zu Halmknicken.

Die Neuzulassung Integral ist ebenfalls eine BYDV-resistente Sorte, die sich robust gegen Ramularia präsentiert (APS 4). Integral erzielt hohe Hektolitergewichte (APS 6) und besitzt gute bis mittlere Stroheigenschaften. Im Vergleich zu SU Virtuosa ist Integral im Merkmal Kornertrag Stufe 2 eine Ausprägungsstufe schlechter bewertet.

Neben den deutschen Neuzulassungen SU Virtuosa und Integral stehen drei neue EU-Sorten in der Sortenprüfung: SY Loona (mehrzeilig, Hybride), LG Campus (zweizeilig) und Bilbao(zweizeilig).

Prüfbedingungen der Landessortenversuche

In Rheinland-Pfalz wurden im Herbst 2022 vier Landessortenversuche (LSV) angelegt. An allen Versuchsorten bestand das Prüfsortiment aus zwölf mehrzeiligen, darunter zwei Hybriden, und zehn zweizeiligen Sorten. Der Versuch am Standort Nomborn (Westerwald) konnte dieses Jahr aufgrund einer sehr hohen Streuung der Versuchsdaten nicht in die landesweite Auswertung einbezogen werden.

Die Prüfkandidaten werden in den Landessortenversuchen in zwei Intensitätsstufen angebaut, wobei in der Intensitätsstufe 1 Wachstumsregler gar nicht oder nur reduziert eingesetzt werden. Auf Fungizide wird in der Intensitätsstufe 1 vollständig verzichtet, um die Krankheitsanfälligkeit der Sorten zu prüfen. Daneben soll diese Stufe eine Einschätzung des Ertragspotenzials unter den vorherrschenden Umweltbedingungen (Krankheiten) ermöglichen. Die Intensitätsstufe 2 zeigt das Leistungspotenzial der Sorten ohne Einfluss von Krankheiten (maximale Gesunderhaltung der Pflanzen). Die Düngung, der Herbizid- und Insektizideinsatz sind in beiden Stufen einheitlich.

Bei Hybridsorten wird aufgrund der höheren Bestockungsfähigkeit und entsprechend der Empfehlungen des Züchterhauses die Saatmenge um 25 Prozent gegenüber der ortsüblichen Saatmenge bei Liniensorten reduziert.

Frühe Reife bringt Ertragssicherheit

Die im Frühjahr überdurchschnittlich feuchten Böden trockneten ab Mitte Mai durch trockenes und sonnenscheinreiches Wetter sowie trockene Luft schnell aus. Hohe Ährenzahlen in Verbindung mit akzeptablen Kornzahlen je Ähre und Tausendkorngewichten sicherten zufriedenstellende Kornerträge und Qualitäten.

Die Kornerträge der Verrechnungssorten SY Galileoo (H, mz), Esprit (mz) und Bordeaux (zz) liegen 2023 im Mittel der drei ausgewerteten Versuchsorte in der Intensitätsstufe 1 bei 88,2 dt (= rel. 86 Prozent) und bei 102,7 dt/ha (= relativ 100 Prozent) in der Intensitätsstufe 2. Damit liegen die Erträge 2023 4 bis 5 Prozent über dem fünfjährigen Ertragsdurchschnitt.

Die Erträge der Prüfstandorte unterscheiden sich aufgrund der unterschiedlichen Niederschlagsverteilung und Bonität der Böden deutlich: Die höchsten Kornerträge werden in beiden Intensitätsstufen am Versuchsstandort Mehlingen (Westpfalz, Mittellage Südwest) geerntet. Hier überspringen die meisten Prüfsorten wie auch 2022 die 120-dt-Marke deutlich (Stufe 2). Auf dem von der Bodenbonität schwächsten Standort Kümbdchen (Hunsrück) lag das Ertragsniveau ca. 30 bis 40 dt/ha darunter.

2023 konnte im Schnitt der Prüforte kein nennenswerter Ertragsvorteil der mehrzeiligen Prüfsorten gegenüber den zweizeiligen Sorten gemessen werden. Im Fünfjahresmittel (2019-2023) liegen die Mehrzeiler in den rheinland-pfälzischen Landessortenversuchen lediglich knapp 2 dt/ha vor den Zweizeilern (Intensitätsstufe 2).

Im mehrzeiligen Prüfsortiment belegen in der Intensitätsstufe 2 die zweijährig geprüften Sorten Julia, KWS Exquis und Avantasia mit überdurchschnittlichen Kornerträgen die Spitzenpositionen (Relativerträge 105 bis 106 Prozent, Tabelle 2). Die Ertragsunterschiede zwischen den genannten Spitzensorten lassen sich bei einer Grenzdifferenz von 7 Prozent statistisch nicht absichern. Die Empfehlungssorten zur Herbstaussaat 2022, KWS Higgins, SY Galileoo und Esprit, erreichen Relativerträge von 100 bis 101 Prozent. Die neue einjährig geprüfte EU-Prüfsorte SY Loona (Hybride) erreicht die höchsten Kornerträge in beiden Intensitätsstufen.

Im zweizeiligen Prüfsortiment belegen in der Intensitätsstufe 2 die Prüfsorten Arthene und SU Laubella die vorderen Ränge (Relativerträge 103 bis 104 Prozent). Die Empfehlungssorten zur Herbstaussaat 2022, KWS Moselle und Bordeaux, schneiden leicht unterdurchschnittlich ab.

 – LW 32/2023