Erdbeeren und Obst inmitten der Reben

Auch Obstbau geht im Rheingau – Obstgut auf der Heide

Der Rheingau ist bekannt für seine Weine, deren Trauben an den Hängen entlang des Rheins heranreifen. Der Rheingau bietet mit seinen vielen Sonnenstunden aber auch perfekte Bedingungen für den Obstbau. Inmitten der Reben befindet sich das Obstgut auf der Heide von Familie Geiger, die neben Äpfeln und Erdbeeren noch viele weitere Früchte anbauen. Sie waren vergangene Woche Gastgeber der offiziellen Eröffnung der hessischen Erdbeersaison.

Arno Geiger (links) und sein Sohn Tino führen das Obstgut auf der Heide in Geisenheim in der dritten und vierten Generation. Tinos Freundin Lena ist gerade zur Hessischen Erdbeerkönigin gekrönt worden.

Foto: Brammert-Schröder

In Marienthal, nur wenige Kilometer oberhalb von Geisenheim auf rund 200 m Höhe gelegen, wachsen auf 15 ha Fläche verschiedene Obst- und Gemüsekulturen. Arno Geiger und sein Sohn Tino setzen auf Obstanbau – und das bereits in der dritten bzw. vierten Generation. Sie sind der einzige Obstbau-Vollerwerbsbetrieb in der Region. An den Bäumen wachsen neben Äpfeln auch Birnen, Aprikosen, Pfirsiche und Zwetschgen. Hinzu kommen verschiedene Beerenfrüchte wie Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Johannisbeeren und Stachelbeeren. Außerdem bauen Geigers noch Fruchtgemüse wie Tomaten und Paprika an sowie Kürbisse und Grünkohl. Vermarktet werden die Erzeugnisse über den eigenen Hofladen sowie einige Lebensmittelmärkte in der Region.

Erdbeeren wirtschaftlich wichtige Kultur für den Betrieb

Die Erdbeeren sind eine der Hauptkulturen des Betriebes. Die roten Früchte wachsen auf 2 ha Fläche. Mit ihnen beginnt die Erntesaison auf dem Betrieb. „Die Erdbeeren haben einen hohen Stellenwert im Betrieb“, sagt Tino Geiger. „Sie sind für uns eine wirtschaftlich wichtige Kultur.“ Bereits sein Großvater Ernst Geiger begann mit dem Erdbeeranbau und bot die Früchte zum Selbstpflücken an. Später richtete er den Hofladen ein und startete so in die Direktvermarktung. Die Direktvermarktung ist auch heute noch ein wichtiges Standbein für den Betrieb. Die frischen Erdbeeren werden von den Stammkunden freudig erwartet. Vergangene Woche wurde die hessische Erdbeersaison auf dem Hof Geiger offiziell eröffnet.

Traditionell wird bei dem feierlichen Saisonstart auch die neue Erdbeerkönigin gekrönt. Für ein Jahr wird nun Lena I. die hessischen Erdbeeren repräsentieren. Mit den roten Früchten kennt sie sich bestens aus: sie ist die Partnerin von Tino Geiger und hat vor kurzem ihre Ausbildung zur Gärtnerin der Fachrichtung Obstbau ebenso erfolgreich absolviert wie das Gartenbau-Studium in Geisenheim.

Vor drei Jahren haben Arno und Tino Geiger in vier Hochtunnel investiert, um einen Teil der Erdbeeren im geschützten Anbau gedeihen zu lassen. Dadurch können sie mit den Früchten früh am Markt sein. Durch die kalten Temperaturen im April begann die diesjährige Saison rund eine Woche später als in anderen Jahren. Die Erdbeeren haben die kalten Nächte unbeschadet überstanden. Im Tunnel werden die Erdbeeren der Sorte Clery auf einem Foliendamm in Substrat angebaut. Die Tunnel stehen an einem Südhang und bieten ideale Wachstumsbedingungen für die Pflanzen. Sie werden jährlich im Juli als Frigo-Pflanzen gesetzt und haben sich in diesem Jahr üppig entwickelt. „Wir können im Tunnel früher ernten und haben einen guten Witterungsschutz für die Pflanzen und Früchte und auch für unsere Pflücker“, erklärt Tino Geiger. Der geschützte Anbau hat zudem Vorteile bei der Qualität der Früchte. „Wir setzen im Tunnel gezielt Nützlinge zur Kontrolle von Schaderregern ein“, so der 29-Jährige.

