„Berufsstand muss Zukunft der Landwirtschaft mitgestalten“

Rukwied bei Regionalversammlung Gießen/Wetzlar/Dill

Vorigen Donnerstag fand nachmittags in den Hüttenberger Bürgerstu­ben eine Regionalversammlung des Bauernverbandes Gießen/Wetzlar/Dill statt. Trotz hervorragenden Wetters zur Frühbestellung kamen etwa 50 Besucher, um den Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, zu hören. Er sprach über die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Landwirte und über Möglichkeiten zur Einflussnahme des Berufsstandes.

Die Landwirtschaft in Deutschland muss wettbewerbsfähig bleiben, so lautete die Kernaussage des DBV-Präsidenten Joachim Rukwied.

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Rukwied informierte über aktuelle Diskussionen zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik. Auch sprach er über die Öffentlichkeitsarbeit des Berufsverbandes. Dazu hielt er einen Vortrag zum Thema „Zukunft der Landwirtschaft: Der Deutsche Bauernverband gestaltet aktiv mit.“

Der DBV-Präsident sieht vor allem die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirtschaft wegen des geplanten Greenings gefährdet. „Wenn das so kommt, laufen wir deutschen Bauern Gefahr, das Nachsehen zu haben, weil die Ausgestaltungsmöglichkeiten der EU-Mitgliedsländer und in den Bundesländern sehr unterschiedlich sind. Wir brauchen aber auch zukünftig eine wettbewerbs­fä­hige Landwirtschaft“, forderte der Präsident des DBV auf der Regionalversammlung.

Rukwied kritisierte weiterhin geplante Verschärfungen in Bezug auf die Pflanzenschutzmittel­zulassungen und zur Düngever­ordnung. Er erläuterte mögliche Folgen für die Landwirtschaft an Szenarien, wie diese: „Brüssel will im Hinblick auf die Neuzulassung und auf bereits zugelasse­ne Pflanzenschutzmittel ein Rest­risiko als Maßstab nehmen. Das würde dazu führen, dass ab 2016 keine Insektizide mehr eingesetzt werden dürfen.“ Auch in Zukunft müsse es eine vielfältige, wettbewerbsfähige Landwirtschaft geben, machte er deutlich. „Wir brauchen eine ökonomisch und nachhaltige und wettbewerbsfähige Landwirtschaft“, so Rukwied.

Politik, Gesellschaft und Bauernverband

Grundsätzlich hat für ihn Landwirtschaft eine Zukunft, sie ist seiner Ansicht nach sogar eine Schlüsselbranche des 21. Jahrhunderts. Denn ohne die Landwirtschaft seien die gewalti­gen Herausforderungen in Bezug auf die Fragen der Ernährungs- und Energiesicherung, den Erhalt der Biodiversität und für den Klimaschutz nicht zu lösen, stellte der Bauernpräsident heraus.

Zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik sagte Rukwied, dass der Kompromiss mit einer moderaten Kürzung sowie weitere 4,5 Prozent von der ersten in die zweite Säule umverteilt würden, angesichts der ursprüng­lichen Pläne der EU-Kommission für den Bauernverband tragbar sei. „Das was in Brüssel ausgehandelt worden ist, ist eine Basis, mit der wir leben können. Entscheidend ist nun, was die Länder daraus machen.“

Verärgert ist Rukwied, weil bereits jetzt versucht werde, den Beschluss aufzuweichen. So gebe es Bundesländer, die 2017 eine erneute Prüfung der GAP forderten und die Umverteilung weiter erhöhen wollten.

Auch sprach Rukwied in Hüttenberg über die „Initiative Tierwohl“ des Bauernverbandes und meinte, die Bauern hätten damit ihre Hausaufgaben gemacht, jetzt sei der Lebensmittelhandel am Zug, den höheren Aufwand der Landwirte auch durch höhere Preise zu honorieren.

Bevölkerung über die Arbeit der Landwirte informieren

Landwirte und Vertreter der Agrarverwaltungen und Verbände nahmen an der Regionalversammlung teil.

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Rukwied stellte fest, dass mit dieser Initiative zwar nicht die Kritiker von Organisationen wie PETA überzeugt werden könnten. Ansatz des Bauernverbandes sei vielmehr, die große Mehrheit der Bevölkerung mitzunehmen und sie vom verantwortungsbewussten Tun der Landwirte zu überzeugen, dass sie eine moderne Nutztierhaltung in Deutschland betreiben, die nachhaltig und artgerecht sei. Einen weiteren Baustein für mehr Akzeptanz der Arbeit der Landwirte in Feld und Stall sieht er darin, mehr Werbung auf den Betrieben vor Ort zu machen. Die in Kürze startende Saison der Tage des offenen Hofes sei eine gute Basis für eine erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit des Berufsstandes.

Lebhafte Diskussion zum weiten Themenspektrum

Vorsitzender Manfred Paul führte durch die Veranstaltung des Bauernverbandes in Hüttenberg.

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An Rukwieds Vortrag schloss sich eine lebhafte Diskussion an, die der Vorsitzende des regionalen Bauernverbandes Gießen-Wetzlar-Dill, Manfred Paul, moderierte. Er dankte dem Bau­ernpräsidenten, dass der DBV, vor einigen Jahren die Aktion „Stoppt Landfraß – auf Beton wächst kein Brot“ gestartet habe. Am Regierungspräsidenten Dr. Lars Witteck ge­­richtet, sagte Paul, dass die Gespräche zwischen dem Bauernverband Gießen-Wetzlar-Dill und dem RP für die Betriebe in der Region sehr wichtig seien, besonders „wenn ich an unsere Forderung denke, den Landverbrauch einzudämmen.“ Zum Beispiel sei die geplante Ansiedlung von IKEA im Raum ursprünglich auf besten Böden geplant gewesen, jetzt sei die Gewerbeansiedlung auf einer Industriebrache bei Wetzlar vorgesehen. Das sei vorbildlich und nachahmenswert.

Das Spektrum der weiteren diskutierten Themen war breit. Unter anderem nutzte der Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes, Armin Müller, die Mög­lich­keit, Probleme bei der Förderung von Hutungen an­zusprechen. Marie-Luise Sonneborn aus Bie­bertal griff Ankündi­gungen von Aldi an, erneut die Preise für Fleisch und Milch zu senken, das gehe auf Kosten der Bauern.

Moe – LW 12/2014