Die Sonderrolle der Landwirtschaft

Angesichts der im Herbst bevorstehenden Wahlen zum Bundestag und zum Hessischen Landtag haben die Parteien mittlerweile mit ihren Programmen Stellung zur Landwirtschaft bezogen. Darin wird noch einmal deutlich, dass die Positionen nicht nur – naturgemäß – voneinander abweichen, sondern zum Teil gegensätzlich sind.

Während die CDU beispielsweise Wettbewerbsfähigkeit und die Agrarausfuhren als positiv herausstellt, lehnen die Grünen eine exportorientierte Landwirtschaft ab. Während die Union Massentierhaltung als Schlagwort und als Verunglimpfung der Tierhalter bewertet, sprechen die Grünen von einer notwendigen Abkehr vom derzeitigen „System der Massentierhaltung“.

Diese Gegensätze sind nicht nur Kennzeichen eines sehr zugespitzten und polarisierenden Wahlkampfs, auf den sich die Bauern einstellen müssen. Deutlich wird auch die Sonderrolle der Landwirtschaft, bei der die Politik das Wirtschaften der Betriebe mitbestimmen will. Dies geht weit über Tier- und Umweltschutz- oder Förderungsfragen hinaus, wo der Einfluss eine gewisse Berechtigung hat. So wird bei keiner anderen Branche der Warenexport (abgesehen von Rüstungsgütern) in Frage gestellt, der ja immerhin für den Wohlstand Deutschlands verantwortlich ist. Und in keinem anderen Wirtschaftszweig werden Wachstum und größere Einheiten zur Minderung der Stückkosten zum Teil so negativ gesehen wie in der Landwirtschaft.

Welcher Politiker würde zudem erfahrene Unternehmer anderer Wirtschaftsbranchen darüber belehren, wo künftig die Absatzmärkte sind? In der Landwirtschaft aber ist das der Fall: „Sie müssen für den regionalen Markt oder für den Biomarkt produzieren“, hört man immer wieder. Das ist Besserwisserei und Politik über die Landwirtschaft, statt mit der Landwirtschaft.

Cornelius Mohr