Bauern sehen Hitzewelle positiv für die Abreife des Getreides

Regionales Vorerntegespräch des HBV im Main-Taunus

„Die Hitze der letzten Wochen könnte zu Einbußen geführt haben. Wir sehen aber jetzt die Hitzewelle positiv für die Abreife des Getreides", so der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider. Mit dem Kreisbauernverband Main-Taunus fand vorige Woche das zweite Vorerntegespräch des HBV für die Erntesaison 2013 auf dem Betrieb der Familie Pauly in Hofheim am Taunus statt.

Die Weizenbestände in der Rhein-Main-Region machen zur Ernte einen hervorragenden Eindruck. Der HBV rechnet aber damit, dass die Hitzewelle der letzten vier Wochen die optimale Kornausbildung beeinträchtigt hat. Hessens Bauernpräsident Friedhelm Schneider (M.) sprach vor Ort mit dem Vorsit­zenden des Kreisbauernverbandes Main-Taunus, Karlheinz Gritsch (l.) auf dem Betrieb der Familie Jürgen Pauly (r.) in Hofheim a. T.

Foto: Moe

Zurzeit werden vielerorts in Hessen Raps und Weizen geerntet. Gerste sei komplett geerntet, berichtete der HBV-Präsident. Erste Ergebnisse der Wintergerste zeigten insge­samt gute Erträge in Hessen, jedoch regional große Unterschiede. Ähnlich schätzt Schneider die in Hessen jetzt laufende Weizenernte ein und erwartet Auswirkungen der Hitzewelle auf die Bestände mit einer geringeren Kornausbildung. Während der Proteingehalt des Weizens der ersten Proben sehr zufriedenstellend sei.

Für den Weizen und die Hackfrüchte haben die Gewitter in der letzten Juliwoche gut getan, sofern der Stark­regen nicht zu Lager im Getreide, beziehungsweise Hagel zu Schaden beim Raps geführt habe. Der Weizen sei mit einer Anbaufläche in Hessen von circa 170 000 ha die Hauptfrucht der hessischen Landwirtschaft. Nun sehe man das Hitzewetter positiv.

Es sei weiterhin ein stabiles Erntewetter für die Qualität des Erntegutes wichtig. Auch um Getreide nicht nachtrocknen zu müs­sen, das mit zusätzlichen Kosten bei derzeit rückläufigen Erzeugerpreisen die Rentabilität belasten würde.

Gleich zu Beginn der Veranstaltung betonte der HBV-Präsident, dass dies ein Vorerntegespräch sei und landesweit si­chere Er­gebnisse noch nicht vorliegen könnten. Häufig werde im Vorfeld falsch über die Menge und Qualität der Ernte 2013 spekuliert. Ein Großteil des Getreides sei noch nicht unter Dach und Fach. Seiner Auffassung nach wird die Entwicklung der Getrei­de- und Rapspreise entscheidend davon abhängen, wie gut in den großen Anbaugebieten der Welt ge­erntet wird. Langfristig geht Schneider von stabilen Erzeuger­preisen aus. Während er sich über die aktuellen Getreidepreise enttäuscht zeigte. „Wir sehen jedes Jahr, dass die Erzeugerpreise durch zu frühe Ernteprognosen nach unten geschrieben werden“, sagte der HBV-Präsident. So sei es auch nun im Sommer 2013. Der Weizenpreis sei schon seit Wochen unter Druck.

„Ich gehe aber davon aus, dass die Preise nach der Ernte stabil sein werden und dass wir auch zu vernünftigen Erlösen kommen. Abstürze wie vor einigen Jahren sind mit Blick auf die global steigende Nachfrage nach Getreide und Soja nicht zu erwarten. Besonders große Steigerungsraten in der Nachfrage kommen von den Chinesen. Für 2013 können wir eine gut durchschnittliche Ernte in der Menge, den Qualitäten und Erzeugerpreisen erwarten“, konstatierte der HBV-Präsident.

Gleich nach der Veranstaltung ging es auf dem Mähdrescher und Jürgen Pauly startete mit der Ernte des Winterweizens.

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Drei Generationen wohnen auf dem schön angelegten Johannes­hof, dem Vollerwerbsbetrieb der Familie. Im Bild, von rechts: Betriebsleiterin und Ehefrau von Jürgen Pauly, Sandra Pauly, mit ihren beiden Kindern Marco (13) und Rebecca (16).

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Sehr unzufrieden ist Schneider aber mit dem Preisniveau der Braugerste. Die Wertschöpfung der Sommergerste sei seit Jahren zu gering. Das führe dazu, dass Braugerste hier nicht mehr angebaut werde, mit der Folge eines fehlenden regionalen Bezugs des Bieres. Gleichzeitig verlieren die Brauereien Versorgungsstabilität. Dabei schlügen die Kosten eines um ein paar Eu­ro je dt höheren Preises für den Rohstoff Gerste im Gesamtprozess des Brauens kaum zu Buche.

Die HBV-Infoveranstaltung fand auf dem schön ge­le­genen Aussiedler­hof der Familie Pauly mit Ackerbau, Obst-, Gemüsebau und Direktverkauf nördlich von Hofheim statt. Betriebsleiter Agrar­tech­niker Jürgen Pauly (45) erläuterte die Entwicklung des Hofes, für den sich drei Generationen einsetzen und auf dem sie gut zusammen leben.

Karlheinz Gritsch, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Main-Taunus, beschrieb viele De­tails des kleinsten und seiner Ansicht nach zugleich schönsten Landkreises in Hessen mit Blick zum Südosten auf Frankfurt und zum Norden in den Taunus. Zentrales Problem für die Landwirte in der Region sei aber der immense Flächen­verlust durch den wirtschaftsstarken und zugleich flächenhungrigen Rhein-Main-Ballungsraum.

Moe – LW 32/2013