Image des rheinhessischen Weins heben
Stenners Kunden werden immer wieder überrascht
Gastronomie in Maßen und Marketing – das sind ihre Steckenpferde. Deshalb kümmert sich Heike Stenner auch vorrangig um diese Bereiche auf ihrem landwirtschaftlichen Betrieb in Mainz-Hechtsheim. Ehemann Bernhard ist für Landwirtschaft und Weinbau zuständig. Ihre neueste Errungenschaft ist ein Eventkoch in ihrer Straußwirtschaft.
Foto: Dagmar Hofnagel
Gruß aus der Küche
Hans-Peter Berger lässt sich aber auch immer etwas Neues einfallen. „Wir wollen unsere Gäste an fast jedem Wochenende mit einer kleinen Neuigkeit überraschen. Es soll keine Langeweile aufkommen, und die Kunden sollen neugierig sein, um mal wieder hereinzuschauen“, verrät die Mutter von zwei Kindern ihre Devise. Ãœberrascht wird jeder Gast bei jedem Besuch zunächst mit einem kostenlosen Gruß aus der Küche – einem sogenannten Appetithappen. Das kann mal die Kostprobe eines neu kreierten Nudelsalates sein oder frisches Obst mit einem Schokoladenguss oder, oder. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Mit diesem Gruß will der Koch Interesse für Neues wecken. Und dann gibt es die Themenwochenenden. Unter dem Logo „Wein trifft…“ bieten die Stenners passend zur Jahreszeit ihren Wein mit saisonalen Gerichten an. Das fängt im Frühjahr mit „Wein trifft Erdbeere“ und „Wein trifft Spargel“ an und endet im Herbst mit „Wein trifft Gans“ und „Wein trifft Wild“. Dieses Programm ist eine Aktion der Arbeitsgemeinschaft Straußwirtschaften und Gutsschänken in Rheinhessen, an der sich mehrere rheinhessische Winzer beteiligen. Vor fünf Jahren hat sich diese Gruppe gebildet und ist mittlerweile von zehn auf 25 Mitglieder gewachsen.
Gemeinsame Werbung für rheinhessischen Wein
Die Idee ist dabei, gemeinsam Werbung für den rheinhessischen Wein zu machen. Dazu gehören Anzeigen in den regionalen Zeitungen, die Produktion von Flyern und auch der sogenannte Straußwirtschaftspass. Hier können sich die Gäste ihren Besuch bei den beteiligten Winzerhöfen abstempeln lassen. Beim fünften Besuch gibt es eine Flasche Wein gratis. „Rheinhessen ist touristisch noch nicht sehr erschlossen. Da gibt es noch Nachholbedarf“, gesteht die gebürtige Nordhessin.
Bei den Stenners zaubert der Eventkoch zur Erdbeerzeit beispielsweise Marktsalat mit frischen Erdbeeren oder gebratenes Hähnchenbrustfilet, gefüllt mit Erdbeer-Frischkäse-Creme oder auch Lammkoteletts mit gebratenen gepfefferten Erdbeeren an einer Kirsch-Holunder-Creme. Sonntags und Feiertags ist darüber hinaus der frische Blechkuchen obligatorisch – in der Erdbeerzeit natürlich mit den leckeren roten Früchtchen. Neben Erdbeere bis Gans gibt es in anderen Winzerhöfen auch Aktionen mit Wein, Käse und Brot, Fisch, Kartoffel oder Kürbis. Die Stenners bieten gemeinsam mit ihrem Eventkoch zusätzlich die Möglichkeit, feste Menüs mit dem Hechtsheimer Wein für Gesellschaften zu buchen.
Frühstück auf dem Markt
Ãœberhaupt versuchen die engagierten Winzer am Image des rheinhessischen Weins gemeinsam mit Berufskollegen zu arbeiten. „Wir wollen versuchen, aus dem Schatten der rheingauer Weine zu treten“, erklärt Bernhard Stenner seine Aktivitäten. So ist er sowohl im Winzerverein Mainz-Hechtsheim als auch bei den Mainzer Winzern organisiert. Im Hechtsheimer Winzerverein arbeitet er im Vorstand mit. „Wir müssen uns mit unseren Qualitäten schließlich nicht verstecken. Sie sind in den vergangenen Jahren immer besser geworden“, erklärt der AgrarÂingenieur stolz. „Und wir haben viele junge aktive Winzer, die sehr kreativ sind.“Mainz: Weinhauptstadt Deutschlands
Am sogenannten „Marktfrühstück“ auf dem Mainzer Wochenmarkt sind die Stenners auch präsent. Hier bieten Winzer aus den Mainzer Stadtteilen samstagvormittags auf dem Markt in der Innenstadt hinter dem Gutenbergmuseum ihre Produkte an. Nach der Ernennung von Mainz zur Weinhauptstadt Deutschlands seitens der Mitgliederversammlung von „Great Wine Capitals“ – einem internationalen Weinnetzwerk – hat der rheinhessische Wein bereits einen Schub an Anerkennung bekommen. Seit 2008 trägt die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt gemeinsam mit den Winzern in der unmittelbaren Umgebung diesen Titel. Andere Weinhauptstädte sind Florenz, Porto, Kapstadt oder San Francisco. Nur ein Mitglied pro Land ist zugelassen.