Der größte Teil der Erbeeren wird bei Geigers im Freiland kultiviert. Die Ernte beginnt etwa 14 Tage später als im Tunnel. Es werden verschiedene Sorten mit unterschiedlichen Reifezeitpunkten angebaut, um bis in den späten Juli Erdbeeren anbieten zu können. Frühreife Sorten wie Clery, Allegro und Flair finden sich ebenso auf den Feldern wie Sonsation in der Hauptreifezeit und Faith und Malwina als späte Sorten. Im nächsten Jahr möchte Tino Geiger die neue frühe Sorte Glorielle ausprobieren. Die Freilanderdbeeren werden ein bis zwei Jahre genutzt. „Wir kooperieren bei den Pachtflächen für die Erdbeeren mit einem befreundeten Landwirt“, berichtet Geiger. Denn Flächen sind im Rheingau durch den hohen Anteil an Weinbau knapp. Die Selbstpflücke für die Erdbeeren hat Familie Geiger inzwischen eingestellt. Die Nachfrage danach ist zu gering geworden.

Marke Landmarkt eröffnet Vermarktungschancen

Die Erdbeeren vermarkten Geigers über den Hofladen und einen Kiosk in Geisenheim. Der Hofladen ist das ganze Jahr geöffnet. Die Erdbeeren markieren den Start in die neue Ernte, es folgen Himbeeren, Brombeeren, Johannisbeeren und Stachelbeeren sowie Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Pfirsiche und Nektarinen, Aprikosen und Mirabellen. „Seit einigen Jahren probieren wir auch die Kultivierung anderer Obstsorten aus, wie zum Beispiel Tafeltrauben, Wassermelonen und Minikiwis“ erklärt Tino Geiger. Das eigene Produktsortiment wird um Tomaten und Paprika ergänzt, die im Freiland angebaut werden. Dazu kommen noch Buschbohnen, Kürbisse und Grünkohl. Der Grünkohl schließt die Erntesaison auf dem Feld ab. „Er wird sehr gut angenommen“, freut sich Geiger. Im Hofladen werden weitere Produkte aus eigener Herstellung wie zum Beispiel Fruchtaufstriche in vielen verschiedenen Sorten, Saucen, Säfte und Liköre angeboten. Das Sortiment wird um etliche Produkte von Partnerbetrieben ergänzt. Der Kunde kann Gemüse, Kartoffeln, Eier, Wurst, Fleisch, Müsli, Honig, Forellen und im Frühsommer Kräuter und Gemüsejungpflanzen erwerben. „Während der Corona-Pandemie haben wir noch mehr Kunden im Hofladen hinzugewonnen. Viele Verbraucher schätzen die regionalen Produkte“, so der Juniorchef.

Ein Teil der Erdbeeren wird im Hochtunnel als Substratkultur angebaut. Die Vorteile: Die Früchte sind früher reif und vor Witterungseinflüssen geschützt.