Rebstock pachten
Eine andere Art, Kunden an den Betrieb zu binden, ist die Rebstockpacht. „Diese Idee hat eine Freundin bei einem anderen Winzer entdeckt, und wir haben sie übernommen“, erzählt Heike Stenner. Der „Pächter“ bekommt einen Gutschein über eine Rebstockpacht für die Dauer von fünf Jahren. Bei der Weinlese seines Rebstockes darf er dabei sein und bekommt ein oder zwei Flachen Wein pro Jahr geschenkt. Der Betrag der Pacht richtet sich nach dem Wein. Für einen Dornfelder beispielsweise sind vier Euro pro Jahr zu bezahlen. „In diesem Jahr habe ich drei Anfragen für solch einen Gutschein“, erzählt die engagierte Quereinsteigerin. Nach ihrem Theologiestudium hat sie Sozialarbeit studiert und auch einige Jahre in ihrem Beruf gearbeitet. Nach dem ersten Kind, ihrer Tochter Malenka, ist sie dann zu Hause geblieben. „Die Ausbildung kommt mir bei der Arbeit mit den Gästen aber zugute“, sagt sie dankbar.
Malenka weiß, was sie will
Ãœber die Zukunft des Betriebes müssen sich die Stenners auch keine Gedanken machen. Die 17-jährige Tochter ist schon voll in den Betrieb integriert und hat zur positiven Ãœberraschung ihrer Eltern bereits die Nachfolge angekündigt. Dabei hat sie ihre festen Vorstellungen: Nach dem Abi im übernächsten Jahr will sie erst einmal ein Jahr vielleicht nach Südafrika für ein Praktikum auf einen dortigen Weinbaubetrieb gehen und danach in Geisenheim WeinÂwirtschaft studieren. „Das Ackerland gebe ich dann ab und konzentriere mich voll auf den Wein“, weiß sie schon heute. „Seit sie zwölf ist, geht sie mir in der Straußwirtschaft zur Hand“, weiß ihre Mutter zu berichten. Und jetzt ist sie voll in den Service integriert. Auch sie mag das Gespräch mit den Kunden und praktiziert es professionell. „Manchmal muss ich aufpassen, dass sie mir nicht die Rolle der Chefin abspenstig macht“, schmunÂzelt die stolze Mutter. Unterstützt werden die beiden von Aushilfskräften im Service und in der Küche. Aber auch der zwölfjährige Niklas wehrt sich nicht, wenn ihn seine Mutter um Hilfe bittet – und sei es, um die MinÂze aus Omas Garten zu holen.
Die Gäste kommen in der Regel aus der unmittelbaren UmgeÂbung nach Hechtsheim. „Häufig sind sie noch aus dem Einzugsgebiet der öffentlichen Verkehrsmittel“, weiß Heike Stenner. Wenige kommen mit dem Auto. 80 ProÂÂzent des Weins werden ab Hof verÂkauft.
Getreide integriert anbauen
Bereits die Eltern von Bernhard Stenner betrieben Weinbau neben der Landwirtschaft. Der Wein verließ allerdings vorwiegend im Fass den Hof. Den reinen Flaschenweinverkauf hat der Sohn vorangetrieben. Auch den Anbau von Rotwein, zum Beispiel den Cabernet Sauvignon hat der Agraringenieur in den Betrieb eingeführt und sich somit den Kundenwünschen gestellt. Ebenso fanden der Graue Burgunder oder auch andere Rebsorten in den vergangenen Jahren Einzug in die Weinberge, die zur damaligen Zeit nicht unbedingt üblich waren.
Auch zukünftig kann sich die engagierte Familie ihr Arbeitsfeld im bisherigen Rahmen vorstellen. Neue Impulse sind dabei immer willkommen. SpäÂÂtesÂÂtens mit dem Einstieg der Tochter in den Betrieb könnte sich da noch etwas tun. Dagmar Hofnagel
Betriebsspiegel
Weingut Stenner, Grauelstraße 11, 55129 Mainz- Hechtsheim
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