Foto: Brammert-Schröder

Landmarkt bietet faire Preise für die Erzeuger

Rund 60 Prozent der erzeugten Früchte wird über den Hofladen vermarktet. „Bis vor zehn Jahren haben wir alles ausschließlich über den Hofladen verkauft“, erklärt Arno Geiger. Inzwischen ist der Absatz über die Marke Landmarkt, einer Initiative der Vereinigung der Hessischen Direktvermarkter e.V. (VHD), hinzugekommen. Geigers sind dort Mitglied und liefern rund 40 Prozent ihrer Erzeugnisse über Landmarkt an verschiedene Rewe- und Edekamärkte in der Region. „Der Verein Landmarkt hat uns Erzeugern sehr geholfen. Wir können über die Marke Landmarkt unsere Produkte zu fairen Preisen verkaufen und mit einer festen Spanne kalkulieren“, freut sich Geiger. „Die Rechte der Obstbauern werden gestärkt.“

Äpfel sind neben den Erdbeeren die wichtigsten Früchte im Betrieb. Auf 5 ha gedeihen im milden Klima des Rheingau 25 verschiedene Sorten. Tino Geiger tut sich schwer, einen echten Favoriten unter den Sorten zu benennen. „Rubinette geht gut“, sagt er. Insgesamt würden die Kunden feste und knackige Sorten bevorzugen wie beispielsweise Wellant, Pilot und Mairac. Sie bauen mit Santana auch eine Allergiker-verträgliche Sorte an. Vor fünf Jahren haben Geigers eine neue Halle gebaut und ihr Lager aufgestockt, sodass sie bis ins Frühjahr hinein die Äpfel unter idealen Bedingungen lagern können.

Ohne eine zuverlässige Wasserversorgung ist der Obstanbau im Rheingau nicht möglich. Diese zwei Becken fassen 2 000 cbm Wasser.

Foto: Brammert-Schröder

Bewässerung über Tropfschläuche

Der Obstanbau im Betrieb Geiger kommt ohne Bewässerung nicht aus. Im Rheingau fallen durchschnittlich im Jahr nur 510 Milliliter Niederschlag – zu wenig für die Erzeugung von Qualitätsobst. Zudem werden die Sommer immer trockener. Schon seit den 60er Jahren wird auf dem Betrieb Wasser aus dem nahegelegenen Blaubach in einem Becken gesammelt. 2007 wurden auf dem Hof zwei große Wasserauffangbecken gebaut, die zusammen 2000 Kubikmeter fassen. „Wir hatten damals die Beckengröße so geplant, dass wir im Sommer vier Wochen Trockenheit überbrücken können. Heute ist der Bedarf in den trockenen Sommern noch größer“, sagt Geiger. Das Wasser wird aus den Becken in ein unterirdisches Leitungssystem gepumpt und über die Tropfleitungen zu den Bäumen und Beerenkulturen gebracht. Dadurch werden die Kulturen gezielt mit kleinen Wassermengen versorgt. Die Nährstoffe werden ebenfalls über die Tröpfchenbewässerung verabreicht. Mit verschiedenen Maßnahmen wie dem Freihalten der Baumreihen von Bewuchs und einer Kompostauflage versuchen Geigers, den Wasserbedarf und die Verdunstung so gering wie möglich zu halten.

Mit Folientunneln in die Zukunft investiert

Familie Geiger aus Geisenheim im Rheingau setzt seit fast 90 Jahren auf den Anbau von Obst. Erdbeeren gehören neben Äpfeln seit den 70er Jahren zu den wichtigsten Kulturen im Betrieb. Mit den vier Hochtunneln hat der Betrieb in die Zukunft investiert, denn die frühen Früchte mit guten Qualitäten werden von den Kunden honoriert. Nach und nach sind andere Obst- und Gemüsekulturen im eigenen Anbau dazugekommen, um den Kunden ein möglichst breites Sortiment zu bieten. Grünkohl zum Beispiel wird sehr gut angenommen. Die Früchte werden über den Hofladen und über die Marke Landmarkt in Rewe- und Edekamärkten der Region verkauft. Das zeigt, dass die Zusammenarbeit mit dem Lebensmitteleinzelhandel funktionieren kann – wenn die Bedingungen für die Erzeuger fair sind und beide Parteien etwas davon haben.

ibs – LW 20/2021